Olympia-Historie Olympia 2000 in Sydney: Rückkehr des olympischen Geistes
"Grüne Spiele" statt gigantischem Kommerz: In Sydney kehrt der olympische Geist zurück. Cathy Freeman setzt Zeichen der Verbrüderung - Ian Thorpe verzückt Australien.
Vier Jahre nach der Kommerz-Schlacht von Atlanta sehnt sich die olympische Familie nach einer Rückbesinnung auf alte Werte.
Das klappt in Sydney schon bei der Eröffnungsfeier: Die von den australischen Ureinwohnern, den Aborigines, abstammende 400-Meter-Läuferin Cathy Freeman entzündet in einer bewegenden Zeremonie das olympische Feuer und setzt so ein Zeichen der Verbrüderung mit der weißen australischen Bevölkerung.
Eine reibungslose Organisation und die weltoffene Herzlichkeit der Gastgeber inspirieren Athleten und Publikum bei den "Grünen Spielen" - ganz im Sinne des vier Jahre zuvor so schmerzlich vermissten olympischen Geistes.
Olympia der Superlative
Der Erwartungshaltung, zur Jahrtausendwende etwas Besonderes auf die Beine stellen zu müssen, halten die Organisatoren der mit 10.651 Athletinnen und Athleten in 300 Wettbewerben bislang größten Spiele unverkrampft stand. IOC-Präsident Juan Antonio Samaranch spricht am Ende von den "besten Spielen, die es je gegeben hat".
Sie sind geprägt von Top-Stars wie den Leichtathletinnen Marion Jones (die allerdings später des Dopings überführt wird) und Cathy Freeman, Schwimm-"Wunderkind" Ian Thorpe, aber auch Birgit Fischer und 800-m-Sensationssieger Nils Schumann.
Drechsler springt noch einmal auf den Thron
Der damals 22 Jahre alte Europameister aus Großengottern setzt sich über die kurze Mittelstrecke in 1:45,08 Minuten sensationell gegen alle Konkurrenz durch. Nach verhaltener erster Runde findet Schumann erst eingangs der Zielgeraden eine Lücke, stößt zwischen den Führenden durch und hält auch dem Schlussspurt von Weltrekordler Wilson Kipketer (1:45,14) stand.
Es ist das erste Gold eines Deutschen über diese Strecke. Ihr zweites Olympia-Gold im Weitsprung holt Heike Drechsler. Die Jahrhundert-Leichtathletin setzt sich - fast 36-jährig - im Spätherbst ihrer Karriere mit 6,99 Metern zum zweiten Mal nach Barcelona 1992 durch.
Erfolgreichste deutsche Sportlerin ist aber die Kanutin Birgit Fischer mit zweimal Gold - im K2 und K4. Damit schraubt die damals 38 Jahre alte Brandenburgerin ihre beeindruckende Bilanz auf sechs Olympiateilnahmen (1980 bis 2000) und insgesamt sieben Goldmedaillen. Sie ist die erste Frau überhaupt, die nach 20 Jahren (!) bei den Spielen erneut Edelmetall gewinnt.
"Big Foot" Thorpe: Aus dem Pool in die Prägeanstalt
Die weiteren Glanzlichter setzen vor allem die Schwimmer: Cathy Freemans Landsmann Ian Thorpe und der Niederländer Pieter van den Hoogenband liefern sich dramatische Duelle. Während der schmächtige Holländer die 100 und 200 Meter Freistil für sich entscheidet, gewinnt der Lokalmatador drei Titel und einmal Silber: Zweimal Gold davon (über 400 Meter Freistil und mit der 4x100-Meter-Staffel) sichert sich der damals 17-Jährige mit den schwimmflossengroßen Füßen innerhalb einer Stunde jeweils in neuer Weltrekordzeit.
Kein Wunder, dass sie ihm einen neuen Spitznamen verleihen: "Thorpedo". "Ich kam mir vor wie ein Gladiator im Colosseum", empfindet der neue Nationalheld der ohnehin schon schwimmbegeisterten "Aussies" den Hype am Tag seines denkwürdigen Doppelerfolgs. 24 Stunden später prangt Thorpes Konterfei auf zwei Sonderbriefmarken.
Allerdings: Immer neue Dopingskandale machen das Ausmaß des Betrugs im internationalen Sport deutlich. Zehn Fälle gibt es in Sydney, darunter den des deutschen Ringer-Olympiasiegers Alexander Leipold: Er muss - wie fünf andere Medaillengewinner - sein Edelmetall nach positiver Probe zurückgeben.