Tischtennis-Ass Dimitrij Ovtcharov in Aktion

Saisonstart in der TTBL TTC Neu-Ulm - neue "Großmacht" als Glücksfall?

Stand: 25.08.2022 11:30 Uhr

Vor dem Start der Tischtennis-Bundesliga hat der TTC Neu-Ulm mit spektakulären Transfers die Szene aufgerüttelt. An der Donau ist ein neues Weltklasse-Team entstanden. Nun sind die Hoffnungen groß, dass die Liga und das deutsche Tischtennis davon profitieren können.

Wer Lin Yun-ju, Truls Moregard oder Tomokazu Harimoto hört, denkt im ersten Moment nicht unbedingt an Top-Stars. Aber so heißen drei der Zugänge des Tischtennis-Klubs TTC Neu-Ulm, der am Sonntag (28.08.2022) gegen den ASV Grünwettersbach die neue Bundesliga-Saison eröffnet.

Ovtcharov zurück in Deutschland

Nimmt man den vierten hochkarätigen Transfer dazu, wird es schon spannender. Denn Dimitrij Ovtcharov ist im deutschen Sport durchaus ein Begriff.

Der deutsche Nationalspieler und ehemalige Weltranglisten-Erste kehrt aus dem russischen Orenburg zurück nach Deutschland. Er hat Russland aufgrund des Ausschlusses der Klubs aus internationalen Wettbewerben verlassen. "Es kam sehr unerwartet. Es ist ein neues Projekt, und ich freue mich sehr darauf", sagte der 33-Jährige der Sportschau.

TTBL-Geschäftsführer Stehle: "Zugpferde sind wichtig"

Doch was macht diese Verpflichtungen nun so besonders? Ganz einfach: Im 2019 neu gegründeten Verein Neu-Ulm entsteht das wahrscheinlich beste Vereins-Team der Welt außerhalb von China.

Bald im Dress des TTC Neu-Ulm: Tomokazu Harimoto

Bald im Dress des TTC Neu-Ulm: Tomokazu Harimoto

Harimoto ist die Nummer fünf der Weltrangliste, Moregard die sechs, Yun-ju die sieben und Ovtcharov die zwölf. "Das sind außerhalb von China die besten Spieler, die auf dem Markt waren", sagte der frischgebackene Einzel-Europameister Dang Qiu.

Für die Tischtennis-Bundesliga (TTBL) sind die Investitionen ein Glücksfall. "Wir möchten den Status als beste Liga der Welt halten. Das ist ein allgemeines Verkaufs-Argument. Man kennt das aus dem Handball. Da sind Zugpferde wie diese wichtig", erklärte TTBL-Geschäftsführer Nico Stehle der Sportschau.

TTC Neu-Ulm gibt es erst seit 2019

Denn Tischtennis ist Randsport: Die Liga lebt aktuell von wenigen Unternehmen oder großzügigen Sponsoren - so wie in Neu-Ulm. Dort hat der Geschäftsmann Florian Ebner 2019 den Verein völlig aus dem Nichts erschaffen und bekam eine Wildcard für die Bundesliga. Bei alleinigen Investoren ist das nicht ganz umunstritten.

"Das Konzept in Neu-Ulm hat uns überzeugt. Der Beschluss damals fiel inklusive der Vereine einstimming", erläuterte Stehle: "Wir freuen uns, dass sich Neu-Ulm so integriert und entwickelt hat."

Dennoch müsse der Klub nun die eingekauften Stars spielen lassen und zwar "nicht nur in den Playoffs oder wichtigen Spielen." Sonst kämen schnell Fragen nach der Integrität des Wettbewerbs auf.

Tischtennis-Bundestrainer Roßkopf fordert Nachwuchsföderung

Bundestrainer Jörg Roßkopf sieht in der neuen "Großmacht" wie Stehle insgesamt aber eher Gutes. "Diese Konkurrenz tut dem Tischtennis gut", sagte er im Sportschau-Interview und warf einen weiteren Aspekt auf: "Wenn diese Spieler hier spielen, sind sie öfters im Training hier. Das hilft natürlich auch den deutschen Spielern."

Aus Roßkopfs Sicht darf es nicht nur bei den Einkäufen bleiben. Er hofft darauf, dass Neu-Ulm auch den Nachwuchs fördert: "Sie müssen diese Euphorie jetzt nutzen, nicht einfach nur blind einkaufen. Vielleicht entwickelt sich dort noch ein neuer Stützpunkt für das deutsche Tischtennis."

Europameister Qiu: "Müssen uns nicht vor Ulm verstecken"

Frischen Wind bringen die Weltklasse-Spieler auf jeden Fall, dazu neue Konkurrenz für die aktuell dominierenden Klubs aus Saarbrücken und Düsseldorf. "Wenn alle spielen, ist das eine bärenstarke Truppe," sagte Qiu, der für Borussia Düsseldorf spielt. Eine Kampfansage schickt er hinterher: "Wir müssen uns nicht verstecken. Wir waren zuletzt sehr erfolgreich und wollen das wieder sein."

Mehr Spannung, frischer Wind und vielleicht sogar ein neuer, starker Tischtennis-Standort - Neu-Ulm könnte dies alles erfüllen. Die Erwartungen an den "Retorten-Klub" sind hoch. Im Idealfall kennen hinterher mehr Leute die Namen von Harimoto, Yun-ju oder Moregard.