Der Deutschland-Achter in Aktion

Deutschland-Achter Mit neuem Boot und Personal zu alten Erfolgen

Stand: 05.08.2022 11:09 Uhr

Der personelle Umbruch im Deutschland-Achter läuft stockend. Bei der EM in München strebt das Team trotzdem eine Medaille an - und das in einem neuen Boot.

Nächste Hiobsbotschaft für den Deutschland-Achter: Das Paradeboot des Deutschen Ruderverbandes (DRV) muss für die Ruder-EM in München ohne Schlagmann Mattes Schönherr planen. Die vor etwa zehn Tagen entstandene Rippenentzündung beim 22 Jahre alten Potsdamer lässt einen Einsatz von Schönherr nicht zu und macht eine erneute Umbesetzung der Crew für die Regatta vom 11. bis 14. August auf der 1972er Olympiastrecke von Oberschleißheim erforderlich.

"Das ist jetzt fast das i-Tüpfelchen. Es ist leider eine Linie, die sich durchzieht, wir hatten in dieser Saison viele Ausfälle und Verletzungen", erklärt Uwe Bender, der Bundestrainer des Deutschland-Achters, gegenüber der Sportschau. "In diesem Fall ist es sogar eine schwerwiegende Verletzung, wo wir das Risiko nicht eingehen können, Mattes (Schönherr, Anm. d Red.) bei der EM starten zu lassen. Wir hoffen, dass wir das in den Griff bekommen und er bei der WM später im Jahr wieder dabei ist."

Personalprobleme beim Umbruch

Schönherr stand die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben, nachdem definitiv klar war, dass er bei der Heim-EM nicht am Start sein kann. "Die Enttäuschung ist groß. Das ist eine Heim-EM, ein großes Event, es sind viele Zuschauer da, das wäre die erste große Regatta für mich gewesen, deshalb ist es besonders schade, dass ich nicht dabei sein kann. Das Team nicht unterstützen zu können tut schon weh."

Die anhaltenden Personalprobleme beim Neuaufbau setzen sich bei der stark veränderten und verjüngten Crew also fort. Der erfahrene Torben Johannesen (Hamburg), der seit 2017 im Paradeboot der Deutschen Ruderverbandes sitzt, rückt für Schönherr auf die Schlagmann-Position. Neu im Team ist der Münchner Tom Tewes.

Heimrennen für Tom Tewes

"Jeder Umbruch macht sich am Anfang bemerkbar, weil jeder Sportler, der vorher die 2.000 Kilometer nicht mitgerudert ist, ist erst einmal 'böse gesagt' ein Fremdkörper. Der muss sich erst einmal einfinden in dieses Zahnrad-System, Tom (Tewes, Anm. d. Red.) macht das sehr gut, aber man merkt, er braucht noch seine Kilometer", sagt Torben Johannesen gegenüber der Sportschau. Der Ersatzmann wäre normalerweise im Zweier in München an den Start gegangen.

Dass Tewes jetzt im Deutschlandachter sitzen darf, ist für den gebürtigen Münchner der vorläufige Höhepunkt seiner jungen Ruderkarriere: "München ist meine Heimatstadt. Ich habe da Rudern gelernt, ich war schon unglaublich viel auf der Regattastrecke dort unterwegs. Deshalb freut es mich besonders, meine Familie und meine Freunde sind da, mein Verein (RuderClub München, Anm. d. Red.) wird da sein und mich unterstützen. Das wird ein tolles Erlebnis für mich sein", erzählt der mit 21 Jahren jüngste Ruderer im Achter.

Neues Gefühl im neuen Boot

Rechtzeitig zum ersten Höhepunkt der Saison haben die Ruderer vom Stützpunkt in Dortmund ein neues Boot gekauft, nachdem einige Monate ein Testträger ausgiebig erprobt worden ist. Das sogenannte Modell X88 ist ein von Grund auf neu konzipiertes Boot und löst die seit über 25 Jahren benutzte Form des Achters ab. Der Rumpf ist 23 cm kürzer als zuvor (17,63 m zu 17,40 m), Bug und Heck sind etwas kantiger, die Wasserlinie dadurch länger.

Das ist das neue Boot

Sportschau

Die maximale Breite und Tiefe im Wasser sind durch die veränderte Form geringer als zuvor. Der Effekt: Das Boot liegt stabiler im Wasser und entwickelt ein anderes Beschleunigungsgefühl. "Es gibt weniger Auf und Ab in Heck und Bug, dafür ist die Seitenstabilität etwas empfindlicher. Anfangs hatten wir Probleme mit dem neuen Riss, es ist ein anderes Laufverhalten, aber jetzt haben wir es im Griff. Wir sind zufrieden mit dem neuen Modell", verrät Bundestrainer Uwe Bender. "Wir hoffen, dass der Achter in seiner neuen Form noch schneller ist." Das ist den Ruderern in dieser "Umbruch-Saison" zu wünschen.

Großbritannien ist Topfavorit

Nach einer fast zehnjährigen Dominanz auf europäischer Bühne reichte es im vergangenen Jahr nur zu Rang 4 bei der Europameisterschaft in Italien auf dem Lago di Varese.

Hinter den Booten aus Großbritannien und Australien mit Rang 3 beim Weltcup-Finale Mitte Juli in Luzern startet das DRV-Team in München als Jäger, nimmt aber einen Podestplatz ins Visier. Als großer Favorit gehen die Briten ins Rennen, die auf dem Rotsee mit einem komfortablen Vorsprung von über fünf Sekunden vor dem deutschen Achter ins Ziel gekommen waren.

Medaille als Ziel

"Wir versuchen unsere bestmögliche Leistung abzuliefern und soweit es geht nach vorne zu kommen", erläutert Jonas Wiesen, der neue Steuermann im Deutschlandachter. "Insgesamt haben wir dieses Jahr mit sehr vielen Herausforderungen gekämpft, aber alle Jungs sind gut auf die Aufgabe vorbereitet. Die erneute Umbesetzung ist eine neue Herausforderung, aber das ändert nichts an unserer Zielstellung, eine Medaille gewinnen zu wollen."

Neben dem DRV und den Briten haben die Niederlande, Rumänien und Italien für die EM gemeldet, die im Rahmen der European Championships vom 11. bis 21. August mit mehreren Sportarten in München stattfindet.