Basketball | NBA NBA - Lakers vor einem Scherbenhaufen

Stand: 04.04.2022 10:45 Uhr

Die Los Angeles Lakers werden die Playoffs in den NBA wohl verpassen. Ein bemerkenswerter Absturz des prominent besetzten Titelkandidaten.

Draymond Green kündigte vor kurzem einen Tag Sonderurlaub an. LeBron James, Liga-Superstar und seit Jahren mit Green befreundet, hatte da gerade Karl Malone überholt und Platz zwei der ewigen Scorerliste der NBA erobert. 1.325 Punkte fehlen James noch, um die Bestmarke von Kareem Abdul-Jabbar zu erreichen.

Viele Experten rechnen damit, dass der 37-Jährige dies auch schaffen wird. Wenn es soweit ist, so kündigte sein Kumpel Green jetzt schon bei ESPN an, werde er leider nicht für die Warriors auflaufen können. Sondern zum Lakers-Spiel gehen, um live dabei zu sein, wenn James sich zum besten Scorer der Geschichte kürt.

Diese in den US-Medien viel erzählte Anekdote zeigt, dass es bei den Lakers seit Wochen eigentlich nur noch um ein Thema geht: die Jagd ihres Anführers nach dem Titel des "All-Time Leader" in der NBA-Scorerliste.

LeBron James - Spielen für die "Legacy"

Auch James erweckte auf dem Parkett zwischendurch den Eindruck, dass er vor allem seine historische Bilanz im Blick hat, seine "Legacy", die im US-Sport eine besondere Rolle spielt.

Der Lakers-Anführer legte auch in dieser Saison im Schnitt mehr als 30 Punkte auf. Wenn er denn spielte. Beim vorletzten Heimspiel des Rekordmeisters in der NBA-Hauptrunde saß der 37 Jahre alte Superstar einmal mehr in Jeans und Kapuzenpulli am Spielfeldrand, eine Knöchelverletzung zwang ihn zum Aussetzen.

Doch selbst wenn James beim 118:129 gegen die Denver Nuggets am Sonntag hätte mitspielen können - am Ende dieser Pleiten-, Pech- und Pannen-Saison des Glitzer-Clubs hätte sich ziemlich sicher nichts verändert: Wenn es in den Playoffs zur Sache geht, ist der Rekordmeister wohl nicht dabei. Und der wichtigste Basketballer der Liga auch nicht.

Drei Siege Rückstand auf Spurs - Playoffs wohl gelaufen

Vier Spiele vor dem Ende der regulären Saison liegen die Lakers auf Platz elf, zwei Spiele hinter den San Antonio Spurs. Um die Spurs noch zu überholen und wenigstens Rang zehn zu erreichen, mit dem die Lakers am Play-In teilnehmen dürften, müssen sie sogar drei Siege mehr einfahren als die Texaner, die im direkten Vergleich die Nase vorn haben.

Weil die Spurs am Sonntag gegen die Portland Trail Blazers gewannen, ist die Situation sogar schlechter als am Freitag, als nur zwei Siege aufgeholt werden mussten. Und schon da sagte James nach der Niederlage gegen die New Orleans Pelicans: "Das Gesamtbild ist, dass das so ziemlich ein Pflichtsieg für uns war - und wir haben den Job nicht erledigt bekommen."

Im Prinzip ist allen klar, dass diese Saison gelaufen ist. Noch teilen sich die Lakers und die Boston Celtics mit je 17 Titeln die Bezeichnung Rekordmeister in der NBA. Doch statt des Teams, das Show und Sport einst zusammenführte und das sich mehr als alle anderen Mannschaften der Liga über Erfolg und Siege definiert, sind die Celtics womöglich bald das erfolgreichste Team der Liga-Geschichte - die Mannschaft um Nationalspieler Daniel Theis steht in der Eastern Conference auf Rang zwei und hat 13 der vergangenen 16 Spiele gewonnen. Die Ausbeute der Lakers im gleichen Zeitraum? Vier Siege. Zwölf Niederlagen.

Anthony, Davis, Westbrook - Allstar-Team neben James

Dabei waren die Lakers vor der Saison so zuversichtlich - der Kader klang schließlich wie der eines All-Star-Spiels. LeBron James und Anthony Davis waren schon da, dazu kamen Carmelo Anthony und, als vermeintlich wichtigster Neuzugang, Russell Westbrook. Was man Dennis Schröder nach seiner einzigen Saison im Trikot der Lakers nicht zutraute, sollte Westbrook nun sein - der Motor einer gut laufenden Offensiv-Maschine. "Auf dem Papier sehen wir richtig gut aus", sagte Davis nun nach der Pleite gegen die Nuggets. "Aber wir hatten keine Chance, das zu zeigen."

Verletztenmisere überschattete Lakers-Saison

78 Spiele haben die Lakers hinter sich. 39-mal gab es eine neue Startaufstellung. James, Davis und Westbrook zusammen? Sahen die Fans lediglich 21-mal. Mal war Davis verletzt, mal James, mal beide. Davis ist seit zwei Spielen wieder dabei, James aber gerade nicht. "Was hätten wir sein können, wenn wir alle gesund gewesen wären?", fragte Davis am Sonntag in die Runde der Journalisten.

Die vielen Verletzungen sind sicher der Hauptgrund für den krassen Abstieg vom Titelkandidaten zum Mittelklasse-Team. Als alleinige Erklärung taugen sie dagegen nicht - zu viele Fehler der gesunden Spieler wurden gemacht, zu viele Siege leichtfertig aus der Hand gegeben. Und Westbrook ist bei weitem nicht der Leistungsträger, den man in ihm sehen wollte.

Vier Spiele Hoffnung für LeBron James und Co.

Vier Spiele Hoffnung gibt es nun noch. Am Dienstag bei den Phoenix Suns, dem besten Team der Liga. Danach bei den Golden State Warriors, die zwar noch auf Stephen Curry verzichten müssen, aber ihre Mini-Krise mit nun zwei Siegen in Serie dennoch überwunden haben. Dann kommen die Oklahoma City Thunder zum letzten Heimspiel der Hauptrunde. Am 10. April schließlich: Wieder die Nuggets.

Sollte James in mindestens zwei Spielen auflaufen und damit 70 Prozent der Saison erreichen, hat er zumindest noch die Chance auf einen persönlichen Titel: den als Topscorer der Liga. Es wäre das zweite Mal in seiner Karriere - aber angesichts der Gesamtsituation nur ein ganz, ganz schwacher Trost.