Das Al-Bayt-Stadion in Katar - hier findet das Eröffnungsspiel der WM statt.

WM in Katar Fans mit bezahlten Reisen sollen die WM bejubeln

Stand: 03.11.2022 12:30 Uhr

Das Organisationskomitee der WM 2022 in Katar hat Fans zu bezahlten Reisen zum Turnier eingeladen - die sollen in sozialen Netzwerken für gute Stimmung sorgen und Teil der Eröffnungsfeier werden.

Die beteiligten Fans haben in dem Programm mit dem Namen "Fan Leader Network" die Möglichkeit, bis zum Ende des Turniers auf Kosten der Gastgeber in Katar zu bleiben, hinzu kommt ein Taschengeld von täglich 250 Riyal (derzeit etwa 70 Euro). "Eine aufgeladene Visa-Karte wird bei Ankunft ausgestellt", heißt es in einem Schreiben an die Fans, das der Sportschau vorliegt. Flüge, Unterkunft und die Teilnahme an zahlreichen Aktivitäten sind demzufolge inklusive.

Nachfragen zu den Details beantwortete das WM-Organisationskomitee, kurz WM-OK, auf Anfrage der Sportschau nicht. Ein Sprecher teilte allgemein mit, dass die Fans "ein unbezahltes Ehrenamt" einnehmen würden. In einer weiteren Stellungnahme räumte das WM-OK später ein, dass Flüge, Unterkunft und Auslagen der "Fan Leader" gezahlt würden, dies sei aber nicht als Bezahlung zu verstehen. Rund 450 Fans aus 59 Ländern seien beteiligt. Niederländische Fans bestätigten im Sender NOS, dass die Reisen bezahlt werden.

Klare Vorgaben im Verhaltenskodex

In einem Verhaltenskodex, der der Sportschau vorliegt, stimmen die beteiligten Fans zu, die WM "durch liken und teilen" von Posts in sozialen Netzwerken zu unterstützen. Vereinbart wird auch die Nutzung des Slogans "Qatar - the fans' world cup" ("Katar - die WM der Fans") und des Hashtags #IAMAFAN ("Ich bin ein Fan").

Das WM-OK teilt den Fans mit, dass Social-Media-Beiträge beobachtet werden. Man behalte sich das Recht vor, Änderungen oder das Löschen von Posts zu verlangen. "Herabwürdigende Kommentare" sollen dem WM-OK gemeldet und gelöscht werden, alle anderen "positiven wie kritischen" Kommentare sollen stehen bleiben.

"Wir bitten Sie nicht, ein Sprachrohr für Katar zu sein. Aber es wäre offensichtlich unangebracht, Katar, das Organisationskomitee oder die WM zu verunglimpfen", heißt es in den sogenannten "Prinzipien für gute Postings". Nicht zugelassen bei dem Programm seien Fans "mit offensichtlicher politischer Gesinnung".

Deutsche Fans sind dabei - DFB sagt, er unterstützt das Programm nicht

Auch aus Deutschland sind Fans dabei. Der DFB teilte der Sportschau auf Anfrage mit, dass ihm das Programm des Organisationskomitees bekannt sei, es würde aber weder durch den DFB noch durch den Fan-Club Nationalmannschaft unterstützt. Man wisse, dass "deutsche Fans teilgenommen haben/teilnehmen werden, aber wir wissen nicht, wie viele Fans sich daran beteiligen", so der DFB.

Ein beteiligter deutscher Fan wollte sich auf Anfrage der Sportschau nicht zu seiner Reise nach Katar äußern. Im Ausland bewerben manche Fans ihre Rolle als "Fan Leader" mit Begeisterung. Mehrere der Fans - auch aus Deutschland - waren schon zu Reisen in Katar, um Veranstaltungen, Besprechungen und Spiele zu besuchen oder beispielsweise WM-Botschafter David Beckham zu treffen.

Bis zu 1.600 geladene Fans bei der Eröffnung - Kritik von Fanbündnis

In einer Erweiterung des "Fan Leader Networks" sollen insgesamt rund 1.600 Fans aller 32 teilnehmenden Teams auf Einladung des Organisationskomitees Teil der Eröffnungsfeier werden. Diese sollen nach Informationen der Sportschau jubelnd im Fernsehbild zu sehen sein und ein bestimmtes Lied singen, wenn ihr Team Thema bei der Feier ist. Nominierungen hierfür erfolgen durch "die aktivsten Fan Leader", so das WM-Organisationskomitee. Der DFB teilt mit, dass er auch hier weder beteiligt ist noch das Vorgehen unterstützt.

Kritik kommt von einer Fan-Organisation. "Dass Katar kurz vor Turnierstart noch Fans einkauft, spricht auch dafür, dass die Begeisterung unter aktiven Nationalmannschaftsfangruppen in vielen Ländern eher gering ausgeprägt ist", sagt Martin Endemann vom europäischen Fan-Bündnis Football Supporters Europe im Gespräch mit der Sportschau: "Diese Leute darf man nicht als repräsentative Fanvertreter betrachten, sondern höchstens als freiwillige Helfer für die FIFA und das Organisationskomitee."

Katar seit der Vergabe 2010 in der Kritik

Katar steht seit der Vergabe des Turniers durch das FIFA-Exekutivkomitee 2010 in mehrfacher Hinsicht in der Kritik. Dabei geht es um die Ausbeutung von Gastarbeiterinnen und Gastarbeitern, die Kriminalisierung von Homosexualität, fehlende Frauenrechte und um die von der US-Justiz festgestellte Korruption bei der Vergabe des Turniers 2010.