Saudi-arabischer Fan während des AFC Asien-Pokals

FIFA WM 2022 - Teamcheck Saudi-Arabien - mehr als ein Punktelieferant?

Stand: 15.11.2022 12:15 Uhr

Saudi-Arabien dürfte in Katar viele Fans aus der fußballbegeisterten Heimat hinter sich haben. Ob die Saudis in ihrer Gruppe über die Rolle des Punktelieferanten hinauskommen, bleibt dennoch fraglich.

Der Trainer

Hervé Renard hat sich vor allem mit seinen Erfolgen im afrikanischen Fußball einen Namen gemacht: Der Franzose gewann als erster Coach mit zwei verschiedenen Teams, Sambia und der Elfenbeinküste, die Afrikameisterschaft. Sein Markenzeichen, das ihn auch bei der WM 2018 weltweit bekannt machte, sind seine weißen Extra-Slim-Fit Hemden, die er als Glücksbringer zu tragen pflegt. Auch sonst würde der blendend aussehende, immer gebräunte Renard optisch gut in einen Jachtklub an die Cote d'Azur passen.

Nach seinem Debüt vor vier Jahren mit Marokko steht Renard mit Saudi-Arabien zum zweiten Mal bei einer WM an der Seitenlinie. Der frühere Profi, der allerdings nur zu einem Erstliga-Einsatz kam, hat seit seinem Amtsantritt 2019 eine gute Mischung aus erfahrenen und hungrigen Spielern geformt. Renard gilt als schlauer Taktiker und Disziplinfanatiker. Die souveräne WM-Qualifikation der "Grünen Falken", als die Saudis in ihrer Gruppe vor Japan und Australien landeten, gilt auch als Renards Verdienst.

Der Star

Salman Al-Faraj ist der Kapitän und erfolgreichster Spieler des Landes. Insgesamt 18 Trophäen hat der 33-Jährige vom Vorzeigeklub Al-Hilal schon gesammelt, darunter bislang sieben Meistertitel und zweimal die asiatische Champions League. Aufgrund seiner großen Erfahrung ist der Mittelfeld-Antreiber auch unter Renard gesetzt.

Zu Jahresbeginn stand wegen einer Verletzung für kurze Zeit ein Fragezeichen hinter Al-Farajs WM-Teilnahme. Doch der Spielmacher erholte sich überraschend schnell und hatte in der Endphase der WM-Qualifikation wieder die Anführerrolle übernommen. 28 Jahre nach dem Achtelfinal-Einzug beim WM-Debüt in den USA will Al-Faraj die Saudis zum zweiten Mal in die Runde der besten 16 führen.

Players To Watch

Salem Al-Dawsari hatte neben Kapitän Al-Faraj mit seinen Treffern in der Qualifikation großen Anteil an der erneuten WM-Teilnahme. Der Flügelspieler, ebenfalls bei Al-Hilal unter Vertrag, ist einer der wenigen Profis im Kader, die über Erfahrung in Europa verfügen. Der 28-Jährige hatte einmal einen Kurzeinsatz beim spanischen Erstligaklub FC Villarreal. Als größtes Offensiv- Talent gilt der 22 Jahre alte Mittelstürmer Firas Al-Buraikan.

Besonderes

Saudi-Arabiens Teilnahme bei der WM in Katar birgt politische Brisanz. Die Beziehungen zwischen beiden Ländern galten lange als zerrüttet, erst ein Abkommen 2021 beendete eine Wirtschaftsblockade Katars durch die Nachbarstaaten, die von Saudi-Arabien angeführt worden war.

Abgesehen von den regionalen politischen Konflikten ist Saudi-Arabien auch in der Sportwelt ein umtrittener Player: Das Land steht wegen zahlreicher dokumentierter Menschenrechtsverstöße in der Kritik. Unter anderem den mutmaßlich vom saudischen Königshaus angeordneten Mord an Regimekritiker Jamal Khashoggi. Ähnlich wie der WM-Gastgeber versucht auch das saudische Regime, sein schlechtes Image über Sportswashing aufzupeppen: ein eigenes Formel 1-Rennen, die Übernahme des Premier-League-Klubs Newcastle United durch einen saudischen Staatsfonds und der Start einer milliardenschweren Golfserie. Kurz vor der WM sorgte die Vergabe der asiatischen Winterspiele in den Wüstenstaat für weltweites Entsetzen.

Anders als in Katar ist Saudi-Arabien ein Land mit großer Fußballbegeisterung. Bei Länderspielen herrsche "eine Stimmung wie bei Borussia Dortmund oder Schalke 04", berichtete die Monika Staab, die deutsche Trainerin des saudischen Frauen-Nationalteams.

WM-Chancen

Dass das Team in der WM-Qualifikation vor den vermeintlich deutlich stärkeren Japanern landete, war eine große Überraschung. Es deutet aber an, was möglich ist, wenn viele Faktoren zusammenkommen: Eine gute Form, mannschaftliche Geschlossenheit - und Gegner, die sie unterschätzen. Trotz allem: Schon ein Sieg in der Gruppe mit Argentinien, Mexiko und Polen wäre eine Sensation.

Der Kader

Tor: Mohammed Al-Owais (Al-Hilal), Nawaf Al-Aqidi (Al-Nassr), Mohammed Al Rubaie Al-Yami (Al-Ahli)

Abwehr: Yasser Al-Shahrani (Al-Hilal), Hassan Tambakti (Al-Shabab), Abdulelah Al-Amri (Al-Nassr), Ali Al-Bulaihi (Al-Hilal), Abdullah Mado (Al-Nassr), Saud Abdulhamid (Al-Hilal), Sultan Al-Ghanam (Al-Nassr), Mohammed Al-Breik (Al-Hilal)

Mittelfeld: Salman Al-Faraj (Al-Hilal), Riyadh Sharahili (Abha), Ali Al-Hassan (Al-Nassr), Mohamed Kanno (Al-Hilal), Abdulelah Al-Malki (Al-Hilal), Sami Al-Najei (Al-Nassr), Abdullah Otayf (Al-Hilal), Nasser Al-Dawsari (Al-Hilal), Abdulrahman Al-Aboud (Al-Ittihad), Salem Al-Dawsari (Al-Hilal), Hattan Bahebri (Al-Shabab)

Angriff: Nawaf Al-Abed (Al Shabab), Haitham Asiri (Al-Ahli), Saleh Al-Shehri (Al-Hilal), Firas Al-Buraikan (Al-Fateh)