Champions League in Dortmund Paris St. Germain und das Spiel um die Zukunft
Vor einem Jahr war Paris St. Germain durch das WM-Finale in Katar und das Duell Messi gegen Mbappé der Nabel der Fußball-Welt. Nun droht PSG bei Borussia Dortmund heute (Ab 21 Uhr in der Radio-Reportage und im Live-Ticker bei der Sportschau) das vorzeitige Aus in der Königklasse.
Es war einen Tag vor dem katarischen Nationalfeiertag am 18. Dezember, als Nasser Al-Khelaifi im vergangenen Jahr aus dem Schwärmen nicht herauskam. Der Präsident von Paris St. Germain weilte zu diesem Zeitpunkt natürlich bei der WM in seinem Heimatland, als er seiner ganz persönlichen Vorfreude aufs Traumfinale Ausdruck verlieh.
"Ich bin stolz darauf, zwei Spieler dabei zu haben, die beiden besten Spieler der Welt, die das Finale in meinem Land spielen. Das ist das beste Szenario. Ich kann es kaum erwarten", flötete der Katarer, der sich mit dem Showdown zwischen Kylian Mbappé und Lionel Messi zugleich die weltweit größte Strahlkraft für seinen Klub erhoffte.
Kylian Mbappé funktioniert nicht auf Knopfdruck
Alles war in seinem Emirat herausgeputzt: Das Endspielstadion, die bombastische Schüssel Lusail im Norden von Doha, glänzte bereits bei Tag und bei Nacht, und viele Fußballfans vergnügten sich vorab bei Temperaturen von über 20 Grad im Winter Wonderland auf Al Maha Island gleich nebenan. Doch die wahre Attraktion waren die beiden bei Paris angestellten Superstars, die in einem höchst spektakulären Endspiel alle Erwartungen bekanntlich bis zum letzten Elfmeter übertrafen.
Somit schien auch die Zukunft von PSG so golden zu schimmern wie der Schmucktempel, in dem Frankreich und Argentinien die Welt verzaubert hatten. Was Al-Khelaifi allerdings nicht ahnte: Dass auch Mbappé und Messi keine Maschinen sind, die auf Knopfdruck so klasse kicken. Kaum zurück im europäischen Winter, legte sich der graue Alltag über beide.
Julian Nagelsmann trickste PSG in diesem Jahr schon aus
Ein gewisser Julian Nagelsmann legte Mitte Februar noch als Trainer des FC Bayern eine taktische Meisterleistung hin, als der französische Favorit sein Achtelfinalhinspiel im Prinzenparkstadion mit 0:1 verlor, Anfang März war das Aus von Mbappé und Messi nach einem 0:2 in München besiegelt.
Das Ende einer erfolglosen Ära unter dem Eiffelturm war unausweichlich, weil der Dreizack zerfallen musste. Messi ging in die USA, Neymar nach Saudi-Arabien, während Mbappé immerhin den Verlockungen aus der Wüste mit ein wenig finanzieller Überzeugung vorerst widerstand. Wie es beim 24-Jährigen aber kommenden Sommer weitergeht, weiß er wohl selbst noch nicht genau.
Die Konstellation ist tückisch
Einiges könnte vom letzten Champions-League-Gruppenspieltag bei Borussia Dortmund heute abhängen. Denn Mbappé und Kollegen stehen trotz des glücklichen 1:1 durch einen umstrittenen Elfmeter gegen Newcastle immer noch mit dem Rücken zur Wand.
Nur mit einem Sieg sind die Gäste sicher weiter, bereits bei einem Remis könnte der neureiche Konkurrent aus England mit einem Heimerfolg gegen AC Mailand vorbeiziehen. Die Konstellation ist tückisch. Und für den PSG-Präsidenten fast peinlich.
Mehr Franzosen stärken die Identifikation
Es entbehrt nicht einer gewissen Pikanterie, dass dieses selten austarierte Ensemble nur unter dem heutigen Bayern-Trainer Thomas Tuchel mal eine halbe Hand am Henkelpott hatte. Ausgerechnet der Franzose Kingsley Coman hatte im Corona-Sommer 2020 im Finale gegen die Bayern bekanntlich was dagegen. Inzwischen setzt PSG selbst auf solche Spieler, um von der überbordenden Talentquelle im Land (und Verein) zu profitieren.
Die Verpflichtungen des gegen den BVB gesperrten Ousmane Dembélé und des von Eintracht Frankfurt losgeeisten Randal Kolo Muani sollten auch die Identifikation stärken. Mit Bradley Barcola angelte sich der Hauptstadtklub einen weiteren spannenden Landsmann.
Und früher hätte auch ein Toptalent wie Warren Zaire-Emery mit seinen erst 17 Jahren vielleicht nicht so viel Spielanteile erhalten. Doch richtig rund läuft es mit dem vermehrt heimischen Einfluss auch nicht, worüber sich der ehrgeizige Trainer Luis Enrique vielleicht am meisten ärgert. Klar, die Ligue 1 führt der Meister wieder an, aber abgerechnet wird letztlich über die Champions League.
Luis Enrique steht unter Druck
Dem Team des Spaniers fehlen trotz aller Veranlagung die Dominanz und die Autorität eines Titelanwärters. Zwar wirkte die Truppe mit dem italienischen Starkeeper Gianluigi Donnarumma oder den Ex-Bundesligaspielern Achraf Hakimi und Lucas Hernandez auf den Außenbahnen nicht mehr so planlos wie unter Enriques Vorgänger Christophe Galtier, und auch beim Teamgeist soll sich einiges zum Positiven gewendet haben, aber die Automatismen greifen nicht. Eine Niederlage bei den Westfalen kann sich gerade Enrique nicht leisten.
Vor der Partie zeigt sich der Spanier kampferisch: "Große Vereine spielen jeden Monat große Matches. Wer den Druck nicht mag, darf nicht bei einem großen Verein unterschreiben. Wir können das Spiel morgen gewinnen, und wir werden das Spiel morgen gewinnen."
Seit 2011 der katarische Staatsfond "Qatar Sports Investment" einstieg, ist der Klub noch nie in der Vorrunde hängen geblieben. Ein Überwintern ist das Mindeste, was die Eigner für ihre opulente Bezuschussung - die Rede ist summa summarum von rund vier Milliarden Euro im Laufe der Jahre - auf dieser Bühne erwarten. Vom Projekt, PSG zur Nummer eins der Fußball-Welt zu machen, spricht Nasser Al-Khelaifi ohnehin seit längerem nicht mehr.