Demi Vollering
Tourreporterin

Tour de France Femmes Nach Streckenrekord und Tourmalet - bald mehr als acht Tage?

Stand: 30.07.2023 09:43 Uhr

Mit dem Anstieg auf den Tourmalet schrieb die Tour de France Femmes Geschichte. Es scheint, als hätte Renndirektorin Marion Rousse ein gutes Format gefunden. Doch was hält die Zukunft noch bereit?

Im Winter wird auf dem Tourmalet traditionellerweise Ski gefahren. Daran war am Start in Lannemezan am Samstag nicht zu denken, zu drückend war die Hitze dort. Auf dem Tourmalet angekommen, dem höchsten Gebirgspass in den französischen Pyrenäen, wäre eine dickere Jacke jedoch sehr praktisch gewesen, so ungemütlich, wenn nicht sogar eklig war es im Ziel.

Demi Vollering sollte es nicht gestört haben. Die 26-Jährige wird nach ihrem Höllenritt den Tourmalet hoch noch voller Adrenalin gewesen sein. Das Gelbe Trikot tat sein Übriges. Ganz im Gegensatz zu den restlichen Fahrerinnen, die sich völlig entkräftet vor dem Regen und Nebel in die Tourbusse retteten.

So hoch ging es noch nie

Die zweite Ausgabe der Tour de France Femmes bricht in diesem Jahr alle Rekorde, was die Streckenführung angeht. Noch nie war eine Etappe so lang wie die vierte von Cahors bis nach Rodez – knapp 185 Kilometer mussten die Fahrerinnen bewältigen.

Und am Samstag? Da ging es so weit aufwärts wie noch nie zuvor. Mit 2.115 Metern ist der geschichtsträchtige Col du Tourmalet fast doppelt so hoch wie die Gipfel Le Markstein und La Super Planche des Belles Filles im vergangenen Jahr. Man wolle einen Schritt vorangehen, so Renndirektorin Marion Rousse bei der Präsentation im Oktober 2022.

Frauen-Tour will sich etablieren

Die Tour de France Femmes feierte ihre Premiere im vergangenen Jahr. Es war nicht der erste Versuch, eine Frauen-Tour zu etablieren, dies scheiterte jedoch immer wieder an finanziellen Möglichkeiten und fehlenden Sponsoren. Zu stiefmütterlich behandelten der Weltradsportverband UCI, Renn-Veranstalter sowie die Medien jahrzehntelang den Frauenradsport.

Und auch heutzutage gibt es immer noch Personen in der Radsportwelt, die die Frauen belächeln. So zum Beispiel Patrick Lefevere, Teamchef von AG Insurance – Soudal Quick-Step, für das auch die Deutsche Romy Kasper fährt. Viele Fahrerinnen wären die von der UCI festgelegten Mindestgehälter nicht wert, der Frauenradsport würde eh zu künstlich gepusht, so der Belgier in einem Interview mit der belgischen Tageszeitung "De Krant van West-Vlaanderen" im Februar 2023.

Gekommen, um zu bleiben

Dass die diesjährige Tour de France Femmes vorerst die letzte Ausgabe darstellt, ist schon einmal ausgeschlossen. Denn für 2024 stehen bereits der Termin sowie der Startort fest. Im August – zwischen den Olympischen Spielen und den Paralympics in Paris – startet die Rundfahrt in Rotterdam.

Doch nicht nur der erste Grand Depart im Ausland, sondern auch die Tatsache, dass die Rundfahrt unabhängig von der der Männer stattfinden wird, lässt aufhorchen. Laut Christian Prudhomme, Renndirektor der Tour de France der Männer, sei dies ein Zeichen der Emanzipation.

"Wir wollen dem Frauenradsport die gleiche Sichtbarkeit und die gleiche Bedeutung geben wie dem Männerradsport", sagte Prudhomme gegenüber der EBU. Der Sport stehe dem der Männer in nichts nach und hätte seine eigenen Stars sowie Geschichte, so der ehemalige Journalist weiter.

Marion Rousse würde diese Aussagen mit Sicherheit sofort unterschreiben. Mit der Tour de France Femmes 2023 sei sie bisher auf jeden Fall sehr zufrieden. "Die Fahrerinnen boten bis jetzt ein wahres Spektakel, worüber ich sehr froh bin", erzählt sie gegenüber der Sportschau. "Die Leute zu Hause und an den Straßen haben die Tour de France Femmes gut angenommen. Viele, die eigentlich keinen Frauenradsport schauen, schalten jetzt ein, weil es eben die Tour ist."

Die Direktorin der Tour de France Femmes Marion Rousse

Marion Rousse

Tour des Femmes: Bald mehr als acht Etappen?

Längere Strecken, Anstiege wie bei den Männern, könnte die Tour de France Femmes in Zukunft ebenfalls 21 Etappen haben? Dies wäre zumindest nicht ganz neu, denn die früheren Frankreich-Rundfahrten gingen teilweise über 18 Tage. In der Women’s World Tour ist der Giro D’Italia Donne mit seinen neun Etappen derzeit allerdings das längste Rennen.

Ganz ausschließen möchte Rousse eine Aufstockung jedoch nicht. "Wir sind vorsichtig, was das angeht. Gerade haben wir im Gegensatz zu früher ein Format gefunden, das funktioniert. Aber in ein paar Jahren? Wieso nicht? Grundsätzlich wollen wir die Entwicklung der Tour de France Femmes der Entwicklung des Frauenradsports anpassen."

Die Bedenken, dass die Fahrerinnen dem steilen Anstieg auf den Tourmalet nicht gewachsen sein könnten, bewahrheitete sich am Samstag übrigens nicht. Gerade einmal zwei Fahrerinnen schafften das Zeitlimit nicht. Die meisten werden es aber wahrscheinlich mit der deutschen Etappensiegerin Ricarda Bauernfeind halten, die auf die Frage, ob sie gerne eine längere Rundfahrt hätte, meinte: "Erstmal diese überstehen, dann können wir weiterreden."