Thomas Weikert, Präsident des Deutschen Olympischen Sportbunds
interview

Mögliche deutsche Olympiabewerbung DOSB-Chef Weikert - "Wir wollen alle fragen, besonders die Kritiker"

Stand: 27.09.2022 13:27 Uhr

Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) würde sich gerne wieder um Olympische und Paralympische Spiele bewerben. Doch nach sieben gescheiterten Kampagnen seit den bislang letzten Spielen auf deutschem Boden in München 1972 ist der Dachverband vorsichtig geworden. Doch er wähnt sich auf dem richtigen Weg – und der soll anders aussehen als bei den vergangenen Bewerbungspleiten, wie DOSB-Präsident Thomas Weikert nach einer Anhörung zu diesem Thema vor dem Sportausschuss des Bundestages im Interview mit sportschau.de betonte.

"Herr Weikert, die European Championships in München wurden als großer Erfolg gewertet, auch die Basketball-EM in Köln und Berlin hat bei Fans viel Begeisterung ausgelöst. Sie hätten danach leicht die Karte Olympia spielen und eine neue Bewerbung, die ja erklärtes Ziel des DOSB ist, forcieren können. Warum haben sie es nicht getan?"

Thomas Weikert: "Weil wir uns nicht von temporären Begeisterungsstürmen beeinflussen lassen. Früher wurden schlicht der Sport und die Regierung befragt, wie wir Olympische und Paralympische Spiele durchführen. Dann gab es eine Bürgerbefragung, und die ist dann baden gegangen. Das machen wir jetzt nicht mehr. Wir wollen alle fragen, besonders die Kritiker. Die Menschen müssen mitgenommen und gehört werden. Die Debattenkultur im DOSB ist jetzt eine andere. Es geht um Aufklärung, Information und Partizipation in allen Teilen der Gesellschaft."

"Haben Sie das Gefühl, dass Sie hier im Bundestag einer Bewerbung nähergekommen sind?"

Weikert: "Ja, ich denke, wir sind nähergekommen. Heute ist ja auch viel über die European Championships oder die Basketball-EM gesprochen worden. Die Veranstaltungen waren ein großer Erfolg. Einen Bewerbungsprozess für Olympische Spiele in Gang zu bringen, ist zwar noch mal etwas anderes, aber der Grundstein wurde auf jeden Fall gelegt. Und ich denke, die Mitgliederversammlung des DOSB wird im Dezember in Baden-Baden ein positives Votum für eine Bewerbung geben, sodass wir beginnen können, so eine Veranstaltung zu planen. Es wird viele Hürden geben. Es wird viel Gesprächsstoff geben. Aber wir sind optimistisch, dass wir das gut hinbekommen werden."

"Wie sieht der konkrete Weg bis zu einer möglichen Bewerbung aus?"

Weikert: "Der genannte Dialogprozess wird anderthalb, zwei Jahre dauern, auf jeden Fall bis nach den Spielen 2024 in Paris. Dann werden wir resümieren und gucken, ob wir uns bewerben und mit wem wir uns bewerben, wenn das Ganze aus unserer Sicht positiv ausfällt. Wir werden uns vorher auf nichts festlegen. Die neuen Richtlinien des IOC geben uns mehr Flexibilität. Es muss zum Beispiel nicht nur ein Standort sein, an dem Olympische und Paralympische Spiele ausgetragen werden, es können nach moderner Lesart auch zwei sein."

"Sie haben als früheste Zeitpunkte für eine mögliche Gastgeberrolle 2034 für Winterspiele oder 2036 für Sommerspiele genannt. Wenn dieser Prozess, den Sie beschrieben haben, erfolgreich wäre, ist dann eine Bewerbung für Winter 2034 oder Sommer 2036 gesetzt, oder haben Sie auch spätere Spiele im Auge?"

Weikert: "2040 wäre auch eine Möglichkeit, natürlich. Als jetziges Präsidium streben wir, sollten wir wiedergewählt werden, aber eine frühestmögliche Bewerbung an, und das wäre eine um die Spiele 2034 oder 2036."

"Ist für den DOSB eine Bewerbung ohne Referendum in der Ausrichterregion denkbar?"

Weikert: "Nein. Es wird Referenden geben, sofern wir uns für eine Bewerbung entscheiden. Und noch mal: Möglicherweise kann es ja auch sein, dass es mehrere Bewerberstädte gibt."

Das Interview führte Jörg Mebus.