Frauen-WM 2023 | Qualifikation Frauenfußball - die große Kluft beim Asien-Cup

Stand: 28.01.2022 18:56 Uhr

In Indien läuft gerade der AFC Women’s Asian Cup, bei dem zahlreiche Startplätze für die Frauen-WM 2023 in Australien und Neuseeland ausgespielt werden. Einmal mehr zeigen sich krasse Leistungsunterschiede.

Am Freitag (28.01.2022) hat Martina Voss-Tecklenburg im Breisgau mit ihrem Trainerteam der Frauen-Nationalmannschaft einen Workshop abgehalten.

Es ging um wichtige Zukunftsthemen, die die Bundestrainerin besprochen haben wollte, schließlich bestreiten die DFB-Frauen zwischen dem 17. und 23. Februar beim Arnold-Clark-Cup in England ein hochkarätiges Einladungsturnier mit Partien gegen Spanien, Kanada und EM-Gastgeber England. Erwartet werden volle Stadien und hochkarätige Partien.

Beim Asien-Cup werden reichlich WM-Startplätze vergeben

Das ist der der krasse Gegensatz zu einem Turnier, bei dem derzeit gerade die Qualifikationsplätze für die nächste Frauen-WM 2023 in Australien und Neuseeland ausgespielt werden - und das selbst für Voss-Tecklenburg eher unter dem Radar läuft und auch nicht von einer DFB-Trainerin vor Ort beobachtet wird: den AFC Women’s Asian Cup in Indien.

Dort ist die Gruppenphase mit anfangs noch zwölf Teams abgeschlossen, am Sonntag (30.01.2022) stehen die Viertelfinale an. Dort kommt es zu folgenden Paarungen: Australien gegen Südkorea, Japan gegen Thailand, China gegen Vietnam, Taiwan gegen die Philippinen.

Das Besondere dabei: Alle Viertelfinalisten haben - trotz teilweise krasser Leistungsunterschiede - große Chancen, bei der WM mitzuspielen. Die der asiatischen Konföderation AFC angehörigen Australierinnen sind als WM-Gastgeber ohnehin gesetzt, dazu hat Asien fünf feste und zwei weitere Playoff-Plätze, die bei diesem Turnier vergeben werden. Selbst die Viertelfinal-Verlierer kämpfen also noch um zwei sichere Startplätze im Sommer 2023.

Außenseiter wie die Philippinen hoffen

Für Außenseiter wie die Philippinen ist das ein riesiger Anreiz. "Wir haben zum ersten Mal in der Geschichte zwei Spiele im Asien-Cup gewonnen. Jedes Mal, wenn wir etwas Neues machen und ein bisschen Geschichte schreiben, ist das fantastisch für das Team und das Land", freute sich ihr Trainer, der Australier Alen Stajcic, und blickte auf das Viertelfinale gegen Taiwan: "Ich weiß, dass sie in den 80er Jahren und in den Anfängen des internationalen Frauenfußballs eine Supermacht waren."

Beobachter kommen um den Eindruck nicht umhin: Das Niveau der asiatischen Teams ist sehr unterschiedlich. Klar, Japan und China, die seit Jahrzehnten die professionelle Förderung des Frauen- und Mädchenfußballs betreiben und entsprechende Strukturen besitzen, können mit den USA oder Kanada und den Topnationen Europas immer mithalten, aber der Rest kaum.

Dem iranischen Team wird das erste Erfolgserlebnis aberkannt

Zudem ist die Stimmung in den indischen Spielorten bescheiden, berichten akkreditierte Personen. Die Corona-Pandemie beeinflusst auch dieses Ereignis. Ausgerechnet Gastgeber Indien musste nach einem Corona-Ausbruch seine Mannschaft nach einem Spiel zurückziehen.

Bitter war das auch für den Iran, dessen Frauen-Nationalmannschaft zwei Jahre gänzlich von der Bildfläche verschwunden war, dann nach einem Neuaufbau unter der Aktivistin und Nationaltrainerin Maryam Irandoost sensationell die Vorqualifikation in Usbekistan überstand – und beim Asien-Cup mit einem zäh verteidigten 0:0 eben gegen Indien startete. Auch wenn die iranischen Medien allein auf die Männer fixiert sind, die sich gerade für die WM in Katar qualifiziert haben, war das für die Frauen ein riesiger Erfolg.

Doch dieser Punkt wurde am grünen Tisch nach dem indischen Rückzug wieder getilgt, anschließend zahlten die tapferen Spielerinnen aus dem Iran sowohl gegen China (0:7) als auch Taiwan (0:4) kräftig Lehrgeld. Das bedeutete die vorzeitige Heimreise. Vietnam rettete sich trotz nur einem Punkt und 2:8 Toren noch ins Viertelfinale, wo aber jetzt die Begegnung gegen China zur Lehrstunde werden dürfte.

Australien wähnt sich bereits auf einer Mission

Einmal mehr geht ungeachtet aller globalen Anstrengungen zur Förderung des Frauenfußballs eine große Kluft auf: Australien hat beispielsweise in den Gruppenspielen erst Indonesien mit 18:0 abgefertigt, dann die Philippinen 4:0 düpiert, ehe sich die "Matildas" beim 2:1 gegen Thailand ein bisschen schwerer taten.

Headcoach Tony Gustavsson spricht davon, dass sich das gesamte Team auf das Großereignis in knapp anderthalb Jahren im eigenen Land eingeschworen habe. "Die Spielerinnen waren wirklich verärgert, dass wir dieses Tor kassiert haben", verriet der Schwede. "Das sagt viel über die Mission aus, auf der sich diese Spielerinnen jetzt befinden. Ich freue mich über diese Einstellung." Sein Ensemble um die Toptorjägerin Sam Kerr vom FC Chelsea ist einer der Favoriten auf den Sieg beim Asien-Cup.

Thailand hat unliebsame Erinnerungen an die WM 2019

Dasselbe gilt für die technisch versierten Japanerinnen, die sich nach Siegen gegen Myanmar (5:0) und Vietnam (3:0) zuletzt gegen Südkorea (1:1) zwar nicht mit Ruhm bekleckerten, aber das erste K.o.-Duell gegen Thailand locker gewinnen sollten. "Wir haben unser Minimalziel erreicht, das Viertelfinale zu erreichen, und darüber bin ich glücklich", sagte Thailands Trainerin, die Japanerin Miyo Okamoto.

Nur zur Erinnerung: Die thailändischen Fußballerinnen lösten die stets bei Frauen-Weltmeisterschaften wiederkehrenden Debatten um die Kräfteverhältnisse aus, nachdem sie 2019 im französischen Reims gegen den späteren Weltmeister USA gleich mit 0:13 unter die Räder kamen. Megan Rapinoe und Co. überrannten damals bei ihrem ersten Auftritt den Gegner von der ersten bis zur letzten Minute.

Die Kontingente für die Konföderationen sind diskutabel

Solch einseitige Spiele will eigentlich niemand mehr sehen, doch genau das droht beim nächsten Turnier in einem Jahr in Ozeanien vermehrt, wenn auf ausdrücklichen Wunsch von FIFA-Präsident Gianni Infantino erstmals 32 (statt bisher 24) Teams teilnehmen. Und bei den Qualifikationsplätzen wurde ausdrücklich darauf geachtet, vor allem den leistungsschwächeren Konföderationen großzügige Kontingente zu gewähren. Neben Asien profitieren auch Afrika (4 feste Teilnehmer + 2 Playoffplätze) oder Nord- Mittelamerika und die Karibik (4 +2) insbesondere von der Aufstockung.

Aus Europa (11 +1) kommen im Grunde nur die Sieger der Qualifikationsgruppen wirklich sicher zur WM, wobei Deutschland mit sechs Siegen aus sechs WM-Qualifikationsspielen voll auf Kurs liegt. Doch für Österreich oder Italien, wo der Frauenfußball eigentlich große Fortschritte gemacht hat, wird es ganz eng.

Es lässt sich vortrefflich streiten, ob die FIFA nicht gerade Europa einige Plätze hätte mehr geben müssen, wo die Leistungssprünge gerade am größten sind. Oder ob lieber beim Frauen- und Mädchenfußball noch in der Entwicklung befindliche Länder mit einer WM-Teilnahme eine große Motivationsspritze erhalten, noch mehr zu investieren. Dass es noch reichlich zu tun gibt, führt der AFC Asian Women’s Cup gerade allen wieder vor Augen, die einen Blick dort hinwerfen.