Professionalisierung in der Frauen-Bundesliga Lena Lotzen: "Da kann kein professioneller Fußball stattfinden"

Stand: 22.09.2022 12:59 Uhr

Mit einer Studie in ihrer Masterarbeit zeigt die ehemalige Fußballerin Lena Lotzen auf, dass Spielerinnen in der ersten und zweiten Liga von ihrem Gehalt oft nicht leben können.

Lena Lotzen ist Europameisterin, zweifache deutsche Meisterin, Pokalsiegerin. Die ehemalige Fußballerin des FC Bayern und des SC Freiburg weiß also, wovon sie spricht, wenn es um Profisportlerinnen geht. Aber nicht nur, weil sie es selbst erlebt hat, sondern auch weil Lotzen im Rahmen ihrer Masterarbeit eine Studie zu den Karrieren von Fußballerinnen der ersten und zweiten Liga durchgeführt hat. Denn die duale Karriere ist für die Sportlerinnen quasi ein Muss.

Nahezu alle Spielerinnen machen noch etwas neben dem Fußball

Ob sie studieren, eine Ausbildung absolvieren oder einen Beruf ausüben - fast alle der von Lotzen befragten Spielerinnen sind neben dem Fußball aktiv. "Weil sie leider nicht vom Fußball leben können" sei genau das so wichtig für Fußballerinnen, erklärt sie. Einige Spielerinnen in den deutschen und internationalen Topclups würden zwar genug verdienen, aber es gäbe eine große Kluft zwischen diesen zwei, drei Topmannschaften, in denen das möglich sei und denen darunter. Dass sich die Spielerinnen schon während der aktiven Karriere mit der Zukunft beschäftigen müssen, sei aber nichts Neues, so die 28-Jährige. Dabei würden sie sich aber mehr und bessere Betreuung und Unterstützung wünschen.

Zweitliga-Spielerinnen verdienen teilweise weniger als 500€

Ein Ergebnis ihrer Studie zeigt: 40 Prozent der insgesamt 202 befragten Spielerinnen verdienen höchstens 500 Euro netto durch den Fußball, Dreiviertel nicht mehr als 1.500 Euro. Die Unterschiede zwischen dem Gehalt in der ersten und der zweiten Liga sind groß, hat Lotzen herausgefunden. Weniger als 500€ verdienen Fußballerinnen oft in der zweiten Liga. "Damit ist teilweise nicht mal ein WG-Zimmer finanzierbar", sagt Lotzen. Deswegen wäre es logisch, dass man noch einem anderen Beruf nachgehen muss.

Lotzen geht es mit den Ergebnissen ihrer Studie nicht darum zu sagen, dass das alles Entscheidende sei, dass die Spielerinnen mehr Geld bräuchten. Auch fordert sie nicht, dass die Frauen das gleiche verdienen, wie Männer. "Es geht darum den Spielerinnen einen Alltag zu ermöglichen, mit guten Rahmenbedingungen, wo sie einfach professionell trainieren können." Lotzen wünscht sich, dass Spielerinnen ihren Fokus auf den Fußball legen können und den Profisport nicht zwischen Tür und Angel betreiben müssen. Sie glaubt allerdings nicht, dass es sinnvoll wäre, wenn die Sportlerinnen gar nichts mehr nebenbei machen: "Es muss eher darauf abzielen, bessere Angebote zu schaffen indem Uni, Arbeit, Ausbildung besser mit den Vereinen fungieren". Dabei müsse auch der Verband mitgenommen werden, glaubt Lena Lotzen.

"Da kann kein professioneller Fußball stattfinden"

Die heutige Co-Trainerin bei den U17-Nationalteams der Frauen prangert neben den oft unzureichenden Möglichkeiten für eine duale Karriere auch die Rahmenbedingungen des Frauenfußballs insgesamt an. Schon in der ersten Liga seien dort Verbesserungen nötig. Mannschaften müssten sich mit den Vereinen "rumschlagen", wann sie trainieren können und "ob sie da irgendwie die Hälfte des Platzes bekommen." Unter solchen Bedingungen, mit dieser fehlenden Infrastruktur, kann für Lotzen kein professioneller Fußball stattfinden. Auch, weil zum Beispiel schlechte Plätze das Verletzungsrisiko erhöhen.

Das führt Lotzen auch zum Punkt der medizinischen Versorgung. "Ich glaube da hat sich enorm viel entwickelt in den letzten Jahren", erklärt sie. Wenn sie an ihre Anfänge zurückdenkt, dann fällt Lena Lotzen ein, dass die Spielerinnen sich noch selbst getaped haben. Heute habe so gut wie jeder Bundesligaverein immerhin eine Physiotherapeutin oder einen Physiotherapeuten bei jeder Einheit dabei. Es geht voran, sagt Lotzen, müsse aber noch weiter professionalisiert werden.

Fußball-EM als Antreiber?

Durch die Fußball-Europameisterschaft im Sommer und die große Aufmerksamkeit, die die deutsche Mannschaft dort erfahren hat, könnte sich jetzt einiges verbessern. "Die EM war ein Auslöser", findet Lotzen. Sie hofft, dass die Euphorie in die Bundesliga mitgenommen werden kann, dass das Interesse nicht nur eine Momentaufnahme ist. Die steigende Anzahl an TV-Übertragungen ist für die Ex-Fußballerin enorm wichtig. Dass Kinder Vorbilder im Fernsehen sehen können, sieht sie als großen Fortschritt, hat selbst beim Champions League Finale erlebt, dass Mädchen mit Trikots von Fußballerinnen unterwegs sind: "Sie sind nicht mehr mit einem Messi-Trikot durch die Stadt gelaufen, sondern sie hatten wirklich Fußballerinnen als Vorbilder." Sie selbst hat das als Kind nicht so erlebt, hatte auch nie den Wunsch Fußballerin zu werden, weil es diese Vorstellung in der Öffentlichkeit nicht gab. Diese neue Aufmerksamkeit sieht sie als große Chance für den Frauenfußball, um professioneller und attraktiver zu werden.