Abschaffung der Junioren-Bundesligen Noch eine Reform im Nachwuchs
Es war die Plattform, auf der die U17-Weltmeister wie Paris Brunner, Finn Jeltsch, Fayssal Harchaoui oder Max Moerstedt herangereift sind: die Junioren-Bundesliga. Doch diese Bühne schafft der Deutsche Fußball-Bund (DFB) bald ganz bewusst ab.
Die in aller Munde befindlichen Weltmeister sind bei Borussia Dortmund (Brunner), dem 1. FC Nürnberg (Jeltsch), 1. FC Köln (Harchaoui) oder der TSG Hoffenheim (Moerstedt) auch über diese Spielklasse teils zu herausragenden Akteuren gereift. Doch das bisherige Bundesliga-System bei U19 und U17 - aufgeteilt in drei regionale Staffeln Nord/Nordosten, West sowie Süd/Südwest - ist demnächst Geschichte, wenn diese A- und B-Junioren Bundesligen durch eine DFB-Nachwuchsliga mit deutlich mehr Mannschaften ersetzt werden.
"Wir wollen mehr individuelle Qualität entwickeln", erklärte der neue DFB-Nachwuchsdirektor Hannes Wolf in einer digitalen Medienrunde. Der jüngste Erfolg der deutschen U17-Nationalmannschaft ändere ja nichts am grundsätzlichen Reformbedarf, sagte der frühere Bundesligatrainer des VfB Stuttgart und Hamburger SV und lange im Nachwuchs von Borussia Dortmund arbeitende 42-Jährige: "Wir haben das, was den deutschen Fußball ausgemacht hat, im Jugendbereich teils aus den Augen verloren. Wir müssen die Leiter an der richtigen Wand anlehnen und dort hochklettern."
Der Abstiegskampf hat die Ausbildung behindert
Der Verband hatte herausgefunden, dass viele Klubs in den jeweils 14 Teams umfassenden Junioren-Bundesligen nur auf die Vermeidung von Misserfolgen aus waren, um den Abstieg zu umgehen. Damit trat die Entwicklung der einzelnen Spieler aber in den Hintergrund – gerade die individuellen Fähigkeiten wurden eher gebremst statt gefördert. Wolf: "Wenn sich die halbe Liga im Abstiegskampf befindet, beißt sich das mit der Ausbildung." Plakativ formulierte der Nachwuchschef: "Ich sehe nicht, dass jemand, weil er mit 15 die Bälle hinten weggebolzt hat, um nicht abzusteigen, am Ende hilft. Es geht um ganzheitliche Positionen."
Die vielleicht wichtigste Neuerung mit Einführung der mehrgeteilten DFB-Nachwuchsliga ab der Saison 2024/2025 ist ja, dass künftig alle 56 Leistungszentren aus dem deutschen Profifußball einen Startplatz sicher haben. Nur ein Beispiel: Im Bereich Süd/Südwest sammeln sich allein 22 Vereine mit einem Leistungszentrum, aber die zugehörige A-Junioren-Bundesliga bietet bloß 14 Plätze.
Hannes Wolf widerspricht Christian Wück in einem Punkt
Wolf ist überzeugt, dass nun noch mal mehr Talente mitgenommen werden können: "Wir brauchen alle Spielertypen, wir dürfen keinen verlieren. Das ist der Typ Sven Bender, der alles organisiert - aber auch der kleine Flügelstürmer, der dribbelt und kreativ ist." Genau wie bei der Reform des Kinderfußballs mit neuen Spielformen - kleinere Felder, kleinere Teams - verspricht sich der engagierte DFB-Experte auch hier eine verbesserte Förderung hin zu mehr Kreativität, Spielfreude und Leistungsstärke.
Den Übergangsbereich hat U17-Weltmeistertrainer Christian Wück als Problemzone ausgemacht, weil die Vereine den Talenten zu wenig vertrauen würden. In diesem Punkt widersprach Wolf allerdings am Montag (11.12.2023): Als U20-Nationalcoach sehe er inzwischen "sehr viele Trainer, die bereit sind, junge Spieler einzusetzen". Bereits im vergangenen Sommer wurde die Junioren-Bundesligen-Reform vom DFB-Vorstand beschlossen.
Das Etikett "Bundesliga" war trügerisch
In der nächsten Spielzeit sind alle Vereine mit einem Leistungszentrum, alle Vereine ohne Leistungszentrum, die den sportlichen Klassenverbleib in der A- und B-Junioren-Bundesliga schaffen sowie die Aufsteiger aus den zweithöchsten Spielklassen in der DFB-Nachwuchsliga vertreten, die in erster Linie unter regionalen Gesichtspunkten in bis zu neun Gruppen mit je acht Teams aufgeteilt wird.
Das Etikett "Bundesliga" fällt bewusst weg. Insbesondere Eltern und Berater hätten nach bis zu vier Jahren in diesem Bereich dann die Nase gerümpft, wenn ein Talent zum Reifen in einem Profiklub dann erst einmal in der zweiten Mannschaft auf Regionalliga-Ebene zum Einsatz kam. "Da hat der Name was Falsches suggeriert", erklärte Daniel Feld, Leiter Nachwuchs & Leistungszentren der Deutschen Fußball Liga.
Die Reform sollte viel früher kommen
Die DFL hätte gemeinsam mit dem DFB diese Reform gerne im Rahmen des "Projekts Zukunft" schon viel früher durchgesetzt, doch anfänglich waren viele Nachwuchsleistungszentren noch nicht überzeugt. Das hat sich inzwischen geändert, wie Andreas Steiert als Nachwuchsleiter des SC Freiburg bestätigte: "Ich sehe Vorteile auf und neben dem Platz. Das hilft uns in der Ausbildung."
Sowohl bei der U19 als auch der U17 wird die Saison dann ab 2025 in zwei Phasen unterteilt. Die Vorrunde wird in regionalen Gruppen mit maximal acht Teams gespielt, die Hin- und Rückspiele bestreiten. Anschließend verzweigt sich die DFB-Nachwuchsliga in eine Liga A und B. In der Liga A spielen 24 Mannschaften in vier Sechser-Gruppen weiter. Die vier besten Teams kommen in ein Achtelfinale, wenn dann im K.o.-System der deutsche Meister bei den A- und B-Junioren ausgespielt wird. Gerade diese Entscheidungsspiele soll die Toptalente dann den Wettkampfcharakter lehren.
Verwässerung kann eine Folge sein
In der B-Liga rücken die besten Mannschaften aus den zweithöchsten Spielklassen auf, maximal elf Teams. Auch in der B-Liga spielen Gruppen mit je acht Teams weiter. Die Verantwortlichen räumten auf Sportschau-Nachfrage ein, dass das neue System gerade anfangs zu einer gewissen Verwässerung führen kann. Derzeit verläuft der Wettbewerb insbesondere in den U19-Bundesligen teils sehr ausgeglichen.
Im Westen stehen Bayer Leverkusen, Borussia Dortmund und Schalke 04 an der Spitze, die Verfolger sind in der Lauerstellung. Noch enger geht es in der Süd/Südwest-Staffel zu, wo TSG Hoffenheim, Eintracht Frankfurt, FC Ingolstadt, Karlsruher SC und Mainz 05 sich nach 14 Spieltagen vor dem Nachwuchs des FC Bayern geschoben haben. Der Meisterschaftskampf dürfte bis zum letzten Spieltag spannend werden.
Sieben Einwechslungen erlaubt
Die neue Nachwuchsliga könnte künftig gerade in der Vorrunde nicht so ausgeglichen verlaufen. Aber die Unterforderung ist zum einen gewollt, weil sich später auch eine Überforderung zeigen könnte, so argumentierten die DFB- und DFL-Vertreter. Überdies ist das entworfene System nicht in Stein gemeißelt, sondern können auch noch weiter angepasst werden.
Veränderungen könnten jederzeit noch auf den Weg gebracht werden. Eines ist schon durchgesetzt: Damit die Akteure mehr Einsatzzeiten erhalten, sind in den Nachwuchsligen ab der kommenden Spielzeit bis zu sieben Einwechslungen möglich. Für jeden Spieler im 18er-Kader soll so eine Einsatzchance bestehen. Es müsse verhindert werden, dass "jemand drei Stunden im Bus sitzt und ohne Einsatz wieder zurückfährt", sagte Wolf.