Chris Sengfelder beim Wurf im Trikot der Nationalmannschaft

Basketballer in der WM-Qualifikation Auf der Suche nach der EM-Euphorie

Stand: 10.11.2022 14:28 Uhr

Deutschlands Basketballer treten in der WM-Qualifikation an. Erstmals seit dem Gewinn von EM-Bronze und ohne die Spieler aus NBA und Euroleague. Von der Euphorie des EM-Sommers ist nur noch wenig zu spüren.

Es waren tolle Basketballtage bei der EM im Spätsommer in Köln und Berlin. Vor allem in Köln herrschte Volksfeststimmung mit ausverkaufter Arena und Tausenden Fans aus Litauen, Slowenien und Bosnien. Auch sportlich war die Heim-EM ein Erfolg: Die Auswahl des Deutschen Basketball-Bundes (DBB) gewann Bronze, die erste Medaille seit 2005. Sie begeisterte mit Siegen gegen Favoriten wie Frankreich oder Griechenland und mit jungen, vielversprechenden Spielern wie Franz Wagner.

Nationalspieler bei Berlin gegen München - und nicht beim DBB-Team

Nach dem Erfolg bei der EM stehen nun wieder die ersten Länderspiele für das Team von Bundestrainer Gordon Herbert auf dem Programm: zwei Spiele in der WM-Qualifikation gegen Finnland am Freitag (11.11.2022) und in Slowenien am Montag.

Es kommt auch zu einem Wiedersehen der Nationalspieler - allerdings nicht bei der Nationalmannschaft in Bamberg, sondern in Berlin: Beim Duell zwischen Alba Berlin und dem FC Bayern, den zwei besten deutschen Klubs, die in der Euroleague aufeinandertreffen. Mit den Nationalspielern Maodo Lo und Johannes Thiemann (Alba), sowie Andreas Obst und Nick Weiler-Babb (FC Bayern).

Giffeys Wechsel zum FC Bayern trifft auch den DBB

Mit Niels Giffey ist sogar ein fünfter Bronzemedaillengewinner mit von der Partie. Die Münchner hatten am Mittwoch die Verpflichtung des Nationalspielers, der zuletzt beim spanischen Klub Murcia spielte, offiziell bekannt gegeben. Ob er bereits am Donnerstagabend erstmals im Bayern-Dress aufläuft gegen seinen Ex-Klub, blieb fraglich.

Die Nachricht, dass der Ur-Berliner Giffey, früherer Alba-Kapitän und Neffe der Regierenden Bürgermeisterin, ausgerechnet beim Dauer-Rivalen aus München anheuert, dürfte aber nicht nur in Berlin schlecht angekommen sein. Auch der DBB hatte mit dem "EM-Helden" Giffey für die anstehenden Qualispiele geworben. Ob Giffey nun aber nach dem kurzfristigen Wechsel nach München tatsächlich auch für die Länderspiele bereitsteht, erschien mehr als fraglich.

"Die Belastung ist sehr hoch", sagte auch DBB-Vizepräsident Armin Andres, gerade für die EM-Spieler, die kaum Pause gehabt hätten. Der DBB prüfe noch, ob es eine Möglichkeit gebe, dass Giffey wenigstens zum zweiten Spiel am Montag gegen Slowenien zum Team stoße. Die Entscheidung, betonte Andres, liege aber alleine bei Giffeys Klub.

Streit mit Euroleague um Abstellungen geht weiter

Dies führt zum altbekannten, nach wie vor ungelösten Problem: Dem Streit zwischen dem Weltverband Fiba und der Euroleague, der europäischen Topliga. Eine wie die NBA privatwirtschaftliche Organisation, die sich nicht an Länderspielansetzungen während der Saison gebunden fühlt und auch keine Nationalspieler abstellt. Zuletzt gab es sogar Anzeichen, dass sich die Euroleague mit den besten Klubs Europas weiter von der Basis entfernt: Es soll ein Angebot von Investoren aus Dubai vorliegen, die bei der Euroleague-Holding einsteigen wollen, inklusive einer neuen Klub-Franchise aus dem Emirat, die dann künftig gegen Real Madrid, Panathinaikos oder den FC Bayern spielen könnte.

Für den DBB bedeutet der festgefahrene Streit mit Europas Topliga, dass er wie schon in den vergangenen Qualifikationsfenstern ein Länderspiel vermarkten muss, bei dem die besten deutschen Spieler fehlen. Aus dem EM-Kader sind nur noch Christian Sengfelder, Justus Hollatz sowie Center Jonas Wohlfarth-Bottermann dabei. Letzterer wurde vom Bundestrainer nachträglich berufen, weil es mit Kenneth Ogbe, Dominic Lockhart, Leon Kratzer und Karim Jallow kurzfristig weitere Ausfälle gab.

Kritik aus Bamberg wegen DBB-Preispolitik

Von der EM-Euphorie ist deshalb kaum noch etwas zu spüren. Obwohl das Spiel gegen Finnland in Bamberg stattfindet, einer Stadt mit großer Basketballbegeisterung, waren im Vorverkauf noch viele Tickets verfügbar. Ein Bamberger Fanklub kritisierte im Vorfeld auch die Preispolitik des DBB, die Karten seien im Vergleich zu den Bundesligapartien deutlich teurer. Die hohen Preise waren schon bei der Heim-EM im Sommer ein Thema.

40 Euro kosten die besten Plätze (ohne VIP-Status). Dies mag sich im handelsüblichen Rahmen bewegen, für Fußball-Länderspiele muss man deutlich tiefer in die Tasche greifen. Allerdings hätte der DBB auch die Chance gehabt, mit günstigeren Tickets noch mehr Werbung in eigener Sache zu machen.

DBB-Team braucht noch einen Sieg für WM-Qualifikation

Der Bundestrainer gab sich ungerührt optimistisch, wie schon bei der EM-Mission, die er trotz vieler Widrigkeiten am Ende zum Erfolg führte: "Es ist eine großartige Gelegenheit, so kurz nach der EM wieder in Deutschland zu spielen. Dazu noch in so einer tollen Basketballstadt und mit der Möglichkeit, sich für den World Cup zu qualifizieren", sagte der Kanadier, der mit teilweise stark ersatzgeschwächten Teams schon sieben Siege aus acht Qualifikationsspielen eingefahren hat. Ein Sieg fehlt noch aus den ausstehenden Spielen, um das Ticket für die WM-Endrunde 2023 in Japan, Indonesien und auf den Philippinen sicher zu buchen. Dann wären auch Franz Wagner, Dennis Schröder und Maodo Lo wieder sicher dabei.