Die schweizer Nationalspieler Xherdan Shaqiri (l.) und Remo Freuler jubeln nach einem Treffer

FIFA WM 2022 - Teamcheck Schweiz - Endlich reif für den großen Wurf?

Stand: 10.11.2022 18:23 Uhr

Bereits bei früheren WM-Turnieren schien die Schweiz bereit, groß aufzutrumpfen. Häufig war dann aber im Achtelfinale Schluss. Bei der WM 2022 könnte es für die "Nati" besser laufen.

Von Sophie Salmen

Der Trainer

Auf der Cheftrainer-Position hat es im August 2021 einen Wechsel gegeben: Vladimir Petkovic, der die Nationalmannschaft bei den vergangenen drei Turnieren trainiert und 2021 sogar bis ins EM-Viertelfinale geführt hatte, gab seinen Posten trotz laufenden Vertrags auf. Für ihn übernahm Murat Yakin, früherer Bundesliga-Profi und einstiger Nationalspieler.

Die "Nati" sei für ihn schon als Spieler eine Herzensangelegenheit gewesen, sagte er über die neue Aufgabe. Nach seiner Amtsübernahme als Nationaltrainer folgte eine Serie von sieben ungeschlagenen Partien, wodurch Yakin die Schweiz – unter anderem vor Europameister Italien – als Gruppenersten der Qualifikationsgruppe C zur WM führte.

Der schweizer Nationalcoach Murat Yakin

Der schweizer Nationalcoach Murat Yakin

Der Star

Internationaler Star und absolute Führungspersönlichkeit ist Granit Xhaka vom FC Arsenal. Der Kapitän der Schweiz konnte in der WM-Qualifikation nur in den ersten beiden Partien auflaufen, danach fehlte er wegen einer Corona-Infektion und einer Innenbandverletzung. In dieser Saison läuft es aber hervorragend für den 30-Jährigen: Mit seinen Leistungen hat er erheblichen Anteil an der Erfolgswelle, auf der Arsenal im ersten Saisondrittel in der Premier League reitet.

Dadurch hat sich Xhakas Standing grundlegend gewandelt. In den vergangenen Jahren war er für die Arsenal-Fans häufig der Sündenbock, wenn es nicht lief. Xhaka stand kurz vor einem Wechsel, "Gunners"-Coach Mikel Arteta überzeugte ihn aber vom Verbleib im Norden Londons. Und der Schweizer zahlt das Vertrauen auch mit Torbeteiligungen zurück (sieben Scorerpunkte in den ersten 19 Pflichtspielen). In Arsenals Startelf ist er gesetzt - und auch in der Nationalelf wird auf den Leitwolf in seiner derzeitigen Form eine entscheidende Rolle im defensiven Mittelfeld zukommen.

"Players To Watch"

Ein Leistungsträger in der Schweizer Nationalmannschaft ist Xherdan Shaqiri. Der 30-Jährige, der mittlerweile für Chicago Fire in der Major League Soccer (MLS) spielt, zieht auf der Zehner-Position im Mittelfeld der Eidgenossen die Fäden. Ohne ihn und seine Kreativität wird es nicht gehen. In der Qualifikation war er mit fünf vorbereiteten Treffern in sechs Spielen der Top-Vorbereiter der Schweiz. Darüber hinaus ist er ein Mann der Rekorde: Insgesamt 18 Spiele machte Shaqiri bei EM- und WM-Turnieren, dabei traf er acht Mal – alleiniger Schweiz-Rekord.

Neben Shaqiri gibt es noch eine Reihe weiterer Spieler, die besonders den Fans der Bundesliga bekannt sein dürften: Der Gladbacher Yann Sommer im Tor und sein ehemaliger Teamkollege Breel Embolo im Sturm, dazu der Ex-Dortmunder Manuel Akanji und der Mainzer Silvan Widmer könnten in der Schweizer Startelf auftauchen. Sommer ist aber aktuell verletzt - ob er rechtzeitig fit wird, ist noch nicht sicher. Gregor Kobel könnte ihn womöglich ersetzen.

Soll der "Nati" bei der WM den Rücken freihalten: Keeper Yann Sommer

Soll der "Nati" bei der WM den Rücken freihalten: Keeper Yann Sommer

Interessant dürfte die Entwicklung von Shootingstar Noah Okafor werden: Der 22-Jährige hat für RB Salzburg in der aktuellen Champions-League-Saison bereits gegen die Top-Klubs AC Mailand und FC Chelsea getroffen. Okafor gilt als größtes Schweizer Talent, das seinem Sturmkollegen Embolo einen Einsatz in der Startelf streitig machen könnte. 

Besonderes

Für die Schweiz ist es 2022 in Katar die fünfte WM-Teilnahme in Folge. Der größte Erfolg des Landes ist jedoch bereits fast 100 Jahre her: 1924 gewannen die Eidgenossen beim olympischen Fußballturnier die Silbermedaille. Immerhin gelang bei der EM 2021 der Einzug ins Viertelfinale. Der Sieg im Achtelfinale über Weltmeister Frankreich war der erste Erfolg in einem K.o.-Spiel bei einer WM oder EM seit 1938!

Darüber hinaus kann die Schweiz zwei besondere WM-Rekorde für sich verbuchen: Bis zur 0:1-Niederlage gegen Chile bei der WM 2010 war die Nati 558 WM-Minuten ohne Gegentor geblieben. Diese Bestmarke ist bis heute gültig. Außerdem waren die Schweizer am torreichsten Spiel der WM-Historie beteiligt: 1954 verloren sie im Viertelfinale, der sogenannten Hitzeschlacht von Lausanne (es herrschten bis zu 40 Grad im Schatten), 5:7 gegen Österreich.

WM-Chancen

Bei der WM 2022 warten in der Gruppe G Kamerun, Serbien und Brasilien auf die Schweiz. Mit den beiden letzten Gegnern hatten es die Eidgenossen bereits bei der WM 2018 zu tun. Damals machten sie gegen Brasilien aus einem 0:1-Rückstand noch ein 1:1, gegen Serbien gab es einen 2:1-Sieg. Die Schweiz zog als Gruppenzweiter ins Achtelfinale ein, dort war dann aber Endstation.

In diesem Jahr könnte der nächste Schritt gemacht werden. Der Kader ist gut besetzt, in den vergangenen zwei Nations-League-Spielen holte die Schweiz zwei Siege, unter anderem gegen Spanien. Wenn diese Form ins WM-Turnier mitgenommen werden kann, ist der Schweiz der Einzug ins Viertelfinale zuzutrauen.

Der Kader

Tor: Gregor Kobel (Borussia Dortmund), Philipp Köhn (FC Red Bull Salzburg), Jonas Omlin (HSC Montpellier), Yann Sommer (Borussia Mönchengladbach)

Abwehr: Manuel Akanji (Manchester City), Eray Cömert (FC Valencia), Nico Elvedi (Borussia Mönchengladbach), Edimilson Fernandes (FSV Mainz 05), Ricardo Rodriguez (FC Turin), Fabian Schär (Newcastle United), Silvan Widmer (FSV Mainz 05)

Mittelfeld/Angriff: Michel Aebischer (FC Bologna), Breel Embolo (AS Monaco), Christian Fassnacht (Young Boys Bern), Fabian Frei (FC Basel), Remo Freuler (Nottingham Forest), Ardon Jashari (FC Luzern), Noah Okafor (Red Bull Salzburg), Fabian Rieder (Young Boys Bern), Haris Seferovic (Galatasaray), Xherdan Shaqiri (FC Chicago Fire), Djibril Sow (Eintracht Frankfurt), Renato Steffen (FC Lugano), Ruben Vargas (FC Augsburg), Granit Xhaka (FC Arsenal), Denis Zakaria (FC Chelsea)