Die Beachvolleyballer Nils Ehlers und Clemens Wickler (links)

European Championships "Deftige Klatsche" - deutsche Beachvolleyballer bleiben medaillenlos

Stand: 20.08.2022 20:44 Uhr

Deutschlands Beachvolleyballer erleben eine EM ohne Medaillenchancen. Die Weltspitze ist derzeit mindestens einen Hechtsprung zu weit weg, wie sich im Viertelfinale von Clemens Wickler und Nils Ehlers zeigt.

Von Johannes Kirchmeier, München

Die aufgemalte Deutschland-Fahne an der linken Wange von Clemens Wickler war schon etwas verblasst, als er neben dem Beachvolleyball-Feld am Königsplatz über diesen unglücklichen Samstagnachmittag (20.08.2022) sprach. In zwei Sätzen verlor der Oberbayer mit seinem Partner Nils Ehlers im EM-Viertelfinale bei den European Championships daheim in München gegen die Norweger Anders Mol/Christian Sørum. 15:21, 14:21 lautete des klare Ergebnis gegen die Nummer eins der Welt.

"Wir hätten uns mehr erhofft, als hier im Viertelfinale zu scheitern", sagte Wickler: "Heute haben wir eine echt deftige Klatsche bekommen. Aber wir haben alles reingelegt, was drin war." Er sprach damit auch ein wenig für das gesamte deutsche Beachvolleyball-Team, das sich in München mehr erhofft hatte. Denn in Ehlers/Wickler hatte sich nun auch das letzte Duo des Deutschen Volleyball-Verbandes (DVV) bei der EM in München verabschiedet.

Letzte Männer-EM-Medaille holten 2012 Brink/Reckermann

In den Medaillenkampf konnte Deutschland weder bei den Männern noch bei den Frauen eingreifen, auch die beiden stärksten Frauen-Duos scheiterten in der Runde der letzten acht, bei den Männern sind Ehlers/Wickler ohnehin das einzige Spitzentandem. Die verblasste Fahne an Wicklers Wange hat also Symbolcharakter.

Auch wenn man bedenkt, dass die bislang letzte deutsche EM-Medaille der Männer im Jahr 2012 errungen wurde. Sportschau-Experte Julius Brink gewann mit seinem langjährigen Kollegen Jonas Reckermann damals die Europameisterschaft in Scheveningen/Niederlande und Gold bei Olympia in London.

Mol/Sørum Olympiasieger, Weltmeister, Europameister

Ein Weiterkommen von Ehlers/Wickler wäre dieses Mal aber auch eine Riesenüberraschung gewesen. Schließlich sind Anders Mol, 25, und Christian Sørum, 26, das, was FC-Bayern-München-Trainer Julian Nagelsmann (der im Übrigen mit seiner Freundin den Beachvolleyballerinnen zuschaute) im Fußball gerne wäre: absolute Titelhamster.

Sie sind aktuelle Olympiasieger, Weltmeister und haben zuletzt vier Mal den EM-Titel geholt. "Das sind die klaren Turnierfavoriten", sagt Brink. Die Weltspitze, das war deutlich erkennbar, ist derzeit mindestens einen Hechtsprung zu weit weg fürs beste deutsche Männer-Team im Sand.

Es ging daher in etwa so los, wie man es erwartet hatte: 2:7 lagen die Deutschen hinten. Doch sie gaben nicht auf, kämpften sich zeitweise immer mal wieder auf zwei Punkte heran, näher aber nicht als bis zum 15:21.

Zuschauer bejubeln jeden Punktgewinn von Ehlers/Wickler

An diesem Kessel am Königsplatz lag es mit Sicherheit nicht. Bei jedem Punktgewinn für Ehlers und Wickler schrien die 5.000 Zuschauer am Viereck ihre Freude heraus. Dann trieben sie die Paarung aus Berlin und Starnberg wieder an. "Der Heimvorteil ist groß", warnte Mol noch vor dem Spiel.

Und der Stadion-DJ heizte dann an diesem mit 19 Grad Celsius vermutlich kühlsten Nachmittag der European Championships dem Publikum ordentlich ein, schleuderte einen Disco-Hit nach dem anderen in die Menge – und die dankte mit Applaus und Tanz-Choreographien. "Wie schon viele Sportler hier gesagt haben: Es fühlt sich ein wenig wie Mini-Olympia an. Es ist schon einmalig, in so einem Stadion zu spielen", sagte selbst Sørum, der während des Spiels freilich mit weniger Applaus bedacht wurde.

Lob von den siegreichen Norwegern

Im zweiten Satz schien dann sogar kurz die Sonne und die Partie wurde enger - zumindest bis zum 9:10. Dann zogen Mol/Sørum doch wieder davon und schnappten sich den Sieg, nachdem Wickler den Ball ins Aus legte (21:14). Den Wikingern schmeckte das wechselhafte Wetter offensichtlich besser. Trotzdem fand Sørum, dem ebenfalls noch der Sand großflächig an der Haut klebte: "Der Gesamtstand lügt, das Spiel war enger."

In manchen Situationen mag das gestimmt haben. Grundsätzlich setzte sich aber das reifere und in den wichtigen Situationen abgebrühtere Team durch. Der Abwehrspieler Wickler und sein 2,11-Meter-Kollege Ehlers sind ja auch eine frische Paarung. Sie haben sich erst in diesem Jahr gefunden, nachdem Wicklers Partner Julius Thole im vergangenen Oktober mit 24 Jahren völlig überraschend zurücktrat.

Sportschau-Experte: "Anfang der Saison war es schwierig"

"Anfang der Saison war es schwierig für Ehlers/Wickler, auch bei der WM lief es noch nicht so gut", blickt Brink zurück. In Rom schieden sie schon im Achtelfinale aus. Nach einer starken Vorrunde unterlagen sie den Polen Piotr Kantor und Maciej Rudol 0:2 (19:21, 19:21). Nun scheiterten sie erneut vor den Medaillenpartien, allerdings findet Brink: "Man kann ihnen bei dem Prozess des Zusammenwachsens da ganz gut zuschauen." Dieses Mal war der Gegner am Ende eben auch ein anderer.

Das große Ziel: Olympia 2024 in Paris

Auch wenn die Heim-EM für Wickler ein wahrgewordener Traum war, das große Ziel der beiden liegt noch in der Ferne: olympisches Edelmetall 2024, daran hat sich auch nach den Partien in München nichts geändert. "Wir gehen das zusammen bis Olympia in Paris auf jeden Fall an", sagte Wickler. Neben ihm grinste Ehlers.