FIFA WM 2022 - Teamcheck Frankreich - Weltmeister der Widersprüche

Stand: 22.11.2022 20:29 Uhr

Der Weltmeister wird vom Verletzungspech verfolgt. Kurz vor dem Turnierstart erwischte es Top-Star Karim Benzema. Sucht sie der Fluch der Weltmeister heim?

Der Trainer

Schon als Didier Deschamps noch kein Trainer war, sondern Fußballer, waren sich die Franzosen in der Beurteilung seines Wirkens uneins. Manche sahen ihn ihm nur einen Zuarbeiter, einen, der für die Stars wie Zinédine Zidane lief und kämpfte. Andere sahen in ihm einen großen Strategen, ohne den Frankreichs WM-Titel 1998 nicht möglich gewesen wäre.

Deschamps, 54, ist längst kein Spieler mehr, sondern Frankreichs Nationaltrainer, seit zehn Jahren schon. Nur die Diskussionen über sein Wirken, die gibt es immer noch. Dabei hat er auch als Trainer Titel gewonnen, den wichtigsten 2018, da wurde Frankreich Weltmeister. Frankreich also ist Weltmeister, Frankreich ist aber auch Weltmeister der Widersprüche. Sie würden womöglich auch dann noch über Deschamps diskutieren, wenn der die Nationalmannschaft auch in Katar zum Titel führen würde.

Zwei WM-Titel als Trainer, das ist bislang nur Vittorio Pozzo mit Italien gelungen, das war 1934 und 1938. Deschamps, den sie nur den "General" nennen, wird sich damit eher nicht beschäftigen. Er hat gerade andere Probleme. Frankreich ist kurz vor der WM nicht in Form, nur ein Sieg aus den vergangenen sechs Spielen. Und nun fällt auch noch Mittelfeldstratege N'Golo Kanté für das Turnier aus.

Der Star

An dieser Stelle hätte normalerweise nur ein Name stehen dürfen: Karim Benzema. Carlo Ancelotti hat im Fußball schon einiges erlebt, aber einen Spieler wie ihn hat auch er noch nicht trainiert. Ancelotti und Benzema arbeiten bei Real Madrid sehr erfolgreich zusammen. Benzema war mit 34 in der Form seines Lebens, doch ausgerechnet das wichtigste Turnier verpasst der Weltfußballer. Benzema reiste mit einer Oberschenkverletzung verletzt ab.

Jetzt müssen es andere richten. Topspieler haben die Franzosen genügend, aber keiner war zuletzt so überragend unterwegs wie Benzema.

Vielleicht der aktuell beste Spieler der Welt: Karim Benzema

Vielleicht der aktuell beste Spieler der Welt: Karim Benzema

Players To Watch

Vor einigen Tagen hat Kylian Mbappé über die Weltmeisterschaft gesprochen, und er hat den Moment genutzt, um gleich auch gegen seinen Klub PSG und den Trainer Christophe Galtier zu sticheln. Mbappé, 23, hat es in Paris schon mal besser gefallen. Er sagt: "Ehrlich gesagt habe ich mehr Spaß mit dem Nationalteam als mit meinem Verein."

In den Überlegungen des Nationaltrainers Deschamps nimmt Mbappé eine zentrale Rolle ein - auch in der taktischen Formation. Oft nominiert er Mbappé als zweiten Angreifer an der Seite von Benzema, manchmal setzt er ihn auch auf dem linken Flügel ein.

In Frankreich hoffen sie, dass Mbappé seine Bilanz von 28 Toren in 59 Länderspielen bei der WM noch verbessert, schlecht stehen die Chancen nicht. Es ist ja so: Wo Mbappé ist, sind oft Schlagzeilen, aber immer auch Tore.

Besonderes

Zweimal wurde Frankreich bislang Weltmeister, 1998 und 2018, und Didier Deschamps war immer dabei. Gar nicht so schlecht, wenn auch nicht einzigartig. Weltmeister werden, erst als Spieler, dann als Trainer - das gelang zuvor nur Franz Beckenbauer und dem Brasilianer Mario Zagallo.

WM-Chancen

Frankreich reist als aktueller Weltmeister nach Katar, und es ist nicht unwahrscheinlich, dass es als solcher auch wieder abreist. Die Vorrundengruppe mit Australien, Dänemark und Tunesien jedenfalls wird für Frankreich keine echte Prüfung. Der Kader ist auch ohne den verletzten Strategen Kanté ein sehr guter, Benzema und Mbappé bilden ein Angriffsduo von höchster Güte. Und Deschamps ist ein Trainer, der schon gezeigt hat, dass er WM kann. Im Kader stehen übrigens insgesamt sechs Bundesligaprofis. Vier Bayern-Spieler, Leipzigs Christopher Nkunku und Marcus Thuram (Borussia Mönchengladbach).

Der Kader

Tor: Alphonse Areola (West Ham United), Hugo Lloris (Tottenham Hotspur), Steve Mandanda (Stade Rennes)

Abwehr: Lucas Hernandez, Benjamin Pavard, Dayot Upamecano (alle Bayern München), Theo Hernandez (AC Mailand), Axel Disasi (AS Monaco), Ibrahima Konate (FC Liverpool), Jules Kounde (FC Barcelona), William Saliba (FC Arsenal), Raphael Varane (Manchester United

Mittelfeld: Eduardo Camavinga, Aurelien Tchouameni (beide Real Madrid), Youssouf Fofana (AS Monaco), Matteo Guendouzi, Jordan Veretout (beide Olympique Marseille), Adrien Rabiot (Juventus Turin)

Angriff: Kingsley Coman (Bayern München), Ousmane Dembele (FC Barcelona), Olivier Giroud (AC Mailand), Antoine Griezmann (Atletico Madrid), Kylian Mbappe (Paris Sr. Germain), Christopher Nkunku (RB Leipzig), Marcus Thuram (Borussia Mönchengladbach).