Vinicius Junior

Real Madrid Vinicius Junior: Zwischen Superstar und Reizfigur

Stand: 07.05.2024 11:29 Uhr

Wenn Real Madrid am Mittwoch (08.05.2024) den FC Bayern München im Halbfinal-Rückspiel der Champions League empfängt, werden bei den Spaniern die Augen auf Vinicius Junior gerichtet sein. Der Brasilianer gehört zu den besten Angreifern der Welt, blockiert sich manchmal aber auch selbst - und ist zudem häufig Opfer rassistischer Anfeindungen.

Zurückhaltung ist seine Sache meistens nicht. Vinicius Junior zeigt gerne, was er hat. Zuletzt, nach der gewonnenen Meisterschaft mit Real Madrid, postete er ein Bild von sich selbst - inmitten zweier Meisterpokale - und merkte stolz an: "Einer mehr."

Mit seinen erst 23 Jahren hat es der Angreifer vom frisch gekürten spanischen Landesmeister Real Madrid scheinbar mühelos an die Spitze des europäischen Fußballs gebracht. Drei Meistertitel, ein Champions-League-Erfolg und viele weitere Pokale zieren bereits die Vita des Brasilianers. Und es werden wohl noch einige weitere Triumphe folgen.

Am Mittwoch (ab 21 Uhr live in der Radio-Reportage) empfangen der Angreifer und sein Team im Halbfinal-Rückspiel der Champions League den FC Bayern.

Ancelotti lobt seinen Stürmer in höchsten Tönen

Vinicius Juniors Trainer bei den "Königlichen", der überaus erfahrene und noch deutlich erfolgreichere Carlo Ancelotti, ordnete "Vini Jr." zuletzt schon dort ein, wo im vergangenen Fußball-Jahrzehnt wechselweise nur der Argentinier Lionel Messi oder der Portugiese Cristiano Ronaldo verortet wurden: an der Spitze des weltweiten Profi-Fußballs. "Für mich ist er der beste Spieler der Welt", sagte Ancelotti im Brustton der vollen Überzeugung.

Vinícius José Paixão de Oliveira Júnior, wie der brasilianische Nationalspieler mit vollständigem Namen heißt, ist pfeilschnell, überaus dribbelstark und nicht zuletzt torgefährlich. Wettbewerbsübergreifend hat er für die "Königlichen" bis dato bei 260 Pflichtspieleinsätzen 80 Tore erzielt und 75 Torvorlagen geliefert.

Müller: "Nur schwer zu verteidigen"

Vini Jr. ist schlicht ein Unterschiedsspieler, wie auch der FC Bayern beim 2:2 im Halbfinal-Hinspiel in der Königsklasse schmerzvoll erleben musste. Er erzielte beide Treffer und bewahrte seinem Team damit die Titel-Chancen. "Der Vini ist mit seinen gegenläufigen Bewegungen oft auch schwer zu verteidigen", sagte FCB-Offensivspieler Thomas Müller anerkennend.

Allerdings ist die steile Karriere von Vini Jr., die einst bei Flamengo Rio de Janeiro begann und ihn bereits im Jahr 2018, nach nur zwölf Monaten beim brasilianischen Traditionsverein für eine Ablösesumme von 45 Millionen Euro nach Madrid führte, auch von Schatten begleitet.

Provokateur und Reizfigur

Zum einen ist da seine aufbrausende Art auf dem Spielfeld, die ihn häufiger mit Gegenspielern aneinandergeraten lässt. Er fordert schon mal sehr offensiv Gelbe Karten für seine Gegenspieler ein oder fällt durch arrogant wirkende Gesten eher unangenehm auf. Er lässt sich gerne provozieren und geht bei eher harmlosen Tacklings viel zu leicht zu Boden. Er ist mit seiner Art, in diesen Momenten, für alle Beteiligten eine häufig nur schwer zu akzeptierende Reizfigur auf dem Spielfeld - trotz seiner besonderen spielerischen Fähigkeiten.

"Natürlich bin ich kein Heiliger, manchmal rede ich zu viel, manchmal dribble ich auf eine Weise, die nicht nötig ist", sagte der Brasilianer Anfang des Jahres in einem Anflug von Reue. Er sei allerdings gewillt, sich zu "bessern und ein Vorbild für die Kinder zu sein, die mir zuschauen".

Auch der ihm gegenüber eigentlich überaus wohlwollend eingestellte Ancelotti fand für diese Aussagen ein paar deutliche Worte. "Was er gesagt hat, hat mir besser gefallen als seine drei Tore", sagte der italienische Coach nach den Treffern seines Stürmers beim Supercup-Finale gegen den FC Barcelona.

Immer wieder rassistische Beleidigungen

Und dann gibt es da noch das gesellschaftliche Problem, das viele - vor allem gegnerische Fans - in der spanischen La Liga mit dem Ausnahmeangreifer nicht nur wegen dessen vielen Toren und Vorlagen haben. Regelmässig wurde er über all die Jahre mit rassistischen Rufen verunglimpft. Selbst Kinder auf den Tribünen im Stadion schreckten nicht vor Beleidigungen zurück und beschimpften Vini Jr. einzig wegen seiner Hautfarbe.

Noch im vergangenen März brach der Real-Angreifer bei einer Pressekonferenz des brasilianischen Nationalteams in Tränen aus, ihm stockte der Atem, er konnte nicht weiterreden, obwohl er nicht einmal selbst rassistisch beleidigt worden war. Vielmehr ging es um einen Spieler aus der 3. Liga auf der iberischen Halbinsel sowie Sevillas Trainer Quique Sanchez Flores sowie den argentinischen Weltmeister Marcos Acuna, die sich mit solchen Anfeindungen auseinandersetzen mussten.

Mitgefühl mit den Kollegen

Seine eigenen Erfahrungen ließen Vini Jr. in diesem Moment offenbar das Blut in den Adern gefrieren und versetzten ihn in diese Situation, die er schon viel zu oft selbst erlebt hatte. "Dieses Wochenende werde ich nicht einmal spielen. Aber wir hatten allein an diesem Samstag drei abscheuliche Fälle von Rassismus in Spanien", postete Vini Jr. später auf X. "Wir werden nur dann einen Sieg erringen, wenn die Rassisten die Stadien direkt ins Gefängnis verlassen, einen Ort, den sie verdienen."

Allein in dieser Saison in der Königsklasse hat Vini Jr. fünf Tore erzielt und fünf Tore vorbereitet. Diesen Lauf will er auch im Halbfinal-Rückspiel gegen den FCB fortführen und seine Titelsammlung weiter ausbauen - trotz der ganzen unerfreulichen Nebengeräusche.