Fußball | Bundesliga Silas, der VfB und das Ende der Leichtigkeit

Stand: 25.02.2022 12:51 Uhr

Silas Katompa Mvumpa sollte dem VfB die Leichtigkeit zurückbringen, die ihm in dieser Saison abhanden gekommen ist. Seine Verletzung ist ein weiterer Rückschlag. Der VfB muss ohne ihn die Klasse halten.

Es ist ein Freitagabend Ende November und in der Stuttgarter Mercedes-Benz-Arena haben sich selbst jene VfB-Anhänger klatschend von ihren Sitzen erhoben, die ihres grämlichen Naturells wegen als "Bruddler" genannt werden. Mehr als 20.000 VfB-Fans also überschütten einen Spieler mit Beifall, der an diesem Abend bis dahin nicht mehr geleistet hat, als sich sein Trikot anzuziehen und seine Schnürsenkel zu binden. Denn er, Silas Katompa Mvumpa, hatte noch gar nicht gespielt.

Es war sein bloßes Dasein und das Zeichen, dass er gleich eingewechselt würde, das die Fans verzückte. Fünf Minuten spielte Silas, nachdem er zuvor acht Monate wegen eines Kreuzbandrisses ausgefallen war. Das Publikum feierte jeden seiner Ballkontakte, besang ihn mit Sprechchören. Der VfB, Sechzehnter, gewann 2:1 gegen Mainz nach drei Niederlagen in Folge - Silas war zurück und mit ihm die Hoffnung in Schwaben.

Silas fällt die gesamte Saison aus

Ziemlich genau drei Monate später sitzt Silas, 23 Jahre alt, auf dem Rasen der Stuttgarter Arena: schmerzverzerrtes Gesicht, die rechte Hand an der linken Schulter. Silas ist wieder verletzt. Beim 1:1 gegen den VfL Bochum hat ihn Danilo Soares angerempelt. Die Szene wirkte auf den ersten Blick eher harmlos, bis sich der Offensivspieler auf den Rasen setzte und schließlich ausgewechselt werden musste.

Es stellte sich heraus, dass sich der Kongolese mehrere Bänder in der Schulter gerissen hat. Er wurde operiert und fällt die gesamte Saison aus. Auf Instagram postete er, dass der Eingriff gut verlaufen sei. "Das Schwierigste hat jetzt begonnen und ich muss geduldig sein, aber mit der Zeit und Entschlossenheit werde ich es schaffen", schrieb er auf Französisch. Er fällt vier Monate aus.

Dem VfB fehlt die Leichtigkeit, die Silas auszeichnet

Silas war einer dieser Spieler, über die in einer schwierigen Saison eigentlich alle, die es mit dem VfB halten, immer wieder hoffnungsvoll und sehnsüchtig gesprochen hatten. Sportdirektor Sven Mislintat sagte nach der Diagnose: "Das ist eine extrem bittere Nachricht für Silas und den VfB. Silas war nach seinem Kreuzbandriss auf dem Weg zurück zu alter Stärke."

In der vergangenen Spielzeit hatte er elf Tore erzielt und fünf vorgelegt. Sein elftes Tor schoss er im Januar 2021 gegen Mainz. Er nahm sich den Ball am eigenen Strafraum, führte ihn 80 Meter eng am Fuß über den Platz, ließ mehrere Mainzer leichtfüßig stehen und zog gegen die Laufrichtung des Torhüters ab.

Silas strahlt auf dem Fußballfeld die Mühelosigkeit eines Kindes aus, das einfach drauflos spielt. Er stand gemeinsam mit Stürmer Sasa Kalajdzic, der in der Vorsaison 16 Tore erzielt hatte, für einen VfB Stuttgart, der, wie beim 5:1 in Dortmund, furiosen Fußball bot. Manchmal neigte Silas zu Kinkerlitzchen, etwa als er gegen Bremen vor dem leeren Tor stand und den Ball provokant langsam über die Linie schob, als stünde er auf einem Bolzplatz. Manche werteten das als respektlos. Silas entschuldigte sich.

Kreuzbandriss und falsche Identität: Silas turbulentes Jahr

Im März 2021 riss er sich das Kreuzband. Im Juni offenbarte er gemeinsam mit dem Klub, dass er zwei Jahre unter falscher Identität gespielt habe. Der Vereint erklärt, dass Silas Wamangituka, wie er bis dahin genannt wurde, Silas Katompa Mvumpa heißt. Auch das zunächst angegebene Geburtsdatum (6. Oktober 1999) sei falsch. Stattdessen sei er am 6. Oktober 1998 geboren. Dahinter stecken, so erzählte der VfB die Geschichte, die "Machenschaften seines ehemaligen Spielervermittlers", der an Silas habe verdienen wollen.

Silas ließ sich damals mit den Worten zitieren: "Ich habe in den letzten Jahren in ständiger Angst gelebt und mir auch um meine Familie im Kongo große Sorgen gemacht. Es war ein schwerer Schritt für mich, meine Geschichte zu offenbaren." Das Sportgericht des DFB verhängte neben einer Geldstrafe eine Sperre von drei Monaten. Silas musste wegen seiner Knieverletzung ohnehin pausieren.

Der VfB muss die Klasse ohne Silas halten

Bis er im November 2021 erstmals wieder für den VfB auflief. Von der Euphorie, die an jenem Freitagabend in der Mercedes-Benz-Arena von seiner Einwechslung ausging, ist im Februar 2022 wenig übrig. Der VfB, Tabellensiebzehnter, muss im Abstiegskampf ohne seinen Drauflos-Spieler auskommen. In vier Monaten wird er zurück sein, dann läuft die Vorbereitung auf die neue Saison. Silas wird dann, nimmt man seinen Kreuzbandriss hinzu, insgesamt ein Jahr ausgefallen sein. Beim VfB rechnet man nicht damit, dass Silas dadurch seine Freude am Spiel verliert. Abzuwarten bleibt allerdings, in welcher Liga er seine Fähigkeiten dann zeigen darf.