Kommentar Bob Hanning - der "Napoleon des Handballs" verabschiedet sich

Stand: 01.10.2021 11:00 Uhr

Am Sonntag endet die Ära von Robert "Bob" Hanning als DHB-Vizepräsident. Mit der Demission des 53-jährigen verliert der Verband einen seiner bekanntesten Protagonisten. Ein Kommentar von Thorsten vom Wege.

Nur der Verband verliert Hanning wohlgemerkt, denn seiner Sportart bleibt der gebürtige Essener (vorerst) erhalten. Auch wenn zuletzt Gerüchte die Runde machten, der "Napoleon des Handballs" sei als neuer starker Mann beim HSV im Gespräch.

Bei Hamburgs Fußballern wohlgemerkt. Das Kapitel Handball ist für Hanning an der Elbe längst abgeschlossen. Ohne Happy End. Wie so oft.

Bob Hanning polarisiert

Bob Hanning ist ein ausgemachter PR- Profi, einer, der polarisiert, mit den Medien spielt, sie für sich und seine Anliegen nutzt. Hanning gilt als Visionär, Anschieber, Provokateur, als Macher und Meinungsmacher, komplett unumstritten war er nie.

Sein bekanntester medialer Coup liegt acht Jahre zurück und ist verbunden mit dem Einstieg als DHB-Vize. Denn der Mann, den man für die Entwicklung der Männer-Nationalmannschaft in die Führungsriege des Verbandes holte, zögerte nicht lange und rief Gold bei den Spielen 2020 als Ziel aus.

Das sorgte für Reaktionen zwischen Heiterkeit und Kopfschütteln, manche sprachen von Größenwahn. Sport-Deutschland debattierte über diese Aktion. Genau das hatte der clevere Handballfunktionär beabsichtigt: eine breite öffentliche Diskussion, die die Sportart ins mediale Rampenlicht spülte und die zu diesem Zeitpunkt schwachen sportlichen Leistungen aus den Schlagzeilen verdrängte. Funktionierte perfekt!

Napoleon-Verkleidung und schrille Pullover

Hanning schreckte im Bemühen um Öffentlichkeit für seinen Sport, aber auch für sich selbst vor (fast) nichts zurück. In seiner Hamburger Zeit kokettierte er mit dem Spitznamen "Napoleon", ließ sich entsprechend kostümiert auch ablichten.

Bei der WM im eigenen Land 2019 erschien der Vizepräsident bei der Auftaktpressekonferenz des Gastgeberverbandes in einem farblich derart schrillen Pullover, dass sich die Öffentlichkeit auch außerhalb der sozialen Medien mehr mit dem Outfit Hannings beschäftigte als mit Sachthemen rund um die Titelkämpfe.

Hannings Showtalent ist aber nur ein Aspekt. Denn man kann sich einer Beurteilung seines Schaffens von verschiedenen Richtungen nähern.

Gegen Widerstand durchgedrückt

Fakt ist: Das Projekt Olympiagold ist krachend gescheitert. Andererseits war es ein Ziel, hinter dem sich der Verband über Jahre versammelte, und weil die Spiele mit zwölfmonatiger Verspätung stattfanden, sogar länger als geplant.

In seiner Amtszeit drückte Hanning in Dagur Sigurdsson und anschließend Christian Prokop zwei Trainer auch gegen Widerstand aus den eigenen Reihen durch. Das Scheitern Prokops allerdings gehörte zu den Misserfolgen, die eben auch eingepreist sind ins Geschäft.

Mehr als PR und Marketing-Aktionen

Was bleibt? Sportlich sicherlich der EM-Titel von 2016 und Olympia-Bronze mit der Auswahl, darüber hinaus Hannings Engagement für den Nachwuchs. Das war beim DHB zwar nicht zwingend sein Job, aber Herzensangelegenheit.

Und gerade hier zeigt sich, dass der Mann für mehr steht als für PR und Marketing-Aktionen. Ob Solingen oder Wuppertal, Hamburg oder Berlin – die Nachwuchsarbeit ist sein Metier. Er gilt als Entdecker von Spielern wie Torsten Jansen oder Florian Kehrmann.

Hanning investiert Zeit und Geld in die Suche nach Sponsoren für den Nachwuchs und steht als Coach oft schon am frühen Morgen in der Trainingshalle. So ist er eben, dieser Bob Hanning, als Person in Sachen Farbe und Strahlkraft seinen Kleidungsstücken ähnelnd.

Ära Hanning - unvollendet?

Die Ära Bob Hanning beim DHB ist vorbei. Irgendwie unvollendet und deshalb vielleicht auch nur vorübergehend! Ein Berliner Sponsor beschrieb das Engagement des Handball-Funktionärs mal so: "Wenn Du den Hanning zur Tür herauskomplimentiert hattest, klopfte der vier Minuten später an die Fensterscheibe und behauptete, das Gespräch sei gerade unterbrochen worden."

Gut möglich, dass sich Bob Hanning die Sache mit dem DHB deshalb irgendwann noch mal überlegt. Und zurückkehrt. Es sei denn, das Angebot der HSV-Fußballer ist mehr als ein Gerücht und reizvoll…