Bob-Weltcup Jung, schnell, selbstbewusst: Bob-Team Ammour ärgert die Großen
Adam Ammour hat die Bobwelt ins Staunen versetzt und sich zum Europameister gekrönt. Kann ausgerechnet ein 22-Jähriger mit seinem Bruder in die Phalanx von Friedrich und Lochner eindringen?
Wer einmal siegt, dem glaubt man nicht. Und deshalb hat es Adam Ammour einfach zweimal getan. In Sigulda gewann der 22 Jahre alte Youngster erst am Samstag seinen ersten Bob-Weltcup und einen Tag später krönte er sich obendrein zum Europameister.
"Unfassbar", "sensationell": Lochner und Bundestrainer staunen
Mit Bahnrekord im zweiten Durchgang fuhr Adam gemeinsam mit Bruder Issam Ammour von Platz vier an die Spitze, vorbei an den haushohen Favoriten Johannes Lochner und Francesco Friedrich. Titelverteidiger Lochner war nachhaltig beeindruckt: "Respekt an Adam. Was er hier gezeigt hat, ist sensationell."
Bundestrainer René Spies konnte sein Erstaunen über den EM-Coup nicht verbergen: "Das ist eigentlich unfassbar, was der Junge hier gemacht hat. Dass er es drauf hat, wissen wir, aber das muss man auch erst einmal abrufen können. Ein verrücktes Ergebnis." Die Ammour-Brüder siegten mit sechs Hundertsteln Vorsprung vor dem Schweizer Duo Michael Vogt/Sandro Michel und Lochner/Bruckert (+0,07s).
Ammour: Ex-Turner wird Bob-Pilot
Ammours Triumph überrascht deshalb, weil der Werdegang des Hessen eher ungewöhnlich war. Ursprünglich ging Adam Ammour seiner Leidenschaft im Turnen nach, bis er sich in jungen Jahren das Handgelenk brach und zum Aufgeben gezwungen war.
Sein acht Jahre älterer Bruder Issam, der als ehemaliger Sprinter selbst erst 2015 zum Bobsport gekommen war, nahm Adam mit in den Eiskanal. Es sollte der Grundstein für das Team Ammour werden, was es offiziell erst seit dieser Saison gibt. Denn zuvor war Issam Ammour bei anderen Fahrern angestellt, beispielsweise bei Richard Oelsner.
Brüder-Schwur eingehalten
"Issam hat mir ein Versprechen gegeben - wenn ich das erreiche, was wir vereinbart haben, wird er meinen Schlitten anschieben", sagte Adam am Ende des vergangenen Winters. Mit Gold und Silber bei der Junioren-WM erfüllte der Pilot seinen Teil - und Issam wechselte folgerichtig in Adams Team.
"Der Pilot ist Chef und das ist mir als erfahrener Anschieber klar", sagt Issam Ammour, der sich seinen Anschiebe-Posten im Zweier mit Benedikt Hertel teilt: "Seit 2015 fahre ich schon Bob und das weiß auch Adam. Aus diesem Grund fragt er gerne nach meiner Meinung." Unterstützung erfahren die beiden auch von ihren Brüder Karim und Ilias, die sie unter anderem bei der Sommer-Vorbereitung nach Japan begleiteten.
Generell ist der Familienzusammenhalt vorbildlich. Wir respektieren uns alle, fragen auch die Geschwister oder Eltern daheim nach Rat. (...) Und was ganz wichtig ist: Ich brauche mir bei all dem kein Blatt vor den Mund nehmen, spreche an, was Sache ist, und dadurch geht es auch viel schneller an die Lösungsfindung.
Modellathleten setzen neue Maßstäbe
Ein weiterer Pluspunkt für das Duo ist ihre Physis. Die Sportsoldaten sind Modellathleten und das zeigen sie auch stolz auf ihren Instagram-Kanälen. Sie profitieren in puncto Schnellkraft und Kraftausdauer von ihren früheren Sportarten und können ihre Vorteile beim Anschieben am Start voll ausspielen.
So ist es nicht weiter verwunderlich, dass das Team Ammour in seiner ersten gemeinsamen Saison schon ganz vorne mitfährt. In allen Rennen, an denen Adam Ammour mit Issam oder Hertel antrat, kam das Duo in die Top 10. Mit drei dritten Plätzen hinter Friedrich und Lochner deutete Ammour an, das die Dominatoren schlagbar sind - und bewies in Sigulda nun eindrucksvoll, dass es möglich ist.
Heim-WM vor der Tür: "Weiter Vollgas geben"
"Besser hätte man sich das Wochenende nicht vorstellen können. Am Ende wurde es sogar der Bahnrekord", freute sich Adam Ammour am Sonntag: "Weil ich mit meinem Bruder am Start war, fühlt sich das noch umso besser an." Den Schwung aus Sigulda wollen die Shootingstars nun mit zur WM nach Winterberg (24. Februar. bis 3. März) nehmen. Davor wartet noch die Generalprobe in Altenberg.
"Viel Zeit zum Ausruhen und Nachdenken hat man nicht", sagte der frischgebackene Europameister mit Blick auf die restlichen Rennen. Das Ziel ist klar - auch wenn Adam Ammour es noch nicht konkret verlauten lässt: "Wir geben weiter Vollgas und hoffentlich reicht das wieder für eine gute Platzierung."