Kameruns Nationalmannschaft

FIFA WM 2022 - Teamcheck Kamerun - Die "unzähmbaren Löwen" sind zähmbar

Stand: 10.11.2022 18:11 Uhr

Kamerun ist eine der erfolgreichsten Nationalmannschaften Afrikas. Der letzte große WM-Erfolg liegt jedoch schon 32 Jahre zurück – und auch in Katar sind die Aussichten auf den großen Coup trüb.

Von Sophie Salmen

Der Trainer

Der Kameruner mit dem bekanntesten Namen wird bei der WM nicht auf dem Platz, sondern an der Seitenlinie stehen: Trainer Rigobert Song. Der ehemalige Innenverteidiger ist mit 137 Einsätzen Rekord-Nationalspieler seines Landes und nahm an vier WM-Endrunden teil.

Auf der Cheftrainer-Position ist Song hingegen noch ein ziemlich unbeschriebenes Blatt. Eine Vereinsmannschaft hat er noch nie gecoacht, jedoch bereits als Co-Trainer (unter anderem unter Volker Finke) gearbeitet. Im März 2022 übernahm er nach dem eher enttäuschenden Afrika Cup im eigenen Land den Posten vom Portugiesen Toni Conceicao – auf Anweisung des kamerunischen Staatspräsidenten. Ein bemerkenswerter Vorgang. Immerhin schaffte Kamerun unter Neu-Trainer Song nach erfolgreichen Playoff-Spielen gegen Algerien die Qualifikation für die WM. Wohin Song mit seiner Mannschaft taktisch will, ist aber in den wenigen Länderspielen unter seiner Ägide noch nicht ganz deutlich geworden.

Rigobert Song, Trainer Kamerun

Der Star

Über viele Jahre konzentrierte sich die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit eigentlich nur auf einen kamerunischen Spieler: Samuel Eto’o. Der Stürmer war der absolute Superstar - er galt in seiner aktiven Zeit als einer der gefährlichsten Neuner der Welt. Eto’o knipste für den FC Barcelona, den FC Chelsea und Inter Mailand und erzielte im Nationaldress 56 Treffer in 118 Spielen. Bis heute ist er der Rekord-Torschütze für Kamerun. Doch trotz seiner Anwesenheit schied Kamerun viermal in einer WM-Vorrunde aus (1998, 2002, 2010 und 2014). Seit seinem Karriereende in der Nationalelf 2014 fehlt den Afrikanern ein auch nur annähernd vergleichbarer Spieler mit Star-Potenzial.

"Players to watch"

Die richtig großen Namen sucht man bei den "unzähmbaren Löwen" vergeblich. Die Mannschaft kommt eher über Willenskraft und das Kollektiv. Zwei der wichtigsten Akteure im Kader sind Spieler, die ihr Geld in Europas Top-Ligen verdienen: Andre-Frank Zambo Anguissa (SSC Neapel) und Eric Maxim Choupo-Moting (FC Bayern München).

 Eric Maxim Choupo-Moting im Trikot von Kamerun

Zambo Anguissa ist einer der Leistungsträger im Mittelfeld der Kameruner. Auf der Sechser-Position besticht er durch Laufstärke und Physis und ist – trotz seiner erst 26 Jahre – einer der erfahrensten Spieler im Team. Bis zum Sommer 2022 bestritt er fast 200 Erstliga-Spiele in England, Frankreich, Spanien und Italien. Jüngst überwies der Serie-A-Klub Neapel 15 Millionen Euro an Fulham für den Abräumer vor der Abwehrkette. Das Einzige, was ihm fehlt, ist Torgefahr: Auf Vereinsebene erzielte er in über 250 Pflichtspielen nur fünf Tore.

Für die Treffer soll in der Nationalelf Eric Maxim Choupo-Moting sorgen. Der Bayern-Profi hatte nach dem Afrika Cup im Frühjahr eigentlich seinen Nationalmannschafts-Rücktritt erklärt, da Ex-Trainer Conceicao nicht mehr auf ihn setzte. Unter Song kehrte der in Hamburg geborene Choupo-Moting jedoch in die Elf Kameruns zurück. Der 33-Jährige, der bei den Bayern meist als Joker zum Einsatz kam und erst im Oktober 2022 vermehrt von Beginn an auflaufen durfte, seitdem aber überzeugte, ist der zweitbeste Torschütze im WM-Kader (18 Treffer in 68 Partien). Mit der Weltmeisterschaft hat er noch eine Rechnung offen: In fünf WM-Einsätzen blieb er bislang ohne Scorer-Punkt.

Besonderes

Auch Kameruns WM-Bilanz der vergangenen 20 Jahre ist nicht wirklich glorreich. Den bislang letzten Sieg in einem WM-Spiel gab es im zweiten Gruppenspiel beim Turnier 2002 (1:0 gegen Saudi-Arabien). Im abschließenden Gruppenspiel gegen Deutschland und bei den folgenden beiden Turnier-Teilnahmen setzte es ausschließlich Niederlagen. Mit aktuell sieben WM-Niederlagen in Folge ist Kamerun nur noch zwei verlorene Spiele vom Allzeit-Negativrekord, gehalten von Mexiko, entfernt.

Kamerun kann aber auch einen positiven Rekord für sich verbuchen. Roger Milla ist bis heute der älteste eingesetzte Feldspieler der WM-Geschichte. Bei der WM 1994 traf der damals 42 Jahre und 39 Tage alte Angreifer im letzten Gruppenspiel und ist somit auch der älteste WM-Torschütze. Trotzdem war für Kamerun damals in der Vorrunde Schluss.

WM-Chancen

Seit dem Erreichen des Viertelfinales 1990 war das Auftreten von Kamerun bei WM-Endrunden eher enttäuschend. Über die Gruppenphase kam das Team nicht mehr hinaus. Auch in diesem Jahr geht Kamerun als klarer Außenseiter in die Vorrunde. In der Gruppe F warten mit Brasilien, der Schweiz und Serbien drei Mannschaften, die auf dem Papier alle besser besetzt sind als die Afrikaner. Somit wäre der Einzug ins WM-Achtelfinale eine echte Überraschung.

Der Kader

Tor: André Onana (Inter Mailand), Simon Ngapandouetnbu (Olympique Marseille), Devis Epassy (Abha Club),

Abwehr: Jean-Charles Casteletto (FC Nantes), Nouhou (Seattle Sounders), Olivier Mbaizo (Philadelphia Union), Collins Fai (Al-Tai Hail), Christopher Wooh (Stade Rennes), Nicolas Nkoulou (Aris Saloniki), Enzo Ebosse (Udinese Calcio),

Mittelfeld: Pierre Kunde (Olympiakos Piräus), Samuel Yves Oum Gouet (KV Mechelen), Olivier Ntcham (Swansea City), Gael Ondoua (Hannover 96), Martin Hongla (Hellas Verona), André-Frank Zambo Anguissa (SSC Neapel),

Angriff: Eric Maxim Choupo-Moting (FC Bayern München), Jean-Pierre Nsame (Young Boys Bern), Souaibou Marou (Coton Sport FC), Karl Toko Ekambi (Olympique Lyon), Nicolas Moumi Ngameleu (Dynamo Moskau), Jerome Ngom Mbekeli (Apejes de Mfou), Bryan Mbeumo (FC Brentford), Christian Bassogogg (Shanghai Shenhua), Vincent Aboubakar (Al Nasr Riad)