Handball-Bundsliga SG Flensburg-Handewitt bläst wieder zum Angriff auf den Titel

Stand: 24.08.2021 17:27 Uhr

Zwei Wochen vor dem Saisonauftakt in der Handball-Bundesliga ist die SG Flensburg-Handewitt in die heiße Vorbereitungsphase gestartet. Am Dienstag begrüßte Trainer Maik Machulla erstmals den kompletten Kader des Vizemeisters beim Training. Meisterschaft, Pokal und Champions League: Die SG will überall vorne mitspielen.

Von Jan Kirschner

Eine Mischung aus Rock und Pop trällert aus dem Lautsprecher. Die Übungseinheit der SG Flensburg-Handewitt neigt sich dem Ende entgegen. Die Handballprofis formieren sich im Zentrum ihrer Trainingshalle zu einem lockeren Kreis. Dehnen, strecken - eine Szenerie der Entspannung. Man könnte sie aber auch als die Ruhe vor dem Sturm interpretieren. Nach dem Fotofinish der vergangenen Saison und der knapp verpassten vierten deutschen Meisterschaft blasen die Flensburger wieder zum Angriff.

"Wir werden uns nicht hinter irgendwelchen Aussagen verstecken. Es ist unser Anspruch, um die Titel mitzuspielen. Unsere Mannschaft wird uns viele Freude bringen."
— SG-Geschäftsführer Dierk Schmäschke

Trainer Maik Machulla lässt bei der Frage nach dem Meisterschaftsfavoriten allerdings keinen Zweifel aufkommen: "Jede Mannschaft, die ganz oben dabei sein will, muss am THW Kiel vorbei." Seinen Kader sieht er gut vorbereitet für eine Saison mit viel "Belastung, Kampf, aber auch Emotionalität". "Ich hoffe einfach, dass die Spieler auch mental bereit sind, wieder mit Lust in die Hallen zu gehen und den besten Handball zu zeigen, den wir können", so Machulla.

"In allen Wettbewerben unsere bestmögliche Leistung zeigen"

Für Dierk Schmäschke sollte dabei bitte auch Zählbares herausspringen. "In allen Wettbewerben werden wir unsere bestmögliche Leistung zeigen und unseren eigenen Erwartungen gerecht werden", sagt der SG-Geschäftsführer. "Dazu gehört sicherlich, dass wir sowohl das Final Four in Köln als auch in Hamburg erreichen wollen."

Etat von rund 7,5 Millionen Euro

Das wirtschaftliche Fundament scheint gelegt. Die Nordlichter gehen mit einem Etat von rund 7,5 Millionen Euro in die am 8. September mit der Auswärtspartie in Minden beginnende Spielzeit - mit Gehaltsstrukturen wie vor der Pandemie. Die vergangenen anderthalb "Corona-Jahre" scheint die SG relativ gut überstanden zu haben. Die fast völlig weggebrochenen Einnahmen aus dem Ticket-Verkauf kompensierten die Schleswig-Holsteiner dank eines Entgegenkommens ihrer Profis, einer stabilen Sponsoren-Landschaft und einer Corona-Hilfe von 800.000 Euro. Jetzt hofft man an der deutsch-dänischen Grenze wieder auf eine gut gefüllte "Hölle Nord".

Generalprobe gegen Ribe-Esbjerg mit 2.300 Zuschauern

Zur "Generalprobe" am 3. September gegen den dänischen Erstligisten Ribe-Esbjerg sollen - wie bei einem Modellprojekt im Juni - 2.300 Zuschauer zugelassen werden. Zur Bundesliga-Heimpremiere am 11. September gegen Erlangen werden es wohl mehr. "Genaueres wissen wir Ende der Woche", sagt SG-Geschäftsführer Dierk Schmäschke. "Wir tendieren zu 3G." Was bedeutet, dass nur geimpfte, genesene und getestete Fans in die Halle dürfen.

Sonderurlaub für die zehn Olympia-Fahrer

Der Kader ist erst seit Montag wieder komplett. Die zehn Olympia-Teilnehmer der SG - kein Bundesligist hatte mehr - erhielten knapp zwei Wochen Sonderurlaub. "Wir haben spät angefangen, aber die freie Zeit war für die Spieler wichtig. Sie haben zuvor beinahe 15 Monate durchgespielt", sagt Machulla. "An Regeneration ist trotzdem kaum zu denken."

"Es ist ein Wahnsinn, was wir unseren Spielern zumuten müssen."
— Trainer Maik Machulla

"Zum Glück", so der SG-Coach, "konnten wir im Training direkt mit Handball anfangen, der Kern der Mannschaft kennt sich ja bestens." Vier Neuzugänge müssen integriert werden. Sie werden vorerst wohl eher weniger der ersten Sieben angehören. Auf Anhieb am meisten versprechen sich die Verantwortlichen von Kevin Möller, der nach drei Spielzeiten beim FC Barcelona gereift zur SG zurückgekehrt ist und zukünftig mit Benjamin Buric ein starkes Torhüter-Gespann bilden soll.

"Ich habe ein gutes Gefühl", so Möller. "Wir beide freuen uns auch für den anderen, wenn der stark hält - und wir werden uns gegenseitig unterstützen." Für weiteren Input installierten die Nordlichter mit dem Dänen Michael Bruun einen neuen Torwart-Trainer, der auch in die Vorbereitung und Video-Analyse eingebunden werden soll.

"Er hat einen unglaublichen Wurf" - Machulla über Mensing

Der Schwede Anton Lindskog ist als dritter Abwehrspieler im 6:0-System eingeplant und soll vor allem den viel geforderten Kreisläufer Johannes Golla entlasten. Auf Linksaußen soll hinter Hampus Wanne der junge Däne Emil Jakobsen aufgebaut werden. Als sich abzeichnete, dass Rückraumspieler Lasse Möller langfristig ausfallen würde, verpflichtete die SG mit Aaron Mensing einen Ersatzmann, der in der dänischen Liga als Torjäger glänzte. "Er hat einen unglaublichen Wurf", schwärmt Machulla. Der Coach denkt daran, den 23-jährigen Deutsch-Dänen auch als Spitze einer 5:1-Deckung, der Flensburger Abwehr-Alternative, einzusetzen.

Bei Sögard ist Geduld gefragt

Dort stand in der letzten Saison zumeist Göran Sögard. Der Norweger laboriert an hartnäckigen Adduktoren-Problemen. "Bei handballspezifischen Bewegungen schießt der Schmerz wie ein Messerstich hinein", erklärt Machulla. "Das kann man nicht operieren, es geht nur mit Zeit und Geduld." Auch Franz Semper wird den Saisonstart wohl verpassen, der nach einem Kreuzbandriss behutsam an das alte Leistungsniveau herangeführt werden soll.

So dürften zunächst die beiden Nachwuchskräfte Oscar von Oettingen und Mikael Helmersson in den Profi-Kader aufrücken. Definitiv eingeplant ist das junge Duo für das viertägige Trainingslager im dänischen Juelsminde, in das die SG am Sonntag aufbricht.

Dieses Thema im Programm:
Sport aktuell | 24.08.2021 | 14:25 Uhr