Bayern, Dortmund und der Titel Mehr Spannung war lange nicht
Thomas Tuchel trat an, um mit dem FC Bayern drei Titel zu holen. Nun bleibt ihm noch die Meisterschaft. Über kriselnde Bayern und einen Verfolger, der auch manchmal patzt.
Am Ende eines langen Tages, nachdem der FC Bayern im Viertelfinale der Champions League gegen Manchester City ausgeschieden war, saß der Trainer Thomas Tuchel am Mittwoch (19.04.2023) bei der Pressekonferenz und wurde um ein Fazit seiner ersten Wochen im Klub gebeten. Der Fragesteller erwähnte das Aus im DFB-Pokal und in der "Königsklasse", er sagte, nur mit Faktoren wie Pech sei das ja nicht zu erklären.
Es war eine Frage, wie Trainer sie eher nicht so gerne mögen. Tuchel mochte sie überhaupt nicht. "Ich weiß nicht, ob mir Ihre wertende Tonlage gefällt", sagte Tuchel. Und dass er versuchen werde, das zu "ignorieren". Er sprach dann über die Auftritte gegen Manchester, mit denen er "sehr zufrieden war". Er sprach über Spiele auf "Augenhöhe", davon, dass die Bayern mit der vielleicht besten Mannschaft Europas mitgehalten hätten.
Seit Ende März ist Tuchel Trainer des FC Bayern, angetreten war er, um die Saison zu retten. Um Meister zu werden, den DFB-Pokal und auch die Champions League zu gewinnen. Der Plan ist nicht aufgegangen. Von den ersten sechs Spielen unter ihm haben die Bayern nur zwei gewonnen, nun bleibt ihnen noch die Meisterschaft.
Tuchel sagt: Bloß keine Meister-Scham
Keine zwei Tage nach dem Aus in der Champions League saß Tuchel wieder bei einer Pressekonferenz, eigentlich sollte sie über die Gedanken des Trainers vor dem Bundesligaspiel gegen den 1. FSV Mainz 05 (Samstag ab 15.20 Uhr im Audiostream bei sportschau.de) informieren. Es ging dann manchmal auch um Tuchel und seinen Ex-Klub Mainz, aber natürlich ging es auch um die Gesamtsituation in München. "Wir kämpfen um den Titel", sagte Tuchel und meinte nur noch den in der Bundesliga. "Wir müssen uns für den Meistertitel nicht schämen."
Für eine Meisterschaft muss sich tatsächlich niemand schämen, aber der Gewinn der Meisterschaft allein hat beim FC Bayern zuletzt selten jemanden glücklich gemacht. Und überhaupt: Noch sind die Bayern nicht Meister, es gibt ja noch Borussia Dortmund. 59 Punkte haben die Bayern nach 28 Spieltagen - so wenige wie in keiner anderen ihrer zehn jüngsten Meistersaisons. Nur zwei Punkte trennen den Tabellenführer Bayern vom Verfolger BVB.
Verein | Spiele | Punkte |
---|---|---|
Bayern München | 28 | 59 |
Borussia Dortmund | 28 | 57 |
1. FC Union Berlin | 28 | 52 |
RB Leipzig | 28 | 51 |
Als beide Mannschaften eine knappe Woche nach Tuchels Amtsantritt aufeinandertrafen und die Bayern 4:2 gewannen, hielt mancher das bereits für eine Vorentscheidung im Meisterschaftsrennen. Anschließend gewann die Mannschaft knapp gegen Freiburg und spielte nur remis gegen Hoffenheim, von einer neuen Münchner Herrlichkeit war nur noch wenig zu spüren. Beinahe hätte der BVB am vergangenen Wochenende sogar nach Punkten aufgeschlossen, es fehlten nur Sekunden und Aufmerksamkeit in der Defensive.
Der FC Bayern ist also Tabellenführer, aber er ist in diesen Tagen auch ein Klub in der Krise, zu der sportlichen kommt eine auf Führungsebene. Oliver Kahn und Hasan Salihamidžić, die Chefs des Klubs, haben schon angenehmere Tage erlebt. Auch ihre Arbeit wird nun hinterfragt, es geht um das Verpassen sportlicher Ziele, aber auch um Kaderzusammenstellung und Transferstragie.
Zu Jahresanfang lag der BVB neun Punkte hinter den Bayern
In Dortmund haben sie solche Probleme nicht. Der Kader ist sicher nicht perfekt ausbalanciert, aber in der Kritik stehen die Verantwortlichen deshalb nicht. Sie sind dort mit wenigen Ausnahmen zufrieden mit der Entwicklung der Mannschaft, es ist keine Überraschung. Als die Bundesliga wegen der WM in Katar in eine lange Pause ging, lag Dortmund neun Punkte hinter den Bayern, es sprach nicht viel für Spannung im Titelrennen.
Verein | Platz | Punkte |
---|---|---|
Bayern München | 1 | 34 |
Borussia Dortmund | 6 | 25 |
Dann gewann der BVB acht Ligaspiele nacheinander, während gleichzeitig die Bayern nicht mehr wie die Bayern spielten. Dreimal endeten ihre Spiele remis, einmal verloren sie - und plötzlich waren Dortmunds Chancen auf die erste Meisterschaft seit 2012 so groß wie lange nicht.
Dem Trainer Edin Terzic ist es in den vergangenen Monaten gelungen, aus einer talentierten, aber mitunter fahrigen Mannschaft eine zu formen, die oft auch enge Spiele für sich entscheidet. Doch gegen Stuttgart gelang das nicht. Es lief die siebte Minute der Nachspielzeit, als Silas den 3:3-Ausgleich erzielte.
Nicht nur der Trainer Terzic sah anschließend einigermaßen entsetzt aus. "Das hier ist der Raum, in dem ich meine Mannschaft und uns als Gruppe beschützen will. Aber es fällt mir schwer, weil es einfach so unnötig, so dumm ist", sagte er. "Wenn man sieht, was wir seit dem 1. Juli investiert haben - und dann schenken wir es einfach so ab."
Terzic sagt: "Nah dran wie nie an der Meisterschale"
Seitdem sind nur wenige Tage vergangen, aber zuletzt hat sich Terzic schon wieder anders angehört. Vor dem Spiel gegen Eintracht Frankfurt (Samstag, ab 18.20 Uhr im Audiostream bei sportschau.de) sagte er: "Wir sind so nah dran wie nie an der Meisterschale. Und diese Chance wollen wir uns nicht nehmen lassen."
Spieltag | Bayern gegen | Dortmund gegen |
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29 | Mainz (A) | Frankfurt (H) |
30 | Hertha (H) | Bochum (A) |
31 | Bremen (A) | Wolfsburg (H) |
32 | Schalke (H) | Gladbach (H) |
33 | Leipzig (H) | Augsburg (A) |
34 | Köln (A) | Mainz (H) |