Katars Fußball-Nationalmannschaft während einer Trainingseinheit

FIFA WM 2022 - Teamcheck Katar - ein Gastgeber als große Unbekannte

Stand: 15.11.2022 11:49 Uhr

Es ist der umstrittenste Gastgeber einer WM aller Zeiten: Katar. Ein Team, das wegen eben dieser Rolle erstmals bei einer Endrunde vertreten sein wird. Wo steht die Mannschaft sportlich?

Der Trainer

Bevor es Felix Sanchez, 46, 2006 in den Wüstenstaat Katar zog, hatte er in "La Masia" Nachwuchstalente trainiert, der berühmten Akademie des FC Barcelona, in der schon Messi, Iniesta und Xavi ihre Weltkarrieren starteten. Mit 30 heuerte der gebürtige Katalane an der berühmten Aspire Academy in der Hauptstadt Doha an. 2004 gegründet ist sie die Akademie für die größten Sporttalente des Landes und eines der weltweit größten Trainingszentren für Spitzensportler.

Als Jugendtrainer verschiedener U-Nationalteams sollte Sanchez an einem der größten und modernsten Fußballzentren den Grundstein für das "WM-Projekt" legen, 2017 übernahm er dann die Verantwortung für das A-Nationalteam und schlüpfte damit erstmals in die Rolle des Cheftrainers. Viele der heutigen Nationalspieler kennt Sanchez seit Jahren, mit einigen ging er den Weg ins A-Team. Was folgte, war 2019 der überraschende Gewinn der Asienmeisterschaft. Nach Jahren intensiver Vorbereitung müssen Sanchez und sein Team bei der WM im eigenen Land beweisen, dass sie bereit sind für größere Aufgaben.

Der Star

Vieles im Spiel der Katarer hängt an Akram Afif. Der Offensivspieler, der bevorzugt auf der linken Außenbahn aufläuft, spielt beim Al-Sadd SC in der ersten Liga Katars, die wohl nicht einmal deutsches Zweitliga-Niveau erreicht. Dennoch ist er der Hoffnungsträger der katarischen Fußballnationalmannschaft. Beim Gewinn der Asienmeisterschaft 2019, dem bislang größten Erfolg der Vereinsgeschichte, legte Afif elf Tore vor und traf einmal selbst. Er war der Topscorer. Ebenso wie beim Gold Cup und beim FIFA-Arabien Pokal 2021, bei denen Katar jeweils ins Halbfinale kam.

Katars Flügel-Star Akram Afif setzt zum Dribbling an

Katars Flügel-Star Akram Afif setzt zum Dribbling an

Sein Vater, ein ehemaliger Nationalspieler Somalias, war in den 1980er Jahren in das Emirat eingewandert. Akram Afif debütierte 2015 für die Nationalelf Katars. Er hat sich auch im europäischen Profifußball versucht. Beim spanischen Klub Sporting Gijon etwa, für den er neun Partien in La Liga absolvierte, beim FC Villarreal und beim katarischen Farmteam KAS Eupen in Belgien. Der Durchbruch ist ihm nicht gelungen. 2018 kehrte er in die heimische Liga zurück. Die Weltmeisterschaft ist seine Chance, auf sich aufmerksam zu machen.

Players to Watch

Almoez Ali, 26, ist der Torjäger des Teams. Mit neun Treffern in sieben Spielen hat er die Katarer zur Asienmeisterschaft geschossen und den Rekord des Iraners Ali Daei überboten. Insgesamt steht Almoez Ali bei 39 Toren und damit nur noch zwei hinter Katars Rekordtorschützen Mustafa Mubarak (41). Gemeinsam mit Akram Afif bildet er ein spielstarkes und torgefährliches Duo.

Katars Goalgetter Almoez Ali

Katars Goalgetter Almoez Ali

Angeführt wird die Mannschaft von Kapitän Hassan Al-Haydos. Der 31-Jährige ist bereits seit 14 Jahren Nationalspieler und bringt es auf 160 Länderspiele. Damit ist er Rekordspieler in seiner Heimat. Al-Haydos gilt als Standardspezialist.

Das Besondere

Katar ist der einzige Turnierneuling. Die anderen 31 Teams waren mindestens einmal bei einer Weltmeisterschafts-Endrunde dabei. Den Grundstein für eine erfolgreiche WM haben die Katarer 2004 mit der Gründung der Aspire Academy gelegt. Das Emirat will die WM nutzen, um sein Image zu verbessern: Boykottaufrufe, Arbeitsbedingungen, männliche Vormundschaft, Klimaschutz, verbotene Homosexualität, Menschen- und Frauenrechte, Korruption – alles Themen, die, wenn es nach Katar geht, bei der Winter-WM in den Hintergrund rücken sollen.

WM-Chancen

Katar ist die große Unbekannte. Wie die Mannschaft in Gruppe A, der wohl schwächsten, mit der Niederlande, Ecuador und dem Senegal abschneidet, lässt sich nicht vorhersehen. Das Team hat sich zuletzt in Schwechat vor den Toren Wiens zurückgezogen, um sich auf die Weltmeisterschaft vorzubereiten. Die mehr als dreimonatige Abschottung endete im September. Jüngst gab es ein 0:2 gegen Kanada und ein 2:2 gegen Chile. Mit Erfolgen wie dem überraschenden Triumph bei der Asienmeisterschaft 2019 machte die Mannschaft auf sich aufmerksam.

Die Spieler haben gemeinsam, dass sie in der heimischen Liga aktiv sind. Dort ruht der Ball. Anders als die meisten Nationen, die kaum Vorbereitungszeit haben, können die Katarer akribisch trainieren. In der WM-Geschichte ist nur ein Gastgeber in der Vorrunde ausgeschieden – Südafrika 2010. Das wollen die Katarer verhindern. Im Ringen um Macht und Einfluss spielt das sportliche Ergebnis der Katarer aber nur eine untergeordnete Rolle.

Der Kader

Tor: Saad Al-Sheeb (Al-Sadd SC/Katar), Meshaal Barsham (Al-Sadd SC), Yousef Hassan (Al-Gharafa SC/Katar)

Abwehr: Pedro Miguel (Al-Sadd SC), Musab Khoder (Al-Sadd SC), Tarek Salman (Al-Sadd SC), Bassam Al-Rawi (Al-Duhail SC/Katar), Boualem Khoukhi (Al-Sadd SC), Abdelkarim Hassan (Al-Sadd SC), Ismaeel Mohammad (Al-Duhail SC), Homam Ahmed (Al-Gharafa SC)

Mittelfeld: Jassem Gaber (Al-Arabi SC/Katar), Ali Asad (Al-Sadd SC), Assim Madibo (Al-Duhail SC), Mohammed Waad (Al-Sadd SC), Salem Al-Hajri (Al-Sadd SC), Mostafa Tarek Mashaal (Al-Sadd SC), Karim Boudiaf (Al-Duhail SC), Abdulaziz Hatem (Al-Rayyan SC/Katar)

Angriff: Naif Al-Hadhrami (Al-Rayyan SC), Ahmed Alaaeldin (Al-Gharafa SC), Hassan Al-Haydos (Al-Sadd SC), Akram Afif (Al-Sadd SC), Almoez Ali (Al-Duhail SC), Mohammed Muntari (Al-Duhail SC), Khalid Muneer Mazeed (Al-Wakrah SC/Katar)