BR24 Sport Wirbel nach Interview: Katapultiert sich Neuer selbst ins Aus?

Stand: 04.02.2023 21:03 Uhr

Manuel Neuer kritisierte in einem Interview die Vereinsführung für die Entlassung von Torwarttrainer Toni Tapalovic. Dafür erntet der Torhüter des FC Bayern aber Gegenwind aus dem Verein, von Experten und auch von den BR24 Sport-Usern.

Von Niklas Eckert, BR24 Redaktion

Ende Januar hatte sich Manuel Neuer noch mit einem emotionalen Post von seinem langjährigen Torwarttrainer Toni Tapalovic verabschiedet. Der hatte Neuer über elf Jahre lang begleitet. Jetzt legte der Weltmeister-Torhüter in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung nach und kritisierte die Vereinsführung des FC Bayern für den Umgang mit Toni Tapalovic.

Dessen Entlassung sei für Manuel Neuer das Krasseste gewesen, was er in seiner Karriere erlebt hätte. "Für mich war das ein Schlag, als ich bereits am Boden lag. Ich hatte das Gefühl, mir wird mein Herz rausgerissen." Der Präsident des FC Bayern Oliver Kahn hat darauf bereits reagiert und sagte gegenüber der dpa, Neuers Verhalten "wird weder ihm als Kapitän noch den Werten des FC Bayern gerecht".

Scharfe Kritik von Matthäus, Hamann und Effenberg

Die früheren Nationalspieler Lothar Matthäus, Dietmar Hamann und Stefan Effenberg haben Manuel Neuer für dessen aufsehenerregende Interview-Aussagen gegen den FC Bayern teils scharf kritisiert. "Es wird ganz sicher schwierig, dieses zerschnittene Tischtuch wieder zusammenzubringen", sagte Matthäus am Samstagabend in seiner Funktion als Experte beim Pay-TV-Sender Sky. "Er spricht sich von allem frei und geht auf alle anderen los. Das ist nicht der FC Bayern." Die Münchner würden sich das "nicht bieten lassen", meinte der Rekordnationalspieler. "Auch wenn es Manuel Neuer ist."

Unverständnis für Neuer kam auch vom früheren Nationalspieler Dietmar Hamann. "Einige dieser Zitate sind für mich schlichtweg peinlich", sagte der 49-Jährige am Samstag ebenfalls als Sky-Experte. "Da geht es um seine eigene Eitelkeit, da stellt er sich in den Vordergrund und nicht den Verein." Auf die Frage, ob Neuer jemals wieder für die Bayern spielen werde, antworte Hamann: "Eher nein".

Ähnlich sieht das der frühere Bayern-Anführer Stefan Effenberg. "Nichts und niemand steht über dem Verein. Kein Spieler, kein Trainer ist größer als Bayern München. Nein, der Verein ist immer das Allerwichtigste", schrieb der 54-Jährige in seiner Kolumne für das Nachrichtenportal "t-online" und stellte die weitere Zusammenarbeit von Neuer und dem FC Bayern infrage.

Effenberg: "Abschied würde mich nicht wundern"

Der Torwart sollte "darüber nachdenken, ob es überhaupt sinnvoll für ihn ist, nach diesen erhobenen Vorwürfen, seinen bis 2024 gültigen Vertrag beim FC Bayern überhaupt noch zu erfüllen – oder es vielleicht besser ist, den Verein zu verlassen". Ein Abschied im kommenden Sommer würde Effenberg "nicht wundern". Denn Neuer habe sich "das Leben für die Zukunft bei Bayern mit Sicherheit sehr schwer gemacht, wenn nicht unmöglich", schrieb Effenberg - auch mit Blick auf die Zusammenarbeit mit Coach Julian Nagelsmann. Er wisse aus eigener Erfahrung, wie wichtig die Verbindung zwischen dem Trainer und dem Kapitän "bei so einem Klub ist".

Mehr Verständnis für Neuer zeigte Kevin Trapp (Torwart Eintracht Frankfurt): "Das ist seine Sache, aber wenn er das Gefühl hatte, dass er das loswerden musste, dann ist das so. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass die Beziehung zwischen Torwarttrainer und Torwart sehr eng ist. Das ist nicht nur ein Arbeitsverhältnis, sondern auch eine private Freundschaft. Ich kann mir vorstellen, dass es für Manu nicht schön ist."

Ex-Nationalspielerin Kemme befürwortet Offenheit von Neuer

Die frühere Nationalspielerin Tabea Kemme dagegen sieht die Art und Weise der Kritik von Manuel Neuer am FC Bayern in einem Interview positiv. "Ich kenne das selber, wenn du Interviews führst und bekommst dann vom Verein oder Verband alles zensiert zurück", sagte die 31 Jahre alte TV-Expertin am Samstagabend bei Sky. Bei Neuer sei zu erkennen gewesen, dass er das sage, was er "fühlt", ergänzte die Fußball-Olympiasiegerin von 2016.

Fanclub-Boss: "Riesigen Bock geschossen"

Bei den Fans des deutschen Rekordmeisters sorgen Neuers Aussagen für Unmut. "Der Manu hat damit einen riesigen Bock geschossen. Ich verstehe nicht, wieso er sich jetzt so geäußert hat. Solche Aussagen sind nicht eines Kapitäns würdig. Das ist eine Frechheit", so Nick Rempfer, Vorsitzender des Fanclubs Sportfreunde München 2.0, im Gespräch mit skysport.de.

Auch auf BR24 Sport gab es schon viele Reaktionen zu Neuers Kritik und die gehen mehrheitlich in eine Richtung. Auf Facebook schreibt User Gert Eidinger zum Beispiel "Entscheidungen werden vom Verein getroffen, der übrigens auch ein üppiges wenn auch verdientes Gehalt überweist. Kein Spieler steht über dem Verein, auch nicht Herr Neuer." Und auch Nutzer Holger Paschedag hat eine ähnliche Meinung. Er schreibt: "Der Verein ist größer als Manuel Neuer! Ich mochte ihn und ich mag ihn, aber auch er ist ersetzbar."

Kahn kündigt Gespräch mit Neuer an

Oliver Kahn hatte schon ein Gespräch mit Manuel Neuer angekündigt. Welche Konsequenzen genau der 36-Jährige zu erwarten hat, ist noch nicht klar. Einige Reaktionen offenbaren aber schon eine Vermutung. Dahoamhocka beispielsweise kommentiert auf br24sport.de: "Jetzt mal ehrlich. Seit seinen Verletzungen hat seine Leistung darunter gelitten. Auch bei der WM. Bei jedem läuft die Zeit mal ab. Das weiß er. Und muss es halt akzeptieren. Nr.2 oder gehen". Und auch auf Facebook vermutet Alexander Ratz, dass Neuer nach seiner Verletzung nicht mehr Bayerns Stammtorhüter sein wird: "Das Interview wird vermutlich maximal einen Platz auf der Ersatzbank zu sichern. Die Zeiten als Nr. 1 sind wahrscheinlich vorbei".

Manche Nutzer springen Neuer aber auch zur Seite. Auf BR24 schreibt Wanda: "Mal einer, der nicht kuscht, sondern Tacheles redet. Ist der FCB halt nicht gewohnt." Und anasemanini hält "die Begründung von Nagelsmann auch für dünn." Die Mehrheit in den Kommentarspalten stellt sich aber auf die Seite des Vereins. Und der muss jetzt entscheiden, wie er mit seiner langjährigen Nummer 1 weiter umgeht. BR24-Sportreporter Florian Eckl jedenfalls geht davon aus, dass das Verhältnis zwischen Neuer und den Bayern nachhaltig gelitten hat: "Im Endeffekt ist das Tischtuch aus meiner Sicht zerschnitten".

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Quelle: BR24 Sport 04.02.2023 - 10:55 Uhr