Der deutsche Darts-Profi Gabriel Clemens beim Einlaufen zum Halbfinale der Darts-WM gegen Michael Smith

Nach erfolgreicher WM Der schwierige Weg zum Dartsprofi

Stand: 05.01.2023 19:27 Uhr

Die Halbfinal-Teilnahme von Gabriel Clemens bei der Darts-WM könnte in Deutschland einen Boom auslösen. Das System der Profiorganisation ist aber gar nicht darauf ausgelegt, dass eine breite Masse mit den fliegenden Pfeilen ihr Geld verdient.

Von Kevin Barth

Wer sich durch den Erfolg von Gabriel Clemens zum ersten Mal mit dem Dartssport beschäftigt hat, dem werden vielleicht drei Buchstaben aufgefallen sein: PDC. Diese Abkürzung steht für Professional Darts Corporation, das ist der Veranstalter aller Profiturniere. Eine Organisation, die sich vor 30 Jahren gegründet hat. Dadurch sollten größere finanzielle Möglichkeiten für die Spieler entstehen.

Auch mit Unterstützung des Promoters Berry Hearn hat das geklappt. Darts ist heute eine globale Trendsportart. Die PDC ist aber nicht der Darts-Weltverband. Es ist eine Firma, die komplett auf Profit ausgerichtet ist und nicht auf das Wohl der großen Masse schaut.

Nur 128 Profis

Für die Profitour gibt es nur 128 Plätze. Diese Spieler sind berechtigt, an allen Turnieren im Jahr teilzunehmen. Ein System, das für den PDC-Vorsitzenden Matt Porter wohl durchdacht ist: "Wir wissen, dass im Moment noch nicht einmal diese 128 genug Geld mit dem Dartssport verdienen. Wenn wir jetzt mehr Profis zulassen, würden wir nur die Zahl derjenigen anheben, die nicht davon leben können."

Porter schätzt, dass aktuell etwa die Hälfte der 128 Spieler ihren Lebensunterhalt mit den fliegenden Pfeilen finanzieren kann. Die Preisgeldstruktur begünstigt allerdings auch die Topspieler. Im vergangenen Jahr wurden rund 15 Millionen Euro ausgespielt. Alleine rund 15 Prozent kassierten die Sieger der großen Turniere.

Kampf um das goldene Ticket

Einmal im Jahr besteht für jeden Menschen die Möglichkeit, auf die Profitour zu kommen. In der Qualifying-School werden über mehrere Tage Plätze dafür ausgespielt, sogenannte Tourkarten. Die sind zunächst zwei Jahre gültig. Solange ist Zeit, um mit diesem goldenen Ticket unter die ersten 64 in der Weltrangliste zu kommen. Gelingt das nicht, ist die Tourkarte wieder weg.

In der kommenden Woche findet die Qualifying-School für 2023 statt. Gespielt wird zeitgleich in England und Deutschland. Der deutsche Austragungsort ist Kalkar an der niederländischen Grenze. In diesem Jahr werden insgesamt 27 Tourkarten ausgespielt. Zwischen zehn und 13 dürften es in Deutschland sein, je nach Teilnehmeranzahl.

Im vergangenen Jahr gingen bei der deutschen Qualifying-School fast 300 Spielerinnen und Spieler an den Start, gemeinsam mit England waren es über 600. Weil diesmal die Corona-Regeln vor Ort wegfallen, wird noch einmal mit einer Steigerung gerechnet. Um dort durchzukommen, braucht es neben spielerischem Können auch eine Portion Glück.

Von prominent bis Hobbyspieler

Die Spielstärke der Teilnehmenden reicht von Spitzenklasse bis Hobbyniveau. Auch prominente Darts-Namen müssen den Gang zur Qualifying-School antreten. Aus deutscher Sicht fällt da vor allem Max Hopp auf. Der ehemalige EM-Halbfinalist ist zum Ende der Saison aus den Top 64 gefallen und hat deshalb seine Spielberechtigung verloren. Auch die Engländerin Fallon Sherrock, die als bislang einzige Frau WM-Spiele gegen Männer gewonnen hat, kämpft seit Jahren um eine Tourkarte.

Generell gibt es viele, die schon länger auf dem Sprung vom ambitionierten Halbprofi zur Tourkarte stehen. Aus Deutschland ist da zum Beispiel Lukas Wenig zu nennen. Er will sich in der kommenden Woche den Traum vom Profi endlich erfüllen.

Im vergangenen Jahr nutzte Wenig alle Möglichkeiten, die ohne Profistatus noch bleiben. Er spielte offene Qualifikationsturniere und war auf der zweitklassigen Challenge-Tour unterwegs. Die findet hauptsächlich in England statt und auch darüber bekommen die besten zwei des Jahres eine Tourkarte. Finanziell ist sie aber eher ein Minusgeschäft.

Nicht jeder geht ins Risiko

Wenn Wenig der Sprung auf die Profitour gelingt, würde er aber nicht sofort sein ganzes Leben auf den Dartssport ausrichten. "Ich könnte auf keinen Fall aufhören zu arbeiten. Dafür bin ich bei weitem nicht genug abgesichert. Alles auf eine Karte zu setzen, ist in der heutigen Zeit glaube ich auch nicht für jeden machbar."

Die Statistik gibt ihm recht: In den vergangenen fünf Jahren haben sich acht Deutsche eine Tourkarte gesichert. Vier haben sie wieder verloren. Sie konnten aus beruflichen oder finanziellen Gründen nicht genügend Turniere spielen.