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WDR-Sport Vorwurf mangelnder Gleichberechtigung: Fortuna Köln und Stadt nehmen Stellung

Stand: 14.06.2023 20:18 Uhr

Die Frauen von Fortuna Köln organisierten jüngst einen Protest gegen die Ungleichbehandlung von Männer- und Frauen-Teams. Nun hat der Vereinsvorstand reagiert. Auch die Stadt Köln nahm Stellung

Als Anfang Juni die Partien des letzten Spieltags in der Regionalliga West der Frauen angepfiffen wurden, passierte erst einmal nichts. In fast allen Partien ließen die Spielerinnen den Ball 60 Sekunden lang ruhen und verharrten auf ihren Positionen. Mit dieser Aktion wollten die Teams auf die Benachteiligungen von Frauen-Mannschaften in den Vereinen aufmerksam machen.

Initiatorin des Protests war Valentina Adames von Fortuna Köln. Zwar war der Auslöser die vom Vorstand nicht beantragte Zweitliga-Lizenz für das Frauen-Team des 1. FC Bocholt, Adames kritisierte gegenüber dem WDR aber auch Missstände bei der Fortuna: "Wir haben ein Infrastrukturproblem. Fortuna hat nur einen Kunstrasenplatz, der Zeit für 30 Trainingseinheiten pro Woche bietet. Aber der Klub unterhält 29 Mannschaften". Aus ihrer Sicht stelle der Vorstand Interessen der Frauen-Mannschaften hinter den Interessen der Männer- und Jugendmannschaften an.

Verlegung nach Bocklemünd für Adames keine Lösung

Auch die Lösung des Vereins, Trainingseinheiten der Frauen in den Kölner Stadtteil Bocklemünd zu verlegen, sah Adames kritisch: "Für den Vorstand war direkt klar, dass die Frauen die relativ weite Anreise inklusive Transport aller Materialien antreten. Warum nicht zumindest einmal ein Herrenteam?"

Am Montag hat sich nun der Vorstand von Fortuna Köln erstmals zu dem Sachverhalt geäußert - und weist die Kritik zurück. "Der S.C. Fortuna hat derzeit neben seiner Profimannschaft vier Mädchen-, Frauenmannschaften und 25 Jungen-, Männermannschaften im Spielbetrieb", so der Vorstand in einer Stellungnahme. "Alle diese Mannschaften wollen selbstredend auf den einzigen vorhandenen Kunstrasenplatz, das ist aber beim besten Willen nicht machbar."

Verein sieht Existenz der Profiabteilung gefährdet

Die aktuelle Lage mache es unmöglich, "dem Frauenfußball den Stellenwert einzuräumen, der ihm gesellschaftlich gebührt", heißt es weiter. Das Platzproblem stelle auch "langfristig die Existenz der Profiabteilung in Frage, da sich mehr und mehr männliche Talente aufgrund der Trainingsbedingungen von unserer Leistungsabteilung abwenden, beziehungsweise wir im Werben um Talente immer öfter das Nachsehen haben."

Der Verein fühle sich "von Stadt und Politik im Stich gelassen. Persönlich haben wir absolutes Verständnis dafür, dass Eltern nicht verstehen können, warum ihre Tochter auf der Asche trainieren muss, der gleichaltrige Junge auf den Kunstrasen darf. Die Profiabteilung, in deren Kader in der Saison 22/23 sechs Spieler aus dem eigenen Nachwuchs standen, ist aber nun mal das Aushängeschild der Fortuna. Daher sind wir auch nicht mit Breitensportvereinen und dortigen Regelungen zu vergleichen."

Diskussion um mangelnde Gleichberechtigung "verkürzt"

Die Problematik auf mangelnde Gleichberechtigung zurückzuführen, sei "verkürzt". Die Vorschläge der Frauen-Abteilung für mehr Trainingseinheiten auf dem Kunstrasenplatz seien mit der Stadt diskutiert, aber abgelehnt worden. "Sei es die Ausdehnung der Trainingszeit in den späteren Abend oder die Nutzung des kleinen Rasenplatzes im Winter (mit mobiler Trainingsbeleuchtung). Die Ausweitung der Trainingszeiten wurde aus arbeitsrechtlichen beziehungsweise versicherungstechnischen Gründen von der Stadt abgelehnt, die Nutzung des kleinen Rasenplatzes im Winter in Folge des schlechten Zustands verwehrt."

Am 19. Juni soll es ein erneutes Treffen mit der Stadt geben, wo die Nutzung weiterer Kunstrasenplätze im Kölner Süden diskutiert werden soll. "In Bezug darauf sind wir zuversichtlich und hoffen, danach etwas Dampf vom Kessel nehmen zu können und den Mädchen- und Frauenmannschaften aber auch allen anderen Mannschaften verbesserte Trainingsbedingungen bieten zu können."

Mehr Trainingszeiten in Bocklemünd, Müngersdorf und Chorweiler

Die Stadt Köln äußerte sich gegenüber dem WDR am Mittwoch. Und wies darauf hin, dass der SC Fortuna Köln "in den vergangenen Jahren stark gewachsen" sei. "Um den Verein insbesondere bei den Trainingszeiten für die Frauenmannschaften zu unterstützen, hat die Stadt Köln der SC Fortuna Köln weitere Trainingszeiten auf der Bezirkssportanlage Bocklemünd sowie auf den Stadionvorwiesen in Müngersdorf kostenlos zur Verfügung gestellt."

Für die Jugendmannschaften seien außerdem Trainingszeiten auf der Bezirkssportanlage Chorweiler zur Verfügung gestellt worden. Die Sportplätze im Stadtbezirk Rodenkirchen seien aktuell durch die dortigen Vereine komplett ausgelastet.

Kunstrasenprogramm nur schrittweise zu realisieren

Ganz grundsätzlich arbeite die Stadt Köln "seit vielen Jahren im Rahmen ihres Kunstrasenplatzprogramms" daran, in Zusammenarbeit mit den Vereinen die Zahl der Kunstrasenplätze zu erhöhen. "Mittlerweile konnten 55 Plätze als Kunstrasenplätze ausgerüstet werden."

Der finanzielle Aufwand beim Bau von Kunstrasenplätzen, nach Angaben der Stadt pro Platz mit 1,2 bis 1,5 Mio. Euro zu beziffern, sei aber eine Herausforderung. Diese sei "über den städtischen Haushalt nur schrittweise" zu stemmen.

In der Stellungnahme hieß es weiter: "Da der Bedarf an Kunstrasenspielfeldern weiter von vielen Vereinen gemeldet wird, hat der Rat der Stadt Köln eine Prioritätenliste mit 21 weiteren Projekten für die nächsten Jahre beschlossen. Diese arbeitet die Stadt Köln derzeit ab."