v.l.: Axel Hellmann und Hans-Joachim Watzke vom DFL-Vorstand
analyse

Aus für Investorendeal DFL nach dem Knall - tiefe Risse, große Aufgaben

Stand: 25.05.2023 13:12 Uhr

Auch ohne die Milliarden Euro eines Investors muss und will die mit tiefen Rissen durchzogene Deutsche Fußball Liga ihr Geschäftsmodell überdenken. Es stehen große Aufgaben an.

Schluss. Aus. Basta. Für die nächsten Jahre dürfte der Einstieg eines Investors kein Thema mehr sein. Das gilt aber nur für einen Investor, den die Deutsche Fußball Liga (DFL) ins Boot holt. Bei einzelnen Klubs sind schon längst Investoren beteiligt, bei den meisten könnten jederzeit welche hinzukommen. Oder öffnet sich die Liga komplett, schafft die 50+1-Regel ab und entzieht den Stammvereinen über die Mitglieder somit das Sagen?

Zum geplanten Deal der DFL gab es so viele offene Fragen, dass er auch deshalb am Mittwoch (24.05.2023) mit einem Knall platzte, der nachhallt - und wieder viele Fragen aufwirft.

Wie geht es weiter? Das ist die übergeordnete Frage. So wie bisher? Dann wird es schwierig, das ist Konsens unter den 36 Klubs unter dem Dach der DFL.

Dach fliegt weg

Das Bild des Daches nutzte Axel Hellmann gerne. Es regne an einigen Stellen hinein, sagte der Interimsgeschäftsführer der DFL, daher müsse es mit Hilfe des Investors renoviert werden.

Um im Bild zu bleiben, ist das Dach am Mittwoch weggeflogen. Hellmann stellte die Zentralvermarktung infrage, die dafür sorgt, dass die Liga vor allem über den Verkauf der Medienrechte Milliarden Euro einsammelt und dann an die Klubs verteilt.

Watzke - "Mit Solidaritätsthemen soll mir keiner kommen"

Sportschau, 24.05.2023 18:19 Uhr

Hans-Joachim Watzke, Sprecher des Ligapräsidiums, kündigte unverhohlen an, dass ihm und damit seinem Verein Borussia Dortmund künftig niemand mehr mit Solidarität kommen müsse.

Tiefe Risse statt natürlicher Spannungslage

Hellmann und Watzke gaben sich nicht einmal im Ansatz Mühe, ihren Ärger über die elf Klubs zu verbergen, die eine Fortführung des Investorenprozesses ablehnten. Überhaupt kein Verständnis zeigte Watzke für die fünf Klubs, die sich in einer elementar wichtigen Frage der Stimme enthielten.

Vielleicht aber war es wie in Koalitionen, in denen Partei A "Ja" und Partei B "Nein" sagt, und sich die Regierung daher enthält. Hat der Stammverein, haben die Fans ein "Nein" gefordert, die ausgelagerte Kapitalgesellschaft aber ein "Ja"? Schon in den Klubs gab und gibt es verschiedene Interessen, und in der hetegorenen DFL gehen die Interessenlagen noch weiter auseinander.

Investor für die DFL - Der Streit und die Folgen

Sportschau, 22.05.2023 08:10 Uhr

Die Deutsche Fußball Liga hat eine natürliche Spannungslage, aber nun sind tiefe Risse entstanden. Das wurde in dem Hotel am Frankfurter Flughafen klar, in dem Watzke zugab, dass in den Wochen zuvor "einiges an Vertrauen verlorengegangen" sei.

Der Frage, wie die Risse gekittet werden sollen, ist die Frage vorgeschaltet, wer es machen soll. Hellmann und Oliver Leki, der andere Interimsgeschäftsführer, hören zum 30. Juni auf.

Neue Geschäftsführung gesucht

Es ist möglich, dass im Juli wieder eine Doppelspitze installiert wird, vielleicht wird es aber auch nur eine Person. Watzke hätte die Interims- gerne als Dauerlösung gesehen, aber zunächst sagte Leki, dann Hellmann ab. Jan-Christian Dreesen vom FC Bayern gilt nun als aussichtsreicher Kandidat, allerdings auch bei den Münchnern, sollte dem Vorstandsvorsitzenden Oliver Kahn Ende Mai vom Aufsichtsrat das Vertrauen entzogen werden.

Investoren-Deal geplatzt - "Über neue Strukturen nachdenken"

Morgenmagazin, 25.05.2023 06:55 Uhr

Bernd Reichart wird auch bei der DFL gehandelt, obwohl er aktuell noch oberster Lobbyist für eine Super League ist.

Große Aufgaben

Die Aufgaben werden groß sein für die neue Geschäftsführung, denn der Verkauf der audiovisuellen Rechte, Haupteinnahmequelle für die Periode ab der Saison 2025/26, steht an und muss ausgeschrieben werden.

Für den Fall, dass es bei einer Zentralvermarktung bleibt, muss der Verteilerschlüssel verhandelt werden.

Neue Strategie

Sollten sich die Wogen glätten und die Gemeinschaft der Klubs gewillt sein, gemeinschaftlich die Felder Digitalisierung und Internationalisierung anzugehen, muss eine Strategie entwickelt werden. Woher soll das nötige Geld für Investitionen ohne Investor kommen? Wie sollen vor allem junge Menschen weltweit dazu bewegt werden, für Produkte des Produktes Bundesliga zu zahlen?

"Nur aus kontroverser Diskussion heraus entsteht signifikante Weiterentwicklung. Deshalb stehen wir als FC Schalke 04 dafür, den Diskurs nun nicht einzustellen, sondern zu intensivieren", sagte Schalkes Vorstandssprecher Bernd Schröder. Andere Klubs, die den Deal ebenfalls abgelehnt hatten, äußerten sich ähnlich.

Es gibt aber auch Stimmen wie die von Gladbachs Geschäftsführer Stephan Schippers: "Eine positive Entscheidung (zum Investorendeal; d. Red.) wäre für die nächsten 20 Jahre ein Bekenntnis zur Zentralvermarktung gewesen, ein Bekenntnis zu 50+1, ein Bekenntnis zum Solidarmodell zwischen erster und zweiter Bundesliga." Der Umkehrschluss zeigt, dass die kommenden Monate ähnlich spannend werden, wie sie es beim möglichen konkreten Auswahlprozess für einen Investor geworden wären.

Grundsatzfrage?

Möglich, wenn auch unwahrscheinlich ist der Fall, dass die Grundsatzfrage gestellt wird, was die DFL will. Eine Liga, die ein paar Vereine hat, die regelmäßig das Viertelfinale der Champions League erreichen können? Oder eine Liga, in der acht Vereine die Chance haben, Deutscher Meister zu werden?