European Championships: Klettern am Münchner Königsplatz

Klettern bei den European Championships Faszination und Frust an Münchens großen Wänden

Stand: 13.08.2022 20:48 Uhr

Janja Garnbret und Nicolai Uznik feiern ihre Europameister-Titel im Klettern - und das Publikum am Münchner Königsplatz. An einem außergewöhnlichen Kletter-Ort bei den European Championships sind die Fans die heimlichen Stars.

Von Johannes Kirchmeier, München

Es waren die einladenden und eindringlichen Techno-Klänge einerseits, es waren aber andererseits natürlich vor allem die Leistungen der Sportlerinnen und Sportler an den bis zu 15 Meter hohen Kletterwänden, die bei den ersten Medaillenentscheidungen der Kletter-EM immer wieder mächtigen Jubel am Königsplatz aufbranden ließen. Man spürte schier, welche Faszination sich da bei der neu ins Programm der European Championships gerückten Sportart nach Höchstleistungen verbreiten kann.

Auf beiden Seiten der Bühne wohlgemerkt: "München ist super", sagte die frisch gekürte Lead-Europameisterin Janja Garnbret am Samstag (13.08.2022). Schon in der Qualifikation der Multi-EM habe sie sich wegen der Stimmung wie im Finale gefühlt. Und dann legten die Zuschauer bei den ersten Kletter-Finals im Lead (Frauen) und Bouldern (Männer) noch eine Scheibe drauf. "Es ist genial. Vor so einem Publikum durfte ich noch nie klettern", sagte Hannah Meul aus Frechen. Man sah ihr diese Freude noch eine Stunde nach ihrem Einsatz an der Wand an.

Janja Garnbret und Nicolai Uznik siegen - DAV-Sportchef enttäuscht

Die Fans beim Kletter-Venue am Münchner Königsplatz bleiben so ein wenig die Stimmungskanonen dieser EM. Olympiasiegerin Garnbret aus Slowenien setzte sich dort im Lead am Ende vor Jessica Pilz (Österreich) und der Französin Manon Hily durch. Meul wurde Siebte. "Ich bin komplett zufrieden", sagte die 21-Jährige: "Dass Klettern so eine Bühne bekommt, ist mega."

Bei den Männern triumphierte der Österreicher Nicolai Uznik im Bouldern etwas überraschend vor Sam Avezou (Frankreich) und Adam Ondra (Tschechien), alle drei winkten zum Dank ins Publikum. Die drei Kletterer des Deutschen Alpenvereins (DAV), Yannick Flohé, Alexander Megos und Christoph Schwaiger, scheiterten bereits im Halbfinale.

An diesem Tag waren in München große Wände zu hoch für die Deutschen, die erhoffte erste Medaille blieb ihnen verwehrt. Für Martin Veith, DAV-Sportdirektor, war das Abschneiden deshalb "schon eine kleine Enttäuschung, vor allem, weil es beim Saisonhöhepunkt passiert".

Nächste Medaillenchancen für Megos, Meul und Flohé am Sonntag

Immerhin: Megos hat in seiner stärkeren Disziplin Lead am Sonntag wie Flohé aber noch große Chancen auf EM-Edelmetall. Und Meul wiederum startet am Sonntag im Boulder, ihrer Sahnedisziplin.

Lackmus-Test für Olympia-Bewerbung

Die Publikums-Resonanz beim Klettern sorgt für Freude bei den Veranstaltern. Diese European Championships sollen ja nicht einfach nur in der bayerischen Landeshauptstadt bis 21. August durchgeführt werden, sondern sie dienen nicht mal mehr insgeheim auch einem höheren Zweck: als zwar lokal beschränkter, aber im besten Falle auch bundesweit repräsentativer Lackmus-Test, ob die Bevölkerung noch Freude bei Großevents "bis hin zu Olympischen Spielen" (Olympiapark-Geschäftsführerin Marion Schöne) zu verspüren vermag.

Zumindest an den ersten drei Wettkampftagen bemerkte man: Das Publikum und dessen Interesse sowie Begeisterung fernab des oftmals dominierenden Fußballs wären da.

Ob eine erfolgreiche Multi-EM gleichzeitig die Skepsis an einem IOC-Event verfliegen lässt, ist natürlich eine andere Frage, die sich Schöne und andere Funktionäre im zweiten Schritt noch stellen müssten. Der Bratwurststand direkt hinter dem Venue, der für meterlange Schlangen und freudige Gesichter sorgte, müsste dann schließlich auch einem IOC-Großsponsor weichen. Andere Vorzeichen eben.

Sommer-Wetter hilft den European Championships

Die Kletter-Entscheidungen der European Championships waren am Samstag jedenfalls ausverkauft, nur einschränkend bleibt zu ergänzen: auch, weil München gerade wie das gesamte Land einen Sommer draußen und ohne Regen erlebt. Beim Fußball-Sommermärchen vor 16 Jahren wollte der DFB die Welt zu Gast bei Freunden haben, hier hat man nun immerhin Europa zu Gast in der Stadt München.

Freundlich geht es dort durchaus zu. Janja Garnbret, Nicolai Uznik oder Adam Ondra wurden mindestens so laut angefeuert wie Hannah Meul oder Alexander Megos - gerade wegen ihrer beispiellosen Höhenflüge an den Wänden, weitestgehend bewältigten sie diese ja mit dem Rücken zum Boden. Immer wieder schallten ihnen laute "Aaahhhs" und "Ooohhhs" entgegen. "Das erste Großereignis, hier in München, vor so einem Publikum: unglaublich", fasste der 22-jährige Uznik zusammen. So ganz konnte er seinen Coup noch gar nicht glauben.