Borussia Dortmund bejubelt die Meisterschaft 1996. Auch die Schalker feiern über ihren 2:1 Sieg bei den Bayern. Oliver Kahn blickt derweil niedergeschlagen angesichts der verlorenen Meisterschaft.

Schützenhilfe für Borussia Dortmund Meistermacher Schalke 04 - eine Reminiszenz der alten Zeit?

Stand: 12.05.2023 21:37 Uhr

Lange war der BVB dem Meistertitel in der Fußball-Bundesliga nicht mehr so nah wie in diesem Jahr. Jetzt könnte ausgerechnet dem ungeliebten Ruhrpott-Rivalen Schalke 04 eine Schlüsselrolle im Titelkampf zukommen. Ganz neu ist diese Situation aber nicht. Bereits zweimal zuvor lieferten die "Königsblauen" Dortmund die entscheidende Schützenhilfe auf der Zielgeraden. Ein Blick zurück. 

Von Julius Ostendorf

Es müssen schon ganz besondere Umstände vorherrschen, wenn der Ton zwischen Dortmund und Gelsenkirchen plötzlich eher versöhnlicher als verhasster Natur ist. Doch genau das ist dieser Tage der Fall. Erst kürzlich stellte Thomas Westphal, amtierender Bürgermeister Dortmunds, der Schalker Mannschaft einen Eintrag ins Goldene Buch der Stadt in Aussicht. Kurz darauf meldete sich Karin Welge, die Oberbürgermeisterin Gelsenkirchens zu Wort. Auch sie würde sich über eine Einladung freuen. 

Hintergrund der Ruhrpott-internen Schmeicheleien ist der anstehende Bundesliga-Spieltag. Am Samstag (13.05. ab 15.30 Uhr) gastieren die "Königsblauen" nämlich ausgerechnet beim FC Bayern, dem derzeitigen Tabellenführer. Für die Verfolger des BVB Grund genug, die alten Gräben - wenigstens für ein Wochenende - hinter sich zu lassen und dem sonstigen Rivalen den Rücken zu stärken. 

Dabei wäre es nicht das erste Mal, dass ausgerechnet der FC Schalke 04 eine BVB-Meisterschaft auf den Weg bringen würde. Bereits beim Dortmunder Doppelerfolg in den 90er Jahren spielten die blau-weißen Nachbarn eine tragende Rolle.  

Werder Bremen und Mario Basler – das Team der Stunde

Wir springen zurück in die Saison 1994/95 – in eine Zeit als es nicht nur einen regen Titelkampf gab, sondern daran gleich auch noch mehrere Vereine beteiligt waren. Drei Spieltage vor Saisonende trennten die ersten fünf Klubs nur sechs Punkte voneinander. Weil damals aber noch die Zweipunkteregel galt, hatten praktisch nur die ersten zwei Teams eine realistische Chance auf die Schale: Tabellenführer Werder Bremen und Verfolger Borussia Dortmund. 

Die Norddeutschen hatten dem BVB die Spitzenposition erst wenige Wochen zuvor im direkten Duell (3:1) abgenommen. Nun ging es für Mario Basler und Co. erneut gegen einen Ruhrpott-Vertreter zur Sache: den FC Schalke 04. Aus Sicht der Grün-Weißen eine Pflichtaufgabe, hatten die im Niemandsland der Tabelle (10.) verorteten Gelsenkirchener doch schließlich nichts mehr zu gewinnen oder zu verlieren. 

Hilft Schalke dem BVB im Titelkampf?

Aktuelle Stunde, 08.05.2023 21:17 Uhr

Not macht erfinderisch – Möller als Doppelagent

Für die notwendige Prise Motivation sollte dann aber doch gesorgt werden. Ausgerechnet Andi Möller, seinerzeit Mittelfeldstratege im Auftrag Dortmunds, sollte im damaligen Schalker Parkstadion vorstellig werden. Noch vor Anpfiff der Partie ließ er sich inmitten einer Traube Schalker Fans fröhlich grinsend ablichten. Gute Miene zum blau-weißen Spiel sozusagen. Ob es nun der überraschende Fototermin Möllers war oder doch der zunehmende Titelbammel der Bremer – es dauerte gerade einmal eine knappe Stunde, da war S04 schon mit 4:0 in Front und das Spiel (4:2 nach 90 Minuten) entschieden. 

BVB-Spieler Andreas Möller präsentiert sich beim Fototermin zusammen mit jungen Schalke-Fans.

Im "feindlichen" Lager unterwegs: BVB-Spieler Andreas Möller (Mitte) umgeben von jungen Schalker Fans.

Weil der BVB parallel gegen Mönchengladbach nicht über ein 1:1 hinauskam, sollte das Zuspiel des Rivalen zwar weitestgehend ungenutzt bleiben – unnütz war es aber dennoch nicht. Am letzten Spieltag patzten die Bremer noch einmal, diesmal bei den Bayern (1:3). Nun aber war Dortmund zur Stelle, zog – auch wegen der Schalker Vorarbeit - vorbei und holte die erste Meisterschaft seit der Bundesliga-Gründung 32 Jahre zuvor in den Pott. 

Noch nicht am Ende – die Kooperation geht weiter

Die Dortmunder Erfolgsgeschichte sollte da allerdings noch nicht am Ende sein. Auch in der darauffolgenden Spielzeit 1995/96 erspielten sich Matthias Sammer, Michael Zorc und Co. eine Chance auf den Bundesliga-Titel. Erneut war es niemand Geringeres als der FC Schalke 04, der die entscheidende Schützenhilfe lieferte. 

Bis zum 33. Spieltag der Saison hatte sich der BVB als Spitzenreiter ein Polster von drei Punkten (die Dreipunkteära hatte inzwischen begonnen) erarbeitet. Anders als im Vorjahr kam der große Titelkonkurrent diesmal jedoch nicht aus dem Norden, sondern ganz aus dem Süden: Der FC Bayern war zurück auf der großen Bundesliga-Bühne. 

Ruhe macht den Meister

Als wäre die Saison nach einem Drehbuch konzipiert worden, sollten die Münchener am vorletzten Spieltag tatsächlich bei den Schalkern gastieren. Die Mannschaft, die in der Vorsaison den BVB auf Meisterkurs gebracht hatte, konnte gleiches noch einmal tun. Und so kam es auch. Die von Ex-Bayer Olaf Thon angetriebenen "Knappen" gewannen das Duell gegen den (bereits damaligen) Rekordmeister mit 2:1 und krönten den BVB zum zweiten Mal nacheinander zum Bundesligaprimus. 

Für Bayern-Torwart Kahn war die Niederlage nur eine logische Konsequenz all der Quälereien im Verein. "Wir hatten so viele Probleme und so viel Zirkus. Da ist es eigentlich fast normal, dass du nicht Meister wirst", sagte der damals 26-Jährige im Nachgang der Partie. Ob er das heute wohl nochmal so sagen würde?