Champions League der Frauen Krasse Gegensätze für ein Frankfurter Trio
Es ist eine besondere Ehre, die die Fußballerinnen von Eintracht Frankfurt beim dritten Auftritt in der Women’s Champions League erfahren.
Das Gruppenspiel bei Benfica Lissabon (Heute ab 21 Uhr im Live-Ticker) ist nicht nur sportlich interessant, sondern bietet auch eine echte Premiere: Denn erstmals trägt der portugiesische Meister ein Champions-League-Spiel im 65.000 Zuschauer fassenden Estádio da Luz aus - in der portugiesischen Hauptstadt nur als "Catedral" bezeichnet.
Gegen Benfica Lissabon geht's ums Achtelfinale
Auch wenn ein Großteil der roten Schalensitze leer bleiben wird, ist das ein Zeichen der Wertschätzung für den Bundesliga-Dritten, der das bereits in acht Tagen folgende Rückspiel ebenfalls in seiner großen Arena austrägt. Benfica weist eine ähnliche Bilanz wie die Eintracht auf, die mit einem verdienten 2:1-Erfolg beim FC Rosengård startete und dann gegen den Titelverteidiger FC Barcelona eine mit viel Komplimenten bedachte 1:3-Niederlage kassierte.
Benfica, das Team von Cheftrainerin Filipa Patão, ging zwar am ersten Spieltag mit 0:5 in Barcelona unter, siegte dann aber 1:0 gegen Rosengård. Ergo dürften die Duelle zwischen Frankfurt und Lissabon über den Einzug ins Achtelfinale entscheiden. "Benfica ist ein schwer zu bespielender Gegner, das hat man auch in den vergangenen Jahren gegen München gesehen. Es gibt aber auch ein paar Punkte in ihrem Spiel, bei denen wir sie verwundbar machen können", analysiert Cheftrainer Niko Arnautis. "Wir wollen uns in diesem Spiel eine gute Ausgangslage schaffen, das Ziel ist es, den direkten Vergleich zu gewinnen."
Fünf deutsche Nationalspielerinnen bei der Eintracht
Der 43-Jährige ist generell mächtig stolz, dass seine seit Jahren gewachsene Gemeinschaft auf diesem Level angekommen ist. Ganz wie die Männer der Eintracht möchten auch die Frauen auf internationaler Bühne Ausrufezeichen setzen. Die zuletzt reife Leistung im Bundesliga-Verfolgerduell gegen die TSG Hoffenheim (3:1) bestätigte Arnautis in seinem Vorgehen, auch diese Saison auf ein ganz festes Gerüst zu setzten; vielleicht bei keinem anderen Bundesligisten wirkt die Aufstellung so vorhersehbar wie bei der Eintracht.
Das hat natürlich Vor- und Nachteile. Beim früher hauptberuflich an der Frankfurter Carl-von-Weinberg-Schule als Lehrertrainer arbeitenden Arnautis genießen die Führungsspielerinnen durchgängig das Vertrauen und zahlen seit Jahren mit Leistung zurück. Zu seinen Topgesetzten gehören mit Torhüterin Stina Johannes, Sara Doorsoun, Sophia Kleinherne, Laura Freigang und Nicole Anyomi fünf deutsche Nationalspielerinnen.
Sophia Kleinherne seit Juni ohne Länderspielminute
Das Besondere: Bei der Nationalelf bekommen drei der vier Feldspielerinnen kaum einen Fuß in die Tür, obwohl Kleinherne, Anyomi (beide 23) und Freigang (25) längst zu Gesichtern im deutschen Frauenfußball aufgestiegen sind. Schon unter Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg war die Nicht-Berücksichtigung der Frankfurterinnen bei der WM in Australien ein wiederkehrendes Thema, doch auch Interimstrainer Horst Hrubesch hatte bislang selten Verwendung für dieses Trio.
Freigang wurde bei der Hrubesch-Premiere gegen Wales (5:1) zur Pause bereits wieder ausgewechselt, nachdem sie in Sinsheim eine große Chance vergeben hatte. Anyomi kam in drei der vier Länderspielen unter dem 72-Jährigen erst in der Schlussphase in die Partie, obwohl Hrubesch grundsätzlich die Dynamik dieser Stürmerin schätzt. Kleinherne fehlte zunächst in seinem ersten Aufgebot und spielte unter dem Interimscoach noch gar keine Minute. Seit Juni hat die Westfälin keine Länderspielminute mehr gesammelt. Für eine so reflektierte Fußballerin, die auch abseits des Platzes mit ihren Ansichten ankommt, ist das frustrierend.
Die Position von Laura Freigang gibt es im Nationalteam nicht
Ähnliches gilt für Freigang, die zwar in der Doku "Born for this" bei EM und WM eine Hauptrolle bekleidete, aber nicht auf dem Rasen. Trotz ihrer starken Bilanz von zwölf Toren in 24 Länderspielen (meist gegen schwächere Gegner) ist sie nach wie vor weit weg von einem Stammplatz. Auf Dauer nur die Stimmungskanone und den Kabinen-DJ zu spielen, wird auch ihr zu wenig sein. Sie beklagte häufiger, dass es ihre Position im Nationalteam nicht gäbe.
Anders ist der Stellenwert der vor zwei Jahren vom VfL Wolfsburg nach Frankfurt gewechselten Sara Doorsoun: Die 32-Jährige rückte in Wales für die gesperrte Marina Hegering sofort in die Startelf, vertrat diese auch bei der WM unter "MVT". Die gebürtige Kölnerin steht bei 50 Länderspieleinsätzen. Doch ihre jüngeren Klubkolleginnen stagnieren im DFB-Dress in ihrer Entwicklung, während sie im Eintracht-Trikot noch wichtiger geworden sind.
Eine wie Nicole Anyomi bräuchte mehr Vertrauen
Kleinherne hat sich über die Jahre zu einer der verlässlichsten Defensivkräfte der Liga entwickelt. Freigang gilt als eine der flexibelsten, Anyomi als eine der durchsetzungskräftigsten Offensivspielerinnen in Deutschland. So bewegen sich die Spielerinnen "zwischen den Welten", wie kürzlich das Fachmagazin "Kicker" auf einer Doppelseite titelte. Sportlich wenig geschätzt im Nationalteam, stets gesetzt auf Vereinsebene.
"Meine Spielerinnen haben gezeigt, dass sie da und bereit sind, wenn sie gebraucht werden. Ich würde mich freuen, wenn die ein oder andere mehr Spielzeit bekäme" sagte Arnautis erst kürzlich. Er wünscht seinen Spielerinnen natürlich Erfolgserlebnisse in der DFB-Auswahl, weil das auch seiner Mannschaft zugute käme; gleichzeitig ist er überzeugt, dass die eine oder andere nur mehr Vertrauen bräuchte, um in Zukunft auch dem Nationalteam zu helfen. Die Champions League ist jetzt nicht die schlechteste Bühne, um Überzeugungsarbeit zu leisten.