Deutschlands Kai Havertz (r.) im Zweikampf mit Englands John Stone

Schwächen in der DFB-Abwehr Musiala und Havertz machen den Unterschied - die Einzelkritik

Stand: 26.09.2022 22:55 Uhr

Gerade die deutschen Abwehrspieler offenbarten in der Nations-League-Partie gegen England ernste Schwächen über 90 Minuten. Im zweiten Abschnitt drehten aber zwei deutsche Offensive derart auf, dass es zumindest zu einem Remis reichte.

Von Olaf Jansen

Marc-André ter Stegen: Auf der Torhüterposition ist das deutsche Team nach wie vor glänzend besetzt. Neuer-Ersatz ter Stegen unterstrich diese These wieder einmal mit einer blitzsauberen Partie. Souverän im Pass-Spiel und reaktionsschnell, wenn's drauf ankam. Glänzend in der 25. Minute, als er im Eins-gegen-eins gegen Sterling Sieger blieb. Bei den Gegentoren schuldlos.

Thilo Kehrer: Mit viel Respekt vor seinem direkten Gegenspieler Sterling zu Beginn. Viele Sicherheitsbälle deswegen. Wurde immer stark, wenn er sich von seiner Außenverteidiger-Position ins Angriffsspiel einschaltete. Ein bisschen peinlich allerdings sein Versuch, Mitte der ersten Hälfte gegen den zupfenden Sterling zu fallen und einen Elfmeter herausholen zu wollen.

Niklas Süle: Stark im Aufbauspiel, gut im Zweikampf. Mit Problemen allerdings in den Laufduellen gegen die englischen Angreifer. Und weil diese im ersten Abschnitt durch das statische deutsche Offensivspiel immer wieder Kontermöglichkeiten bekamen, war Süle genau in dieser Disziplin oft gefordert. Und immer wieder überfordert.

Nico Schlotterbeck: Im Prinzip die Blaupause zu Süle. Noch etwas mutiger, was das Einschalten ins Offensivspiel betrifft. Aber mit ähnlichen Problemen wie Süle beim Konterspiel der Briten. In der zweiten Hälfte nach der 2:0-Führung angesichts des englischen Powerfußballs den Überblick verlierend. Zu langsam vor dem Elfmeter zum 2:3.

David Raum: Die Qualität seiner Flanken ist bei den Gegnern mittlerweile bekannt. Entsprechend wird Raum genauestens markiert, wenn er sich nach vorn orientiert. Das macht ihm Probleme, denn die technischen Fähigkeiten, sich außen mal im Eins-gegen-eins durchzusetzen - die hat er nicht. So musste er oft aus dem Halbfeld flanken. Und das blieb eher ungefährlich. Nach 68 Minuten ausgewechselt.

Joshua Kimmich: Der Bayern-Stabilisator würde gern seine ganz ausgesuchten Stärken im Defensivverhalten ausspielen. Das ging gegen England kaum, weil sich der Gegner tief hinten verbarrikadierte und Kimmich bei den schnellen Kontern einfach mit langen Bällen überspielte. Offensiv fiel Kimmich einfach zu wenig ein, um die Engländer zu überraschen. Und beim späten Schlagabtausch fehlten seine Stabilität und Ballkontrolle.

Einsatz ja, Form nein: Joshua Kimmich gegen England

Ilkay Gündogan: Neben Kimmich der Chef im deutschen Mittelfeld. Weit phantasievoller und mutiger im Passspiel als sein Nebenmann. Aber auch Gündogan verstand es nicht, die deutschen Spitzen in Position zu spielen. Weil er es immer wieder durchs Zentrum probierte - und da war lange alles zugestellt. Wie die Kollegen nach der 2:0-Führung ohne den nötigen Überblick.

Jonas Hofmann: Auch der Gladbacher blieb auf seiner offensiven Position auf der rechten Bahn weit weniger wirkungsvoll als erhofft. Trieb immer mal wieder den Ball nach vorn - in der Nähe des gegnerischen Strafraums gingen ihm dann die Ideen aus. Auch seine Ballverluste wurden dann gern zum englischen Konterspiel genutzt. Wurde zur Halbzeit ausgewechselt.

Jamal Musiala: Starker Beginn des Youngsters, der sich in der ersten Viertelstunde agil und spielfreudig zeigte. Seine Soli hatten immer wieder das Potenzial, die englische Abwehrmauer ins Bröckeln zu bringen. So auch vor dem deutschen 1:0, als Maguire im Strafraum die Beine Musialas traf.

Jamal Musiala im Nations-League-Spiel gegen England

Leroy Sané: Erneut ein ziemlich verkorkstes Länderspiel des Bayern-Angreifers. Fand keine Räume für seine schnellen Läufe, hatte zunehmend Ballverluste, die den Engländern die Tickets für ihre Konter ausstellten. Und nach seinen Ballverlusten ist die uninspirierte Körpersprache nun einmal Sanes größtes Problem. Auch an diesem Abend. Nach 68 Minuten raus.

Kai Havertz: Bemüht, beweglich, sehr agil in der vordersten Sturmposition. Ein guter Auftritt des England-Legionärs, der allerdings lange überhaupt keinen Raum für sein Spiel finden konnte. Das wurde im zweiten Abschnitt besser. Havertz blieb sehr auffällig. Und erzielte ein Traumtor zum 2:0, ehe er sogar noch zum 3:3 abstaubte.

Timo Werner (ab der 46. für Hofmann): Erst beängstigend schwach im Abschluss, als er in der 50. Minute frei vor dem englischen Keeper fahrig den Ball verstolperte und wenig später freistehend am langen Eck vorbeizielte. Dann aber - mit mehr Raum nach der deutschen Führung - mit starker Vorbereitung zu Havertz' 2:0.

Robin Gosens (ab der 68. für Raum): Ging erstmal mit den Kollegen nach dem 2:0 unter, stabilisierte sich in den Schlussminuten.

Serge Gnabry (ab 68. für Sané): Der nächste unglückliche Auftritt des Bayern-Stürmers. Viel zu zögerlich gegen Saka vor dem englischen 2:2 - nach vorn wirkungslos. Lichtblick: sein Fernschuss vor dem 3:3.

Thomas Müller (ab 79. für Musiala): Hatte kaum Szenen, nicht zu bewerten.