Fußball | WM WM-Quali 2026 - Abschied von den großen Überraschungen

Stand: 31.03.2022 11:08 Uhr

Die WM-Qualifikation lebt von ihren seltenen Überraschungen. Ab 2026 werden sie wohl noch seltener - dann qualifizieren sich 48 statt bislang 32 Teams.

Leonardo Bonuccis Frust war deutlich. Wenige Monate nach dem Gewinn der Europameisterschaft in London gegen England 2021, scheiterte Italien in den Playoffs der europäischen WM-Qualifikation in Palermo gegen Nordmazedonien. "Es gibt Teams in anderen Konföderationen, die vier oder fünf Spiele verloren haben", sagte Bonucci. "Und wir scheiden aus, nach einem Tor in der 92. Minute bei unserer einzigen Niederlage. Dieses System ist verrückt."

Bonucci übertrieb zumindest statistisch nicht. Uruguay und Ecuador kamen in Südamerika - wenn auch in einem völlig anderen Modus - sogar mit sechs Niederlagen ins Ziel. Die WM 2026 in den USA, Mexiko und Kanada wird vielen Teams in der Qualifikation mehr Sicherheit geben. Denn bei 48 Teams, die mitspielen dürfen, wird den Großen ein Scheitern immer schwerer gemacht.

16 Europäer dabei, aus Südamerika mehr als die Hälfte

Die Zahl der Teilnehmer steigt in jeder Konföderation. Ab 2026 werden in Europa 16 statt bisher 13 Teams mitspielen. Ob Italien 2022 und 2018, ob Niederlande 2002, ob England und Frankreich 1994 - solche großen Überraschungen werden zwangsläufig seltener.

Noch drastischer fällt die neue Lage in Südamerika aus. Zehn Mitglieder hat die Konföderation CONMEBOL, künftig darf Südamerika sechs von ihnen zur WM schicken, hinzu kommt ein Playoff-Teilnehmer. Die Aufgabe für die CONMEBOL: einen spannungsgeladenen Modus entwickeln, der die Suche nach drei Teams ermöglicht, die ausscheiden.

In der Konföderation für Nord-, Mittelamerika und die Karibik sind 2026 sechs Teams plus zwei Playoff-Teilnehmer dabei. Die USA, Kanada und Mexiko hoffen noch auf ein Startrecht als Gastgeber. Die Chancen für die Inselstaaten steigen, und das war auch ein Vorwurf an FIFA-Präsident Gianni Infantino.

WM-Teilnehmer
Konföderation Teams 2022 Teams 2026
Afrika 5 9*
Asien 4* 8*
UEFA 13 16
CONCACAF 3* 6*
Ozeanien 0* 1*
Südamerika 4* 6*
Gastgeber 1 unklar
Interkontinentale Playoffs 2 2
Summe 32 48

*stellen Teilnehmer an interkontinentalen Playoffs.

Manche FIFA-Präsidenten bedienten mit Startplätzen die Wählerschaft

Nach dem Beschluss zur Ausweitung der WM 2017 warf die europäische Klub-Vereinigung ECA dem FIFA-Präsidenten indirekt vor, seine Wählerschaft im FIFA-Kongress zufriedenstellen zu wollen, statt sportliche Ziele zu verfolgen. Die Vergrößerung des WM-Turniers war über Jahrzehnte oft ein Mittel, um Wahlen im Kongress in die gewünschte Richtung zu lenken. "Die Entscheidung wurde nach einer gründlichen Analyse getroffen", teilte die FIFA damals mit.

Eine gründliche Analyse wird damit auch in der Qualifikation fällig. Möglicherweise muss im internationalen Kalender, dessen Reform die FIFA vielfach für 2024 angekündigt hat, ein komplett neues System der Qualifikation entstehen, um Langeweile und Ungerechtigkeiten zu verhindern.

Anzahl WM-Teilnehmer seit 1930
Jahr Teams
1930 13
1934 16
1938 15
1950 13
1954 16
1958 16
1962 16
1966 16
1970 16
1974 16
1978 16
1982 24
1986 24
1990 24
1994 24
1998 32
2002 32
2006 32
2010 32
2014 32
2018 32
2022 32
2026 48

Auch die EM wird möglicherweise größer

Doch das Problem einer langweiligen Qualifikation hat die FIFA nicht alleine. Die UEFA, die in den vergangenen Jahren einen schwer durchschaubaren Zusammenhang zwischen den Qualifikationsturnieren für die WM und die EM mit ihrer Nations League herstellte, erwägt dem Beispiel der FIFA folgend eine Ausweitung der EM auf 32 Teams. Bei 55 Mitgliedsländern der UEFA gilt dann auch hier: Ausscheiden wird immer schwieriger. "Dieses System ist verrückt", sagte Bonucci. Vorschläge für ein neues werden gesucht.