Lars Windhorst und Werner Gegenbauer auf dem Podium (picture alliance/dpa | Andreas Gora)

Kampagne gegen Ex-Präsident? Welche Zukunft haben Windhorst und Hertha?

Stand: 01.10.2022 20:00 Uhr

Hertha BSC erwartet von Lars Windhorst eine Stellungnahme. Es geht um die Vorwürfe, er habe eine Kampagne gegen den damaligen Präsidenten Gegenbauer organisiert.

Von Christian Dexne

Am Freitagabend bekam jedes der über 41.000 Hertha-Mitglieder eine E-Mail. Darin erklärte das unterzeichnende Präsidium in drei Sätzen, dass die Vereinsgremien beschlossen hätten, die Vorgänge aus einem Artikel, der in der "Financial Times" erschienen war, "durch eine Kanzlei aufarbeiten und beurteilen zu lassen". Außerdem sei Windhorsts Unternehmen Tennor "zur detaillierten Stellungnahme aufgefordert" worden. Spätestens nach dem Empfang dieser Nachricht wird so ziemlich jedem Hertha-Mitglied klar geworden sein, dass es mit den zuletzt etwas ruhigeren Wochen vorerst vorbei sein dürfte.

Gemeinsame Pressekonferenz von Bernstein und Windhorst verschoben

Für den kommenden Dienstag war ein Auftritt von Windhorst und dem neuen Präsidenten Kay Bernstein geplant. Es sollte Bilanz der ersten hundert Tage von Bernstein als Präsident gezogen werden, gemeinsam. Dieser Termin, der sicher auch eine Geschlossenheit zum Ausdruck bringen sollte, wurde nun auf einen unbestimmten Termin in der Zukunft verschoben. Doch es stellt sich angesichts der Vorwürfe, die gegen Windhorst im Raum stehen, die Frage, ob es eine gemeinsame Zukunft noch geben kann und wird.

Werner Gegenbauer und Lars Windhorst. (Bild: IMAGO / Matthias Koch)
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Gegenüber rbb|24 hatte Windhorsts Sprecher Andreas Fritzenkötter die Vorwürfe als "kompletten Unsinn" bezeichnet. Inzwischen meldete sich Windhorst in einer Facebook-Gruppe und schrieb dort ebenfalls von "Unsinn" und bemängelte fehlenden Respekt des Vereins. Laut "Kicker" soll er sich bis Montag gegenüber Hertha BSC per eidesstattlicher Erklärung äußern. Gelingt es dem 45-Jährigen, die Anschuldigungen auszuräumen oder kommt es zum großen Bruch? Und was wären dann die Konsequenzen? Wie könnte Hertha BSC mit einem Mann weiter zusammenarbeiten, dem vorgeworfen wird, eine Rufmordkampagne gegen einen ehemaligen Präsidenten organisiert zu haben?

Vereinsausschluss bei grob vereinsschädigendem Verhalten möglich

In der Satzung von Hertha BSC heißt es in Paragraf 29, dass ein Ausschluss aus dem Verein nur bei "grob vereinsschädigendem Verhalten, schweren vorsätzlichen Zuwiderhandlungen gegen die Satzung, besonders schwerwiegendem, unsportlichem oder unkameradschaftlichem Verhalten oder bei Vorliegen entsprechender Beschlüsse des Präsidiums oder der Abteilungsleitung" verhängt werden kann. Eine rufschädigende Kampagne gegen den damaligen Präsidenten Werner Gegenbauer könnte durchaus so bewertet werden. Entscheiden müsste das Herthas dreiköpfiges Vereinsgericht, dem der Berliner Rechtsanwalt Arnd Barnitzke vorsitzt.
 
Windhorst wäre dann möglicherweise kein Mitglied des eingetragenen Vereins mehr. Für viele kritische Fans wäre das ein symbolischer Schritt von nicht zu unterschätzendem Wert. Windhorst hielte aber davon unabhängig weiterhin seine Anteile an der Hertha KGaA. Es ist schwer vorstellbar, dass Hertha einen Weg fände, diese Anteile zurückzukaufen. 2018 hatte Hertha BSC den damaligen Investor KKR nach vier gemeinsamen Jahren ausgezahlt. Damals war der Großteil der 71,2 Millionen Euro über eine Euro-Anleihe aufgebracht worden.
 
In der aktuell schwierigen wirtschaftlichen Lage und angesichts der erdrückenden Summe von 375 Millionen Euro erscheint ein Rückkauf aber aktuell unrealistisch. So blieben zwei Möglichkeiten: Windhorst findet selbst einen Käufer, an den er seine Anteile verkauft oder er bleibt weiterhin Anteilseigner, inklusive der damit verbundenen Rechte und Posten.

Investor Lars Windhorst. (Bild: IMAGO / Nordphoto)
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Windhorst darf vier Personen im Aufsichtsrat stellen

So darf Windhorst vier der neun Plätze im Aufsichtsrat der KGaA stellen. Zur Zeit nutzt er mit dem Medienunternehmer Georg Kofler, Tarek Malak von der Tennor-Group und dem Juristen Thomas Werlen nur drei dieser Plätze aus. Den vierten Platz hatte Jens Lehmann nach Rassismus-Vorwürfen nach einer Whatsapp-Nachricht an den ehemaligen Profi Dennis Aogo verloren. Windhorst lässt diesen Platz seit Mai 2021 vakant. Der Aufsichtsrat hat kontrollierende Funktion, aber keine weitreichenden Mitbestimmungsmöglichkeiten.
 
Der Beirat hingegen muss einer ganzen Reihe von Geschäften zustimmen wie dem jährlichen Budget und Transaktionen von über 25 Millionen Euro. Von seinem Posten im Beirat trat Windhorst im März zurück und besetzte ihn mit einem Vertreter. "Mir ist leider nach wenigen Monaten klar geworden, dass es unter der Führung von Herrn Gegenbauer sehr, sehr schwierig ist, als Team gemeinsam etwas zu erreichen, zu besprechen, zu kooperieren", sagte Windhorst damals. Im Beirat hat er keine Mehrheit.

Option des Einziehungsrechts scheidet aus

Im Aktienrecht findet sich für den Fall, dass sich Gesellschafter zerstritten haben, die Option des Einziehungsrechts. Ein Gesellschafter kann danach die Anteile eines anderen einziehen, wenn eine vertrauensvolle Zusammenarbeit nicht mehr möglich ist. Die Anteile würden von einem gerichtlich bestellten Gutachter geschätzt. In Herthas Fall sicherlich deutlich unter den 375 Millionen Euro, die Windhorst gezahlt hatte. Allerdings ist eine "Satzungsgrundlage" erforderlich und die ist in der Satzung der Hertha BSC KGaA nicht zu finden. Diese juristische Hintertür, sich juristisch von Windhorst zu trennen, scheidet also aus.
 
Als Windhorst bei der Mitgliederversammlung Ende Mai auftrat, wurde er zunächst von einigen der anwesenden Mitglieder ausgebuht und beschimpft. Als er sich dann nach mehreren Minuten doch Gehör verschaffen konnte, unterstrich er äußerlich entspannt, er sei gekommen, um zu bleiben: "Ob es den meisten gefällt oder nicht: Ich bin als Mehrheitseigner hier. Windhorst raus - das funktioniert faktisch nicht. Man kann mich nicht abwählen und meine Anteile stehen nicht zum Verkauf. Und ich werde noch viele Jahre bleiben." Es könnten anstrengende Jahre werden - für beide Seiten.

Sendung: rbb24, 30.09.2022, 21.45 Uhr