Uli Hoeneß

"Sommermärchen-Prozess" Prominente Zeugen kommen, das Geheimnis bleibt

Stand: 15.04.2024 18:31 Uhr

Uli Hoeneß sagt im "Sommermärchen-Prozess" aus, aber das Gericht kommt in der Frage keinen Schritt weiter, wofür Millionen Euro an einen korrupten FIFA-Funktionär flossen. Die Hoffnung ist gering, dass dies bei weiteren prominenten Zeugen anders wäre.

Ein paar Dinge wusste der prominente Zeuge ganz genau. Diese ominöse Zahlung von zehn Millionen Schweizer Franken, so sagte es Uli Hoeneß vor dem Frankfurter Landgericht, sei "ganz sicher" nicht dafür genutzt worden, um Funktionäre des Fußballweltverbandes FIFA zu korrumpieren, damit diese für Deutschland als Ausrichter der Weltmeisterschaft 2006 stimmten.

Jene FIFA sei zwar "zu diesem Zeitpunkt", also an der Jahrtausendwende, ein "korrupter Haufen" gewesen, aber zu Schmiergeld aus Deutschland habe es dann doch nicht gereicht, versicherte der Ehrenpräsident des FC Bayern.

"Dazu kann ich nichts sagen", war eine häufige Antwort

Er war zur Verhandlung am Montag (15.04.2024) geladen worden, weil er in einem Fußballtalk und einem Podcast über sein Leben gesagt hatte, dass er ziemlich genau wisse, wofür das Geld denn bestimmt gewesen sei. "Das mit dem 'ziemlich genau' war wohl nur so daher gesagt", merkte die Vorsitzende Richterin Eva-Marie Distler an, die sich zwischendurch auch an einigen Anekdoten Hoeneß' erfreute, aber auch schnell merkte, dass einer der am besten informierten Menschen im deutschen Fußball das große Geheimnis des deutschen Fußballs nicht aufklären wird.

Dabei hatte Uli Hoeneß selbst gesagt, was jeder denken dürfte: "Es kann nicht sein, dass solche Beträge von A nach B gehen, und keiner weiß, wofür es ist."

"B" ist in diesem Fall eine Firma in Katar, die Mohamed bin Hammam gehörte, einem der Korruptesten aus dem "korrupten Haufen" FIFA.

Bevor Hoeneß am frühen Nachmittag in den Zeugenstand trat, wurden drei Protokolle von Vernehmungen vorgelesen, die Ermittlungsbehörden in Frankfurt und der Schweiz mit dem inzwischen verstorbenen Franz Beckenbauer führten. "Dazu kann ich nichts sagen", war eine Antwort, die sehr häufig vorkam.

Ungereimtheiten in Aussagen von Hoeneß und Beckenbauer

Beckenbauer, Chef des Organisationskomitees (OK) der WM 2006, zeichnete in den Vernehmungen das Selbstbild eines Mannes, der alles in die Hände von Vertrauten legte, was nicht mit Fußball als Sport und Familie zu tun hatte. Hoeneß bestätigte das Bild.

Robert Schwan, im Juli 2002 verstorben, war Beckenbauers engster Vertrauter und Berater. "Alle Sachen, die unangenehm waren, hat der Franz den Schwan machen lassen", sagte Hoeneß, das sei zusätzlich zu den durchaus angenehmen Sachen passiert, darunter das Aushandeln lukrativer Verträge.

Es waren in den verlesenen Aussagen Beckenbauers und den gesprochenen Aussagen von Hoeneß durchaus Ungereimtheiten zu erkennen, manche ziemlich nah an Widersprüchen. So sagte Hoeneß, die Rückzahlung des Darlehens von Robert Louis-Dreyfus, dem ehemaligen Chef von "adidas", durch das die Überweisungen nach Katar getätigt werden konnten, sei von Gerhard Mayer-Vorfelder genehmigt worden, dem ehemaligen Präsidenten des Deutschen Fußball-Bundes (DFB). Beckenbauer hingegen hatte zu Protokoll gegeben, Mayer-Vorfelder habe mit der Zahlung nichts zu tun haben wollen.

Louis-Dreyfus, Schwan, Beckenbauer und Mayer-Vorfelder fallen als Zeugen aus, weil sie verstorben sind. Die Angeklagten Theo Zwanziger, Horst R. Schmidt und Wolfgang Niersbach, sämtlich ehemalige Topfunktionäre beim DFB, haben auch noch nichts zum wahren Verwendungszweck der zehn Millionen Schweizer Franken beigetragen, die der ominösen Summe von 6,7 Millionen Euro entsprachen. Die Vernehmung von Hoeneß war öffentlichkeitswirksam, aber inhaltlich dünn.

Was ist von weiteren Zeugen zu erwarten?

Es ist fraglich, ob Fedor Radmann, für den die Richterin eine Vorladung ankündigte, Günter Netzer und Urs Linsi im Zeugenstand Licht ins Dunkel bringen würden. Radmann war ein weiterer Vertrauter Beckenbauers und damals auch im OK, Netzer Strippenzieher für damalige Inhaber von wertvollen Medienrechten und Linsi damals involvierter Generalsekretär der FIFA.

Der Prozess scheint lediglich die Frage zu beantworten, ob sich die Angeklagten der Steuerhinterziehung im besonders schweren Fall schuldig gemacht haben, weswegen sie vor Gericht sitzen. Durfte der DFB die Rückzahlung des Darlehens an Louis-Dreyfus, für was auch immer es gedient haben mag, als Betriebsausgabe steuerlich geltend machen? Um diese Frage wird es vordergründig am Donnerstag (18.04.2024) gehen, dem nächsten Verhandlungstag - mit weniger Zuschauern und viel weniger Kameras, die auf einen prominenten Zeugen warten, der wenig zur Sache beitragen kann oder will. Dafür gab Hoeneß preis, dass er Bayer Leverkusen herzlich zur deutschen Meisterschaft gratuliert habe: "Es ist mir sehr schwergefallen."