Niklas Kaul realisiert seinen EM-Sieg im Zehnkampf

European Championships Gold! Kaul entreißt Ehammer noch den EM-Titel

Stand: 16.08.2022 23:37 Uhr

Niklas Kaul hat die Sensation geschafft und dem lange führenden Simon Ehammer aus der Schweiz noch den EM-Titel im Zehnkampf entrissen.

Der Schweizer Simon Ehammer gegen den Deutschen Niklas Kaul - so schien das Fernduell im EM-Zehnkampf in München seit dem Moment zu lauten, da der französische Topfavorit Kevin Mayer früh am ersten Tag wegen einer Verletzung aufgeben musste.

Von einem Fernduell musste man deshalb sprechen, weil Ehammer und Kaul so grundverschiedene Wettkampftypen sind. Während der Schweizer quasi alle seine Stärken am ersten Tag hat, kommt Kaul immer erst am zweiten Tag so richtig in Schwung.

Ehammer glänzt am ersten Tag

So eben auch diesmal: Ehammer legte am ersten Tag unter anderem mit einem sensationellen Weitsprung (8,31 Meter) und tollem Hochsprung (2,08 Meter) große Punktzahlen hin, während Kaul im Rahmen seiner Möglichkeiten - aber eben weit dahinter blieb.

Kaul machte sich zu Beginn des zweiten Tages also wie gewohnt auf zur Aufholjagd. Der Ex-Weltmeister aus Mainz legte über die 110 m Hürden mit 14,45 Sekunden eine ordentliche Leistung hin, der 24-Jährige lag nach acht Disziplinen mit 6.682 Punkten schon einmal auf Platz sieben. In Führung lag weiter Simon Ehammer (7.202), Kai Kazmirek war Fünfter (6.757).

Niklas Kaul realisiert seinen EM-Sieg im Zehnkampf

Am Schluss ganz vorn: Niklas Kaul

Speerwurf - Sensationeller Kaul holt auf

Die Situation spitzte sich dann in der vorletzten Disziplin - dem Speerwerfen - zu: Während Ehammer zum ersten Mal überhaupt ein wenig schwächelte und lediglich gut 53 Meter weit warf, schleuderte Kaul den Speer gleich in seinem ersten Versuch auf 70,98 Meter. Plötzlich war Ehammer wieder in Reichweite.

Und damit nicht genug: In seinem dritten Versuch katapultierte der extrem fokussiert wirkende Kaul den Speer auf schier unfassbare 76,05 Meter.

1.500 Meter - ein Triumphlauf

Im abschließenden 1.500-Meter-Lauf schaffte Kaul dann sein Meisterwerk: Mit dem Schuss der Startpistole stürmte er vorneweg und hielt unter dem Jubel des stimmungsvollen Olympiastadions das Tempo hoch. In persönlicher Bestzeit von 4:10,04 Minuten raste er über die Ziellinie.

Ehammer hatte keine Chance. 27 Sekunden Vorsprung hatte er umgerechnet vor dem Lauf Vorsprung auf Kaul - das reichte nicht. Am Ende war er 38 Sekunden langsamer. Kauls 8.545 Gesamtpunkte waren am Ende 77 Zähler mehr als die 8.468 von Ehammer.

Drama um Abele

Die Zehnkampf-Karriere von Arthur Abele schien derweil in einem kleinen Drama zu enden: Der Titelverteidiger wurde zunächst wegen eines Fehlstarts über die 110 Meter Hürden disqualifiziert. Zuvor hatte bereits der in Führung liegende Schweizer Simon Ehammer einen Fehlstart hingelegt und war verwarnt worden.

Einsames Rennen über die Hürden

Der Deutsche Leichtathletik-Verband legte daraufhin Protest gegen die Entscheidung ein. Mit Erfolg - Abele durfte das Hürdenrennen doch bestreiten. Gegen 11.30 Uhr lief er ganz alleine unter dem Jubel des Münchner Publikums über die Hürden.

"Das war emotional die komplette Zerstörung. Ich habe den zweiten Diskus nur noch aus dem Stütz gemacht, weil ich dann gedanklich schon wieder bei den Hürden war", erklärte er am Sportschau-Mikrofon.