Herbstmeisterschaft winkt Leverkusen und die Angst vor dem Einbruch
Bayer Leverkusen geht als Spitzenreiter in die restliche Saison der Fußball-Bundesliga und kann Herbstmeister werden. Ein Titel ohne Wert - das weiß der Werksklub nur zu gut.
Wenn eine Mannschaft mit 13 Siegen, drei Remis, noch keiner Niederlage und 42 Punkten durch die ersten 16 Spieltage der Fußball-Bundesliga rauscht und wenn diese Mannschaft nicht FC Bayern München heißt, dann stellt sich unweigerlich die Frage: Wann bricht dieses Team ein?
Das ist auch jetzt so. Leverkusen ist Spitzenreiter der Liga, und die Werkself kann am Samstag mit einem Sieg beim FC Augsburg Herbstmeister werden - oder besser gesagt Wintermeister.
Bayer kurz vor der Herbstmeisterschaft
Sollte das nicht klappen, dann würde dieser inoffizielle Titel erst eineinhalb Wochen später am 24. Januar nach dem Nachholspiel des FC Bayern gegen Union Berlin vergeben, wenn dann alle Teams die gleiche Anzahl an Partien haben. Denn die Bayern liegen nach dem 3:0 gegen Hoffenheim aktuell einen Punkt hinter Leverkusen.
Leverkusens Xhaka bleibt gelassen
Granit Xhaka dürfte der Titel herzlich egal sein. Der Mittelfeldregisseur der Leverkusener geht den Re-Start gelassen an. "Wir haben unser Ding durchgezogen, das hat die Mannschaft in der Hinrunde sehr gut gemacht. Wir müssen mit beiden Beinen am Boden bleiben und unsere Arbeit weitermachen. Wir sind auf einem sehr guten Weg und werden dann irgendwann auch belohnt", sagt der Schweizer. Damit lässt er durchblicken, dass er sehr wohl weiß, dass es diese Belohnung in Form der deutschen Meisterschaft vielleicht nicht schon am Ende dieser Saison gibt.
Bayern kann TItelkampf, Leverkusen nicht
Fakt ist: Die Leverkusener konnten trotz aller Spielfreude, aller Siege und Punkte die Bayern in der Tabelle nicht abschütteln. Gewinnen die ihr Nachholspiel in Berlin, dann ist der Vorsprung mager. Und so wäre es nicht verwunderlich, wenn die Münchner im Mai zum zwölften Mal in Serie die Schale nach oben strecken.
Der Werkself von Trainer Xabi Alonso, despektierlich auch "Vizekusen" genannt, fehlt bekanntlich die Titelerfahrung. Die haben die Bayern zur Genüge, und sie sind bekannt dafür, dass sie da sind, wenn es darauf ankommt. Schön zu beobachten war das am Ende der vergangenen Saison, als Borussia Dortmund die Schale schon sicher zu haben glaubte.
Zum Start hat Leverkusen zudem mit den Abstellungen für den Afrika-Cup zu kämpfen. Dort spielen Edmond Tapsoba (Burkina Faso), Odilon Kossounou (Elfenbeinküste), Amine Adli (Marokko). Noch schwerer wiegt die Verletzung des Torjägers Victor Boniface.
Alonso überlegt deshalb, noch einmal auf dem Transfermarkt aktiv zu werden. "Wir sind nicht unter Druck, einen neuen Spieler zu holen, aber wir sind immer bereit", sagte der Spanier. Boniface fällt wegen einer Muskelverletzung etliche Wochen aus und soll erst ab April wieder zur Verfügung stehen.
Saison | Herbstmeister | Deutscher Meister |
---|---|---|
1970/71 | FC Bayern München | Borussia Mönchengladbach |
1971/72 | FC Schalke 04 | FC Bayern München |
1978/79 | 1. FC Kaiserslautern | Hamburger SV |
1980/81 | Hamburger SV | FC Bayern München |
1981/82 | 1. FC Köln | Hamburger SV |
1985/86 | Werder Bremen | FC Bayern München |
1986/87 | Hamburger SV | FC Bayern München |
1990/91 | Werder Bremen | 1. FC Kaiserslautern |
1991/92 | Eintracht Frankfurt | VfB Stuttgart |
1992/93 | FC Bayern München | Werder Bremen |
1993/94 | Eintracht Frankfurt | FC Bayern München |
2000/01 | FC Schalke 04 | FC Bayern München |
2001/02 | Bayer 04 Leverkusen | Borussia Dortmund |
2006/07 | Werder Bremen | VfB Stuttgart |
2008/09 | SG 1899 Hoffenheim | VfL Wolfsburg |
2009/10 | Bayer 04 Leverkusen | FC Bayern München |
2011/12 | FC Bayern München | Borussia Dortmund |
2018/19 | Borussia Dortmund | FC Bayern München |
2019/20 | RB Leipzig | FC Bayern München |
Titel ohne Wert
Die These, dass der FC Bayern Titelkampf kann, zeigt die Statistik. 40 Mal wurde der Herbstmeister auch deutscher Meister. Das "Gesetz der Serie", dass der Herbstmeister auch den Titel holt, durchbrachen am häufigsten - man ahnt es schon - die Münchner, nämlich neun Mal.
Die Liste der gescheiterten Herbstmeister ist prominent. Der FC Schalke 04, der 1. FC Kaiserslautern, der Hamburger SV, der 1. FC Köln und Werder Bremen sind dabei. Außerdem Eintracht Frankfurt, 1899 Hoffenheim, Borussia Dortmund und RB Leipzig. Und sogar die Bayern.
2002 ist Leverkusen tragisch gescheitert
Und natürlich auch Bayer Leverkusen. Geradezu traumatisch und tragisch verlief die Saison 2001/02, in der der Begriff "Vizekusen" geboren wurde. Nach dem 31. Spieltag, also drei Runden vor Schluss, hatten die Leverkusener als Tabellenführer unter Trainer Klaus Toppmöller fünf Punkte Vorsprung und standen im Finale des DFB-Pokals und der Champions League.
Doch dann verlor das Team sein Heimspiel gegen Werder Bremen (1:2) und anschließend auch beim 1. FC Nürnberg (0:1). Borussia Dortmund eroberte die Tabellenführung und gab sie nicht wieder her. Der 2:1-Sieg der Leverkusener gegen Hertha BSC kam zu spät. Anschließend verlor Leverkusen das DFB-Pokalendspiel mit 2:4 gegen Schalke 04 und das Finale der Champions League mit 1:2 gegen Real Madrid.
2010 nach hinten durchgereicht
Mit einem Sieg beim FC Augsburg am Samstag wäre Leverkusen wie erwähnt sogar ungeschlagen Herbstmeister, doch das waren sie auch in der Saison 2009/10 - und gebracht hat es nichts. Denn gegen Ende der Saison brach das Team unter Trainer Jupp Heynckes förmlich ein. In den letzten zehn Spielen setzte es fünf Niederlagen, Siege gab es kaum noch, und am Ende musste sich Bayer mit dem vierten Platz begnügen.