Tourdirektor Christian Prudhomme vor der Brücke über den großen Belt

Radsport | Tour de France Tourdirektor Prudhomme: "Es geht bei der Tour um die europäische Freundschaft"

Stand: 01.04.2022 09:44 Uhr

In drei Monaten beginnt in Kopenhagen die Tour de France. Im Interview mit der Sportschau spricht Tourdirektor Christian Prudhomme über einen besonderen Grand Départ, den Favoriten Tadej Pogacar und den Klimawandel.

Als Direktor der Tour de France ist Christian Prudhomme der oberste Repräsentant des wichtigsten Radrennens der Welt. In der vergangenen Woche hat der 61 Jahre alte Franzose Dänemark besucht. Dort startet die Tour in diesem Jahr mit drei Etappen. Die Sportschau traf Prudhomme in Sønderborg vor einer gelb geschmückten Brücke, wo die 3. Etappe am 3. Juli endet. Danach reist der Tourtross weiter nach Frankreich.

Monsieur Prudhomme, die Tour de France startet am 1. Juli in Kopenhagen, wie besonders ist dieser Grand Départ in Dänemark?

Christian Prudhomme: Für uns ist es ganz wichtig, diese Freundschaft zwischen Dänemark und Frankreich und die deutsch-dänische Freundschaft zu spüren. Sehen sie sich die dänischen und französischen Fahnen an, die gelbe Brücke. Die Tour ist nicht nur das wichtigste Radrennen der Welt, sondern es geht auch um Kultur, Geografie, Geschichte und Freundschaft. Und gerade heute, in diesen Zeiten ist Freundschaft so wichtig in Europa.

Welche Bedeutung hat der Radsport in Dänemark?

Prudhomme: Jeder fährt hier Rad (lacht). Es gibt mehr Fahrräder als Einwohner in Dänemark. Das ist ein wichtiges Beispiel für uns in Frankreich, dass so viele Leute mit dem Fahrrad zur Arbeit oder zur Schule fahren. Und alle schauen die Tour de France im Fernsehen - das ist sehr beeindruckend.

"Es wird gigantisch"

Es ist die 109. Tour de France in diesem Jahr, was macht diese Ausgabe besonders?

Prudhomme: Es ist eine sehr spezielle Ausgabe, weil es der bislang nördlichste Grand Départ der Tour ist. Und wir wollen die Verbindung zwischen dem täglichen Gebrauch des Fahrrads und den Champions stärken. Es ist auch eine spezielle Ausgabe, weil es gigantisch werden wird - das weiß ich. Es werden Hunderttausende Menschen überall entlang der Strecke stehen. Aber am wichtigsten wird sein, die Freundschaft der europäischen Völker zu feiern.

Sportschau Tourfunk, 14.10.2021 21:23 Uhr

"In gewisser Weise ist die Tour zurück"

Mussten Sie mit Blick auf den Klimawandel Überzeugungsarbeit leisten, die Tour nach Dänemark zu bringen? Schließlich muss der Tourtross deutlich mehr reisen, fliegt von Dänemark dann zurück nach Frankreich.

Prudhomme: Klimaschutz ist ein wichtiges Thema. Wir sind in Kopenhagen, weil es die Fahrradstadt Nummer eins in der Welt ist. Was für uns ist in dieser Debatte sehr wichtig ist, den Leuten beizubringen, sich bezüglich des Klimas besser zu verhalten. Und ich fürchte, das ist einfacher in Dänemark als in Frankreich.

Die Corona-Pandemie ist noch nicht vorbei, aber in diesem Jahr werden die Fans wieder in größerer Zahl zurückkehren können. Wie groß war das Problem, wie groß ist es noch?

Prudhomme: Die Tour de France, das sind die Champions, aber auch die vielen Zuschauer. Die Tour ist das Lachen im Gesicht der Fans. Mit der Pandemie konnte man dieses Lachen nicht im Gesicht tragen. Es wird diesmal natürlich viel besser, weil es wieder die Tour sein wird, wie wir sie kennen. Die Tour ist zum ersten Mal in Dänemark, aber in gewisser Weise ist sie auch wieder zurück - mit all den Leuten am Streckenrand.

Die Tour ist zurück mit einem großen Favoriten - Tadej Pogacar. Wird er das Rennen wieder dominieren?

Prudhomme: Natürlich ist er der große Favorit, aber man weiß nie, was während der Tour passiert. Zum Beispiel hier in Dänemark - wir warten auf den Wind (lacht).

Pogacars Leistungen wecken immer wieder auch Zweifel. Wie bewerten Sie das?

Prudhomme: Er ist der Boss der Tour - da ist es immer dasselbe, wissen Sie. Pogacar ist natürlich sehr talentiert. Er ist immer noch so jung und hat schon zweimal die Tour gewonnen. Eddy Merckx, der größte Fahrer der Geschichte, hatte in diesem Alter die Tour noch nie bestritten. Pogacar war sehr gut mit 19, mit 22, aber wir wissen nicht, was die Zukunft bringt.

Sportschau Tourfunk, 07.03.2022 12:45 Uhr

Das Interview führte Hendrik Deichmann