Vor der Para-WM Linn Kazmaier: Erst WM-Gold, dann aufs Bö-Internat?
Linn Kazmaier dominiert die nordische Para-Szene mit 17 Jahren fast nach Belieben. Bei der WM in Kanada ist die Paralympics-Siegerin die große Favoritin, danach will sie von den Norwegern lernen.
Die eigene Dominanz wird Linn Kazmaier langsam unheimlich. Sechs Siege aus acht Rennen im nordischen Weltcup in diesem Winter, dazu Paralympics-Gold und vier WM-Titel: "Da denke ich mir immer: Warte mal, das kann doch nicht sein", sagt die 17-Jährige: "Das hört sich irgendwie total surreal an."
Bei der am Mittwoch startenden Para-WM der Langläufer und Biathleten im kanadischen Prince George sollen nun weitere Titel her, schließlich ist Kazmaier die klare Favoritin. Tatsächlich wünscht sich die sehbehinderte Schülerin aus dem schwäbischen Nürtingen aber, dass es künftig wieder enger in der Loipe zugeht. Zurzeit machen sie und ihre Teamkolleginnen Leonie Walter und Johanna Recktenwald die Plätze auf dem Podium meist unter sich aus.
Rombach: "Wird kein Selbstläufer"
Die internationale Konkurrenz fehlt, was vor allem an der Sperre der russischen Athletinnen und Athleten liegt. Genau diese wünscht sich Kazmaier zurück - rein aus sportlichen Gründen. "Man will immer den bestmöglichen Wettkampf", sagt sie, "und da wäre es einfach auch schön, wenn die besten Athleten dabei sind."
Bundestrainer Ralf Rombach glaubt indes nicht, dass es ein Selbstläufer für die deutschen Starterinnen wird. Rombach hat mehrere Konkurrentinnen auf dem Zettel, die seinem Trio die Suppe versalzen könnten und nennt unter anderem die Österreicherin Carina Edlinger und die mehrfache Weltmeisterin und Paralympics-Siegerin Oksana Shyshkova aus der Ukraine. Auch die chinesische Mannschaft müsse man auf dem Zettel haben, so der Coach.
Kazmaier wird immer schneller
Top-Favoritin ist aber Kazmaier. Die zwei Jahre nach den Paralympics in Peking, in denen Kazmaier bei der vergangenen WM in Östersund vier Titel holte und den Gesamtweltcup gewann, haben ihr Selbstbewusstsein gestärkt, auch körperlich macht sie Fortschritte. Das bekommt ganz besonders ihr Guide Florian Baumann zu spüren. "Die Kraft kommt langsam. Da muss ich mich schon auch immer sputen, dass ich vorne gut wegkomme", sagt der Lehramtsstudent.
Linn Kazmaier mit ihrem Guide Florian Baumann
Kazmaier will aufs Sportinternat nach Norwegen
Um auch noch die letzten Prozentpunkte aus sich herauszukitzeln, sucht Kazmaier den Rat der Weltbesten. Im kommenden Jahr will sie nach Norwegen, Kazmaier hat sich für einen Platz am angesehenen Sportinternat NTG in Lillehammer beworben, an dem auch der norwegische Topstar Tarjei Bö einst lernte. "Ich erhoffe mir einen Leistungssprung", sagt Kazmaier, die dafür in der Schule eine Pause einlegt. Erst nach der WM in Kanada bekommt sie eine Rückmeldung. Bis dahin kann Kazmaier also noch den einen oder anderen weiteren goldenen Pluspunkt sammeln.
Zeitplan für die WM
- Mittwoch, 6. März ab 19 Uhr: Sprint (7,5 km)
- Donnerstag, 7. März ab 19 Uhr: Einzelrennen (12,5 km)
- Samstag, 9. März ab 21.45 Uhr: Verfolgungsrennen (2,4 km für sitzende Klasse, 3,6 km für stehende Klassen)
- Sonntag, 10. März ab 21.45 Uhr: Team-Sprint (4 x 0,8 km für sitzende Klasse, 4 x 1,2 km für stehende Klassen)
Das deutsche Aufgebot für die Para Biathlon-WM
Frauen mit Sehbeeinträchtigung
Linn Kazmaier (SZ Römerstein, Guide: Florian Baumann), Johanna Recktenwald (Saarland, Guide: Pirmin Strecker), Leonie Walter (SC St. Peter, Guide: Christian Krasman)
Frauen sitzend
Andrea Eskau (USC Magdeburg), Anja Wicker (MTV Stuttgart)
Männer mit Sehbeeinträchtigung
Nico Messinger (Freiburg, Guide: Robin Wunderle), Lennart Volkert (PSV München, Guide: Nils Kolb)
Männer stehend
Alexander Ehler (SV Kirchzarten), Marco Maier (SV Kirchzarten)