Para-Wintersport Über Lillehammer nach Peking - Team Para Nordisch in der Spur

Stand: 08.12.2021 11:34 Uhr

Das deutsche Team Para Skilanglauf und Biathlon ist in den Winter gestartet. Es fiebert den Weltmeisterschaften in Lillehammer und den Paralympics in Peking entgegen.

Von Maria Köhler-Thiel

"Some eggs and potatoes. pancakes. That’s fine" - Bundestrainer Ralf Rombach bestellt sich in der Kantine in Canmore seine Mahlzeit. Beim ersten Weltcup der Saison in Kanada erzählt der 53-Jährige bei Ei, Kartoffeln und Pfannkuchen, wie es um seine Schützlinge steht. 

Die Corona-Maßnahmen und den damit verbundenen Papierkram, um am internationalen Spitzensport teilzunehmen, beschreibt Rombach als "Eiertanz". Er sagt: "Das große Thema beschäftigt die Athleten sehr. Es bedarf einen enormen Zusatzaufwand."

Es gebe einige Mannschaftsmitglieder, die sich aktuell nicht impfen lassen, der Verband schicke allerdings nur Geimpfte zu den Paralympics (4. bis 13. März 2022) in Peking. Rombach erklärt: "Da läuft einigen jetzt ein bisschen die Zeit davon, wenn sie sich noch immer mit der Frage beschäftigen 'Ja oder nein?‘. Für einige ist der Zug dann abgefahren."

Zweite Heimat Livigno liegt höher als Peking

Fit sind seine Athletinnen und Athleten wohl. In Norditalien in Livigno trainierte das deutsche Team wochenlang.

Es entschied sich nicht nur wegen der guten Infrastruktur für den Ort in der Lombardei: "Die Strecken in Peking liegen auf 1.700 Metern Höhe. Ich spreche jetzt nicht von einem klassischen Höhentraining, sondern es geht darum, die Intensitäten in der Höhe überhaupt zu schaffen." Böse Überraschungen dürfte es somit im März nicht geben, denn Livigno liegt etwa 1.800 Meter über dem Meeresspiegel. 

Martin Fleig fit - Andrea Eskau angeschlagen

Bei den deutschen Medaillengewinnern von den Paralympics 2018 im südkoreanischen Pyeongchang sind die Vorzeichen gänzlich unterschiedlich. Martin Fleig, der mit Biathlon-Gold eine achtjährige Durststrecke der Männer beendet hatte, ist laut Rombach "auf einem sehr guten Weg". 

Anders sieht es bei Andrea Eskau aus, die im Straßenrennen bei den Sommer-Paralympics in Tokio mit Platz vier eine Medaille verpasste. Rombach sagt über die 49-Jährige, die bei den Spielen in Pyeongchang unter anderem Doppelgold im Biathlon gefeiert hatte: "Sie hatte gesundheitlich zu kämpfen. In ausgewählten Wettbewerben kann sie gute Leistungen abrufen." Eventuell werde sie seltener an den Start gehen als vor vier Jahren, so der Bundestrainer. 

Dabei gibt es solche Gedankenspiele wohl nicht nur im deutschen Team. Die US-Amerikanerin Oksana Masters siegte im besagten Handbike-Rennen im Sommer. Ihre Landsfrau Kendall Gretsch setzte sich im Triathlon gegen die Konkurrenz durch. Zudem errang die norwegische Langläuferin Birgit Skarstein Ruder-Gold. "Das ist im Frauenschlitten ein Meganiveau", zollt Rombach Respekt.

Clara Klug nach Sturz aus Canmore abgereist

Medaillenhoffnungen ruhten bislang auf der sehbehinderten Clara Klug und ihrem Guide Martin Härtl, die in ihre zehnte Saison gehen. Das Duo, das in Pyeongchang zweimal Biathlon-Bronze (10 und 12,5 km) holte, musste den Weltcup diese Woche in Canmore allerdings unerwartet abbrechen. "Sie wollte ein bisschen Platz machen, weil eine Athletin von hinten kam. In der Linkskurve ist dann der Außenski weggerutscht", beschreibt Rombach den Sturz der 27-Jährigen in einer recht schnellen Abfahrt. 

Anders als einige andere Athletinnen sieht Klug gar nichts und kann sich nur auf ihr Gehör verlassen. Laut Rombach muss sie nach dem Aufprall auf dem gefrorenen Boden erst wieder Vertrauen in ihren Sport finden: "Sie muss sich mental erst einmal fangen. Man kann nicht abschätzen, wie viel Zeit das in Anspruch nimmt."

Menje-Start bei den Weltmeisterschaften

Dennoch gab es auch erfreuliches im deutschen Team. Merle Menje ist zur Para-Nachwuchssportlerin des Jahres gewählt worden. Dabei wurden Stimmen eines Expertengremiums und eine Online-Abstimmung des Deutschen Behindertensportverbandes gezählt.

Die 17-Jährige ist für die Para-Snow-Weltmeisterschaften (8. bis 23. Januar 2022) in Lillehammer mit eingeplant, für die Paralympics hingegen nicht. Rombach sagt über die Schülerin: "Bei aller Euphorie steht sie am Anfang ihrer Karriere. Wir wollen niemanden überlasten."

Wechsel vom Internationalen Paralympischen Komitee zur FIS

Von den drei angebotenen Weltcups reisen Teile des deutschen Teams nach Canmore und ins schwedische Östersund. Den Weltcup im japanischen Sapporo lassen die deutschen Athletinnen und Athleten in diesem Winter aus. Er findet eine Woche nach dem Saisonhöhepunkt in Peking statt.

Bald werden die Para-Wintersportlerinnen und -Wintersportler dann auch offiziell beim internationalen Skiverband FIS eingegliedert. Dessen Vorteile seien das organisatorische Know-how mitsamt eigenem Reisebüro sowie die Aussicht auf eine bessere Vermarktung und Preisgelder, so Rombach: "Ich hoffe, dass unser Biathlon auch die Position bekommt, die er verdient. Es ist wichtig, dass dieser Sport entsprechend weiterentwickelt wird."