Motorsport | Formel 1 Formel 1: Katar, Saudi-Arabien, Abu Dhabi - Geld vor Menschenrechten

Stand: 18.11.2021 13:19 Uhr

Die Formel 1 verdient mit ihren letzten drei Saisonrennen in Katar, Saudi-Arabien und Abu Dhabi viel Geld. Dafür bekommt die Rennserie starke Kritik von Menschenrechtsorganisationen.

Wer etwas über die Probleme der Formel 1 wissen möchte, muss Sebastian Vettel zuhören - das hat sich mittlerweile herumgesprochen. Also bat kürzlich sogar die große "New York Times" zum Interview.

Vettel sprach über viele Themen und sagte unter anderem auch diesen Satz: "Wir reisen in viele Länder, und vieles von dem Geld, das wir dort bekommen, ist vielleicht nicht besonders rein." Dass die Formel 1 diese Rennen trotzdem veranstalte, sei aus moralischer Sicht: "Falsch."

Das Thema wird die Königsklasse in den Wochen des Saisonendspurts begleiten, denn die letzten drei Rennen steigen in Katar, Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten. Das ist in dieser Ballung ungewöhnlich. Allerdings macht die Rennserie schon lange Geschäfte mit Staaten, in denen die Menschenrechtslage besorgniserregend ist.

Angeblich 70 Millionen Euro für Rennen in Katar

Denn dort gibt es oft das meiste Geld zu verdienen. Katar zahlt angeblich 70 Millionen Euro für das Rennen. Zum Vergleich: Die deutschen Strecken mussten schon vor der Pandemie bei Summen von etwa 15 Millionen Euro aussteigen.

Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International kritisieren diesen erstmaligen Deal mit Katar. Die jüngsten Berichte über mehrere Tausend Todesopfer auf den Baustellen für die Fußball-Weltmeisterschaft 2022 sind schließlich erst wenige Monate alt.

Argumentation der FIFA übernommen

Die Formel 1, die ja neuerdings für gesellschaftliche Werte wirbt, hält sich weitgehend zurück. Und argumentiert ansonsten ganz ähnlich wie der Fußball-Weltverband FIFA. Der Sport habe die Möglichkeit, die Lage in den weltweiten Fokus zu rücken, dies helfe, Wandel zu beschleunigen.

Aber funktioniert das? Experten zeichnen da ein geteiltes Bild. Seit 2017 gebe es in Katar in der Tat "Bewegung in Sachen Menschenrechte", sagt Katja Müller-Fahlbusch. Die Expertin für die Region Naher Osten bei Amnesty International sieht die Reformen als "auf dem Papier substanziell".

So haben auch Saudi-Arabien oder die Vereinigten Arabischen Emirate ein Kafala-System, in dem Arbeitsmigranten ausgebeutet werden: "Katar ist das einzige Land in der Region, das sich an Reformen in diesem Bereich heranwagt."

Doch der tatsächliche Fortschritt stagniere, ohnehin würden Änderungen vor allem im Schlaglicht der Fußball-WM umgesetzt: Für "98 Prozent der ausländischen Arbeitskräfte" habe sich nicht viel geändert. Auch Frauenrechte bleiben "erheblich eingeschränkt", gleichgeschlechtliche Handlungen sind gesetzlich verboten, Meinungs- und Pressefreiheit werden regelmäßig missachtet - die Menschenrechtslage in Katar sei "weiterhin schwierig".

Appelle an Teams und Fahrer

Amnesty International hat daher längst auch an die Formel 1 appelliert. Fahrer und Teams müssten die Gelegenheit nutzen, vor Ort öffentlich Missstände zu benennen. Fragt man die Veranstalter, soll das kein Problem sein.

"Sie können ihre Meinung sagen", sagt Abdulrahman Al Mannai, Präsident des nationalen Motorsportverbands: "Katar ist offen für Kritik", man habe Fortschritte gemacht, auch wenn das System "noch nicht perfekt" sei.

Sebastian Vettel wird in diesen Tagen viel darüber sprechen, so viel scheint klar. Gemeinsam mit Lewis Hamilton ist er Wortführer der ziemlich kleinen kritischen Fraktion in der Formel 1. Das ist wichtig, findet auch Amnesty-Expertin Müller-Fahlbusch - der Königsweg sei es aber nicht. "Menschenrechte müssen vor der Vergabe von Sportveranstaltungen eine Rolle spielen und nicht erst danach", sagt sie. Sonst bleibe oft nur die Möglichkeit, "die Scherben aufzusammeln. Und das Beste daraus zu machen."