Badminton | EM Badminton-EM: Lamsfuß und Seidel - neuer Anlauf auf den Titel

Stand: 25.04.2022 08:00 Uhr

Mark Lamsfuß und Marvin Seidel wollen bei der Badminton-EM einen erneuten Anlauf auf die Goldmedaille nehmen. Deutschlands bestes Doppel war vor einem Jahr durch Corona ausgebremst worden.

Es war der vielleicht frustrierendste Moment ihres Sportlerlebens. Vor genau einem Jahr erreichten Mark Lamsfuß und Marvin Seidel das Doppelfinale bei der Badminton-Europameisterschaft, hatten den größten gemeinsamen Erfolg vor Augen.

Doch ein positiver Corona-Test nahm ihnen alle Chancen auf EM-Gold. Ab Montag (25.4.2022) unternimmt Deutschlands bestes Doppel bei der Europameisterschaft in Madrid einen neuen Versuch, die ersehnte Goldmedaille zu gewinnen.

Corona-Infektion zerstörte abrupt die Träume

Der Anruf des Sportdirektors kam in aller Frühe. Es ist der Morgen der Finales bei der EM in Kiew Anfang Mai 2021. Keine guten Nachrichten für Mark Lamsfuß und Marvin Seidel.

Ein positiver Corona-Test von Lamsfuß ruiniert alle Hoffnungen. Quarantäne statt EM-Finale. Hotelzimmer statt Centercourt.

"Wir hatten die ganze Woche einen Superlauf. Obwohl ich mich schon die Tage zuvor ein wenig krank gefühlt hatte und unter Fieber litt, war ich mir noch nie so sicher, ein Finale zu gewinnen", sagt Lamsfuß darüber, wie er den verhängnisvollen Morgen erlebt hat. "Da war schon ein Gefühl, als hätte einem jemand den EM-Titel geklaut."

Erste Gold-Chance seit 1974

Was für eine Bedeutung diese Goldmedaille für den deutschen Badminton-Verband gehabt hätte, beschreibt am besten der Fakt, dass es die erste für ein deutsches Männer-Duo seit 1974 gewesen wäre. Damals triumphierten Willi Braun und Roland Maywald im EM-Finale.

Umso niederschmetternder, diese Situation ganz allein im Hotelzimmer verarbeiten zu müssen. 14 lange Tage. Eingeschlossen.

Doppelkollege Marvin Seidel und Mixed-Partnerin Isabel Lohau, mit der Lamsfuß die EM-Bronze-Medaille gewonnen hatte, hatten ein wenig mehr Glück. Sie durften als direkte Kontaktpersonen schon nach fünf Tagen aus der Ukraine abreisen.

Quarantäne: "Ein Gefühl wie im Knast"

Zurück blieb Mark Lamsfuß. "Das war ein Gefühl wie im Knast. Alle waren längst weg. Nur ich war noch da."

Auch nicht besser wurde seine Gefühlslage durch die Art und Weise, wie ihm die Silbermedaille ausgehändigt wurde. Nicht auf dem Podest in der Wettkampfhalle, sondern durch ein Klopfen an der Hotelzimmertür. Da lag sie auf dem Boden im Gang. Ohne weitere Nachricht, ohne jeden Gruß.

Inzwischen ist der Frust des Frühjahrs 2021 längst dem Wunsch gewichen, das Verpasste in dieser Woche bei der Europameisterschaft in Madrid nachzuholen. Im Männerdoppel sind Lamsfuß und Seidel an Position zwei gesetzt.

Titellust statt Frust bei Lamsfuß/Seidel

"Wir haben uns in den vergangenen anderthalb Jahren so sehr verbessert, dass wir den Glauben daran haben, dass ein EM-Titel nicht der größte Erfolg bleiben soll", bringt Marvin Seidel das Selbstvertrauen des Duos auf den Punkt. Gemeinsam auf dem Court stehen sie seit Ende 2015, haben sich seitdem klar als bestes deutsches Männerdoppel etabliert.

"Wir sind fast wie ein altes Ehepaar, rasseln schon mal einander, weil wir beide sehr stur sein können", charakterisiert Seidel ihre sportliche Beziehung, die das Duo aktuell bis auf Rang 17 in der Weltrangliste geführt hat.

Coronabedingt ist die ein wenig verzerrt, weil dort noch Teams berücksichtigt werden, die gar nicht mehr spielen. Nähme man die aus der Wertung heraus, stünden Lamsfuß und Seidel sogar auf Platz zwölf.

Prominente Trainer-Unterstützung

Am Wochenende vor dem EM-Start haben sie mit ihrem Bundesliga-klub 1. BC Wipperfeld erstmals gemeinsam die deutsche Meisterschaft mit der Mannschaft gewonnen. Die Form stimmt, auch durch prominente Hilfe auf Trainerseite.

Seit einem Jahr arbeiten Lamsfuß und Seidel, dank der Unterstützung eines privaten Sponsors, mit dem Dänen Mads Conrad-Petersen zusammen. Der 34-jährige Doppelspezialist war selbst ein absoluter Ausnahmespieler. Europameister, Weltranglisten-Vierter.

Große Ziele für die Zukunft

Während Marvin Seidel in Madrid ausschließlich im Männerdoppel antritt, hat Mark Lamsfuß im Mixed an der Seite von Isabel Lohau noch eine weitere Medaillenchance. Die frustrierenden Erlebnisse von Kiew 2021 immer im Hinterkopf, soll es dieses Mal klappen mit dem Titelgewinn.

Und es soll nicht der Einzige bleiben, hofft Lamsfuß: "In Deutschland haben die Leute ja häufig Angst, den Mund aufzumachen und ihre Ziele klar zu formulieren. Aber wir beide wollen mittelfristig zu den besten fünf Doppeln der Welt gehören und träumen auch von einer gemeinsamen Olympia-Medaille."