Anti-Dopingexperte Werner Franke

Kämpfer gegen Sportbetrug Dopingexperte Werner Franke verstorben

Stand: 15.11.2022 18:24 Uhr

Werner Franke, renommierter Dopingforscher und Aufklärer von Sportbetrug, ist im Alter von 82 Jahren verstorben.

Wie Frankes Sohn Ulrich der Deutschen Presse-Agentur am Dienstag (15.11.2022) bestätigte, ist der Anti-Doping-Pionier am Montagabend im Alter von 82 Jahren an einer Hirnblutung gestorben.

Aufklärer von Sportbetrug: "Ich bin ein Getriebener"

Der Heidelberger Zellbiologe war ein kompromissloser Aufklärer des Sportbetruges in der ehemaligen DDR und - nach dem Mauerfall - im vereinten Deutschland. Franke hatte maßgeblich zur Aufdeckung des staatlichen Dopings in der DDR beigetragen, er gehörte zu den Mitbegründern des Vereins Doping-Opfer-Hilfe (DOH). 2014 hatte er die Heidi-Krieger-Medaille des DOH-Vereins für seine Doping-Aufklärungsarbeit bekommen.

"Ich bin ein Getriebener und werde es immer bleiben", nannte er einst den Grund für seinen unerbittlichen Aufklärungsdrang und seine unermüdliche Angriffslust. "Ich bin ganz klar Aufklärer für die Öffentlichkeit und ein Feind der Missbraucher."

Der weltweit bekannte Wissenschaftler und Forscher bot mehr als sein halbes Leben lang mit großem Sachverstand den Dopern die Stirn. Bis zum Lebensende hatte er nichts von seiner Haudrauf-Mentalität verloren. "Ich verachte nach wie vor den deutschen Sport", sagte der gebürtige Paderborner anlässlich seines 80. Geburtstages. 

Systematisches Staatsdoping in der DDR aufgedeckt

Franke deckte mit seiner Frau Brigitte Berendonk das systematische Staatsdoping in der DDR auf. Nach dem Mauerfall fand er mit ihr in der Militärmedizinischen Akademie Bad Saarow geheime Unterlagen. Das daraus entstandene und 1991 veröffentlichte Buch "Doping-Dokumente - Von der Forschung zum Betrug" sorgte weltweit für Aufsehen.

Auch als Reaktion auf das Buch, in dem viele in das DDR-Doping verstrickte Athleten, Trainer und Funktionäre mit Namen, Dosierungen und Anweisungen genannt werden, führte Franke rund 100 Prozesse. "Alle wurden im Wesentlichen gewonnen. Und man konnte damit Dinge öffentlich machen", betonte er unermüdlich. Für ihn war aber auch klar: "Es gab auch im Westen ein System."

Kampf gegen Doping und Unterstützer im Radsport

So prangerte Franke die Doping-Unterstützung von Radsportlern durch die Freiburger Sportmedizin an und wurde von Jan Ullrich verklagt. Er hatte behauptet, dass das einstige Rad-Idol gegen Geld verbotene Dienste beim spanischen Arzt Eufemiano Fuentes in Anspruch genommen habe. Nach vier Jahren gewann Franke den Prozess.

Lautstark meldete er sich weiter zu Wort - auch mit Kritik gegen lange Weggefährten des Vereins Doping-Opfer-Hilfe, deren Mitbegründer er war. Franke warf ihnen vor, Opferzahlen nach oben zu treiben und unwissenschaftlich vorzugehen. Außerdem fand er Doping-Kontrollen eher unsinnig - oder wie er es ausdrückte: "Pillepalle". Sei es die Welt-Anti-Doping-Agentur oder die nationale Agentur, für ihn waren sie nicht unabhängig genug. 

Brigitte Berendonk als Weggefährtin im Kampf gegen Doping

Dass die Einnahme von zu DDR-Zeiten und auch später verbotenen Mitteln wie Anabolika in den 2000er-Jahren geringer wurde, schrieb Franke auch sich und seinem Widerstand gegen die Betrüger auf die Fahne: "Die körperverletzenden Mittel sind weniger geworden."  Insofern sei das Dopen schonender, "sodass es keine bizarren Wesen" mehr gebe, auf die ihn Brigitte Berendonk nach ihrer Teilnahme an den Olympischen Spielen 1968 aufmerksam gemacht hatte. Nachdem ihr die tiefen Stimmen und der ungewöhnliche Haarwuchs von Sportlerinnen aufgefallen war, hatte sie ihren Mann gefragt: "Und was macht die Wissenschaft dagegen?

Die Doper haben ihn gehasst, Funktionäre mussten ihn fürchten - doch in der Anti-Doping-Szene wurde sein profundes Wissen geschätzt. "Leiser bin ich nicht geworden. Es hat keinen Zweck, man muss proletarisch direkt reden, um gehört zu werden." Das war Frankes Credo bis ins hohe Alter. Hinter der kräftigen Rhetorik steckte zudem ein brillanter Verstand, dem nicht viele etwas entgegenzusetzen hatten. "Ich blicke mehr durch, das ist nicht unbedingt weiser", resümierte Franke einmal seinen langen Kampf gegen Doping. Der hat nun ein Ende gefunden.