Lise Klaveness, Präsidentin des norwegischen Fußballverbands

UEFA und FIFA  Klaveness will in den UEFA-Vorstand - "Das ist kein Männersport"

Stand: 04.04.2023 10:31 Uhr

Norwegens Verbandspräsidentin Lise Klaveness will in das UEFA-Exekutivkomitee einziehen. Die Zeit für mehr Frauen in den Gremien sei längst gekommen, sagt sie - doch sicher ist ihre Wahl keineswegs.

Das UEFA-Exekutivkomitee ist das mächtigste Gremium im europäischen Fußball: Dort werden die wichtigen Entscheidungen über Europameisterschaften, den Europapokal sowie Fragen um Geld und Zuständigkeiten getroffen. Von den 20 Mitgliedern des Exekutivkomitees sind 19 männlich. Lise Klaveness, Präsidentin des norwegischen Fußballverbands, will diese Verhältnisse zumindest ein wenig ändern. 

"Das ist auch für Frauen der größte Sport der Welt", sagt Klaveness im Gespräch mit der Sportschau: "Das ist kein Männersport, also müssen Frauen dabei sein." Die Statuten der UEFA sehen im Exekutivkomitee einen Quotenplatz für eine Frau vor. Klaveness bewirbt sich aber ausdrücklich für einen der anderen Plätze.  

Klaveness wollte nicht den Quotenplatz

Die Überlegung, ob der Quotenplatz leichter zu erreichen gewesen wäre, habe es gegeben, sagt Klaveness. "Es ist ein Dilemma gewesen. Aber ich möchte durch meine Leistung gewählt werden", sagt sie. Für den einzigen für eine Frau reservierten Platz tritt nun Laura McAllister aus Wales ohne Gegenkandidatin an. "Es hätte sich für mich auch nicht richtig angefühlt zu versuchen, die einzige andere Frau zu blockieren, die in das Exekutivkomitee einziehen könnte", sagt Klaveness. 

Sollte Klaveness beim UEFA-Kongress am Mittwoch (05.04.2023) in Lissabon erfolgreich sein, würde sich die Zahl der Frauen im Exekutivkomitee der UEFA damit verdoppeln - und mit dann zwei von 20 Mitgliedern doch nur zehn Prozent der Plätze bedeuten. "Das kann natürlich nur ein Anfang sein", sagt Klaveness. Doch dieser Anfang ist längst nicht sicher. Denn Klaveness trifft auf eine üblicherweise gut vernetzte, mächtige und männliche Konkurrenz. 

Eine Frau und zehn Männer bewerben sich um sieben Plätze

Beim Kongress 2023 werden sieben Plätze im Exekutivkomitee für vier Jahre vergeben. Neben Klaveness treten zehn Männer an. Von den elf zur Wahl stehenden Personen werden also vier durchfallen. Die 55 Nationalverbände der UEFA haben bei jeder Person, die zur Wahl steht, jeweils eine Stimme. 

Für Klaveness ist einer der Kandidaten möglicherweise ein Problem: Jesper Möller Christensen aus Dänemark tritt zur Wiederwahl an. Weil mit Karl-Erik Nilsson aus Schweden (bis 2025 gewählt) bereits ein Mitglied des Exekutivkomitees aus Skandinavien kommt, gilt es als eher unwahrscheinlich, dass die Versammlung zwei Bewerbungen aus Skandinavien in das Gremium wählen wird. 

Kandidaten und Kandidatinnen*
Person Land Wahl
Jesper Möller Christensen Dänemark Wiederwahl
Philippe Diallo Frankreich Neuwahl
Armand Duka Albanien Wiederwahl
Petr Fousek Tschechien Neuwahl
Lise Klaveness Norwegen Neuwahl
Levan Kobiaschwili Georgien Neuwahl
Andrii Pavelko Ukraine Wiederwahl
Rod Petrie Schottland Neuwahl
Hugo Quaderer Liechtenstein Neuwahl
Luis Rubiales Spanien Wiederwahl
Björn Vassallo Malta Neuwahl

* Darüber hinaus tritt Laura McAllister (Wales) ohne Gegenkandidatin für den weiblichen Platz an, Florence Hardouin (Frankreich) steht nicht zur Wiederwahl. Hans-Joachim Watzke (Deutschland) steht ohne Gegenkandidat für die restlichen zwei Jahre der Amtszeit von Rainer Koch (Deutschland) an, der auf Wunsch des DFB aus dem Gremium ausscheidet. 

DFB-Präsident Neuendorf: "Es gehören mehr Frauen in diese Gremien"

Ob der Deutsche Fußball-Bund Klaveness unterstützt? "Schaut man sich die Führungsgremien in FIFA und UEFA an, dann denke ich auch, dass mehr Weiblichkeit den beiden Gremien guttun könnte", sagt DFB-Präsident Bernd Neuendorf im Gespräch mit der Sportschau.  

DFB-Präsident Bernd Neuendorf

DFB-Präsident Bernd Neuendorf

Zugleich verweist er darauf, dass die Wahl geheim ist: "Deshalb werde ich mich nicht komplett outen. Aber ich habe auch oft genug dokumentiert, dass ich inhaltlich in vielen Punkten mit Lise übereinstimme. Und generell ist meine Auffassung, dass mehr Frauen in diese Gremien gehören." 

Auch im FIFA-Rat ist eine zweite Frau aus Europa möglich

Auch im FIFA-Rat, in dem der UEFA neun Plätze zustehen, könnte es bald zwei Frauen aus Europa geben. Evelina Christillin aus Italien hält den Quotenplatz für eine Frau. Daneben gibt es eine andere Art von Quotenplatz für die Verbände aus dem Vereinigten Königreich - England, Nordirland, Wales und Schottland steht laut Statuten generell ein Platz im FIFA-Rat zu, der zugleich ein Posten als Vize unter dem FIFA-Präsidenten ist. Der Nordire David Martin hatte Englands Greg Clarke nach einem Rassismusskandal ersetzt. 

Die Vorsitzende des englischen Verbands, Debbie Hewitt

Die Vorsitzende des englischen Verbands, Debbie Hewitt

Mittlerweile ist Debbie Hewitt Vorsitzende des englischen Verbands und fordert in einer Kampfabstimmung den britischen Quotenplatz für England wieder ein. Auch über diesen Platz stimmen alle 55 UEFA-Verbände ab. Hewitt schrieb als Frau schon im Januar Geschichte im Verbandswesen des Fußballs: In ihrer Funktion als Englands Verbandsvorsitzende wurde sie die erste Frau, die eine Generalversammlung des International Football Association Boards (IFAB) leitete. Das IFAB berät und beschließt die allgemeinen Fußballregeln.