Sonny Kittel von Rakow Czestochowa bejubelt den Treffer gegen Qarabag FK

Polnischer Meister Raków Mit zwei Deutschen in die Königsklasse?

Stand: 24.08.2023 11:29 Uhr

In fünf Jahren von der zweiten Liga in die Champions League: Polens Meister Raków könnte in den Playoffs gegen Kopenhagen Geschichte schreiben.

Von Till Oppermann

Das Paulinerkloster im polnischen Wallfahrtsort Częstochowa lockt mit seiner schwarzen Madonna pro Jahr bis zu vier Millionen Pilger an. Die 17 Heimspiele des örtlichen Fußballvereins Raków hatten in der vergangenen Saison zusammengenommen nur knapp 90.000 Zuschauer. Und doch könnte Częstochowa neben der Pilgerstätte bald auch eine größere sportliche Bekanntheit erlangen: Der polnische Meister spielt in den Playoffs gegen den FC Kopenhagen um die Qualifikation zur Champions League. Zwar ging das Hinspiel am Dienstag mit 0:1 verloren, ausgeschlossen ist der große Coup trotzdem nicht. Das Rückspiel findet am 30. August statt (21 Uhr).

Sonny Kittel schießt Raków zum Sieg

Für den deutschen Offensivspieler Sonny Kittel wäre das ein Aufstieg in Rekordzeit: Nachdem er im Mai mit dem HSV das zweite Mal in Folge in der Relegation scheiterte, entschloss er sich dazu, in die Heimat seiner Eltern zu wechseln. Es folgte ein Einstand nach Maß: Wenige Minuten nach Kittels Einwechslung in der zweiten Qualifikationsrunde gegen Qarabaq Aqdam traf er aus der Distanz zum 3:2-Sieg in den Winkel.

Damit erfüllte er schon im ersten Einsatz einen Wunsch des Sportdirektors Robert Graf, der bei Kittels Vorstellung sagte: "Wir hoffen, dass seine fußballerische Qualität und Erfahrung uns im Kampf um ehrgeizige Ziele helfen werden." Raków wäre erst der sechste polnische Teilnehmer an der Königsklasse, in den vergangenen 25 Jahren gelang lediglich Rekordmeister Legia Warschau in der Saison 2016/17 die Qualifikation.

Investor erfüllt sein Versprechen

Zu diesem Zeitpunkt träumte man in Częstochowa noch kleiner. Raków spielte drittklassig und gab als Saisonziel den Aufstieg in die zweite Liga aus. Bis 2019 sollte die Mannschaft dann aber schon in der ersten Liga spielen und so den Jugendtraum des Klubbesitzers Michał Świerczewski erfüllen.

Der Unternehmer erlebte 1998 als Student den Abstieg seines Lieblingsvereins auf der Tribüne und nahm sich fest vor, Raków wieder nach oben zu führen. Dabei half, dass er nach seinem Studium eine der größten Einzelhandelsketten des Landes aufbaute. Dieses Jahr gehörte Świerczewski laut Forbes zu den 100 reichsten Polen, Raków gewann seit dem Erstligaaufstieg zweimal den polnischen Pokal und im vergangenen Mai die Meisterschaft.

Rakóws Rekordtransfer ist ein Deutscher

Rakóws Erfolge kann man trotzdem nicht ausschließlich auf Świerczewskis Millionen zurückführen. Im Vergleich zu Vereinen wie Legia und Lech Poznań ist das Budget weiterhin bescheiden. Rekordeinkauf John Yeboah, der zweite Deutsche im Kader, kostete nur 1,5 Millionen Euro Ablöse und kam von Śląsk Wrocław. Der ehemalige U-20-Nationalspieler konnte sich als Nachwuchsspieler unter Oliver Glasner beim VfL Wolfsburg nicht durchsetzen, in Polen fühlt er sich wohl: "Ich bin froh und dankbar, dass mir meine Trainer in Polen die Freiheit im Spiel erlauben", sagte er kürzlich im Interview mit "transfermarkt.de".

Junger Trainer

Sein Trainer bei Raków heißt Dawid Szwarga. Der 32-Jährige trainiert den polnischen Meister seit diesem Sommer, vorher war er der Assistent des langjährigen Erfolgstrainers Marek Papszun. Papszun bewarb sich 2016 über eine Internetanzeige beim damaligen Drittligisten aus Częstochowa und überzeugte Vereinsboss Świerczewski in einem Videocall, an dem auch in Sportpsychologe teilnahm, der den Bewerber einschätzen sollte. Nach der Meisterschaft im Frühjahr beendete er sein Engagement bei Raków. Szwarga bekam das Vertrauen der Vereinsspitze, weil ihm zugetraut wird, die erfolgreiche Arbeit seines Vorgängers fortzusetzen.