Tennis-Grand-Slam in London Wimbledon - Federer gegen Hurkacz ungewohnt unterlegen

Stand: 07.07.2021 21:17 Uhr

Roger Federer ist im Viertelfinale von Wimbledon krachend an Hubert Hurkacz gescheitert. Ob der Tennis-Maestro nochmal nach London kommen wird, ist offen.

Als Roger Federer mit traurigem Blick und gesenktem Kopf von seinem geliebten Centre Court in Wimbledon schlich, wollten einige Fans einfach nicht wahrhaben, dass es das letzte Mal gewesen sein könnte. "One more year", bitte noch ein weiteres Jahr, riefen sie Federer zu, der am 8. August 40 Jahre alt wird.

Doch der musste das krachende Viertelfinal-Aus in seinem "Wohnzimmer" erst einmal sacken lassen: "Ich könnte jetzt ein Nickerchen machen." Angesprochen auf den möglichen letzten Abschied aus Wimbledon sagte er: "Ich weiß es nicht, ich weiß es wirklich nicht. Natürlich würde ich gerne nochmal hier spielen. Aber in meinem Alter weißt du nie, was passiert."

Federer verliert letzten Satz zu null

Der Schweizer ließ am Mittwoch (07.07.2021) jegliche Leichtigkeit vermissen, die ihn zu zahlreichen Erfolgen geführt hatte. Am Ende wurde er von Hubert Hurkacz aus Polen beim 3:6, 6:7 (4:7), 0:6 gar deklassiert.

"Ich muss mich erstmal sammeln und mir ein paar Tage Zeit nehmen", sagte er: "Das Ziel ist natürlich, weiterzuspielen." Erst im März hatte der Grand-Slam-Rekordsieger nach über einjähriger Verletzungspause mit zwei Knieoperationen sein Comeback gegeben und den Rasen-Klassiker in London als großes Ziel ausgegeben. "Jetzt ist das vorbei, und wir müssen uns zusammensetzen und schauen, was gut und was schlecht war", sagte er: "Wie geht es dem Körper, wie geht es dem Geist?"

Hurkacz: Federer hat "hier besondere Dinge vollbracht"

Die 15.000 Fans feuerten Federer vergeblich an und verfolgten nahezu geschockt den Abschied der Wimbledon-Ikone, während der Weltranglisten-18. Hurkacz ruhig sein aggressives Spiel durchzog und bescheiden den größten Triumph seiner Karriere genoss. "Er hat hier so besondere Dinge vollbracht", sagte Hurkacz nach dem Sieg über sein Idol: "Für mich wird ein Traum wahr."

Der Pole trifft in seinem ersten Grand-Slam-Halbfinale am Freitag auf den Italiener Matteo Berrettini, der den Kanadier Felix Auger-Aliassime am Mittwochabend mit 6:3, 5:7, 7:5, 6:3 besiegte. Auger-Aliassime hatte im Achtelfinale den Hamburger Alexander Zverev aus dem Grand-Slam-Turnier geworfen.

Hurkacz gegen Federer ohne Nervosität und dominant

Im zweiten Match gegen sein großes Idol zeigte Hurkacz, der zwischen seinem überraschenden Masters-Titel in Miami Anfang April und Wimbledon nur ein Match gewonnen hatte (sechs Niederlagen), keinerlei Nervosität.

Während der 24-Jährige unbekümmert und kreativ aufspielte, fand Federer beim Return kaum Mittel gegen den starken Aufschlag des Polen. Souverän oder gar dominant wirkte der langjährige Weltranglistenerste keineswegs - oft traf er Bälle unsauber oder stand schlecht.

Symptomatisch war der Tiebreak des zweiten Satzes, in dem Federer viele einfache Punkte durch Unsauberkeiten liegen ließ. Auch danach gelang es ihm nicht, seine Verkrampfung zu lösen. Der Widerstand war gebrochen, Hurkacz brachte das Match selbstbewusst zu Ende.

Novak Djokovic hat 20. Grand-Slam-Titel im Blick

Federers langjähriger Rivale Novak Djokovic blieb dagegen bei seiner Rekordjagd ungefährdet. Der Weltranglistenerste aus Serbien, zog durch ein ungefährdetes 6:3, 6:4, 6:4 gegen den Ungarn Marton Fucsovics in sein zehntes Wimbledon-Halbfinale ein. Damit überholte er auch seinen früheren Coach Boris Becker, der dort neunmal die Vorschlussrunde erreicht hatte.

"Es war ein solides Match", sagte Djokovic. Er erklärte mit Blick auf seine Rekordjagd: "Manchmal sehen die Dinge surreal aus, aber für mich ist nichts selbstverständlich. Es ist eine riesige Inspiration für mich, Geschichte zu schreiben. Machen wir weiter."

Djokovic kann mit Federer und Nadal gleichziehen

Mit seinem sechsten Wimbledon-Sieg könnte Djokovic ein großes Karriereziel erreichen. Es wäre sein 20. Titel bei einem Grand-Slam-Turnier insgesamt, damit würde er mit den gemeinsam führenden Federer und Rafael Nadal gleichziehen.

Im Halbfinale trifft Djokovic auf Denis Shapovalov. Der 22-Jährige schlug den Russen Karen Chatschanow mit 6:4, 3:6, 5:7, 6:4, 6:1 und erreichte als erst dritter Kanadier das Wimbledon-Halbfinale.

Fucsovics letztendlich zu verhalten gegen Star Djokovic

Bis zum 5:0 im ersten Satz sah alles nach einer weiteren Machtdemonstration Djokovics aus. Doch dann ließ er Fucsovics durch Konzentrationsschwächen und ungewohnt leichtfertige Fehler ins Spiel kommen.

Allerdings überwand Djokovic diese Phase. Mit einem lauten Jubelschrei quittierte er seinen Gewinn des zweiten Satzes. Fucsovics fehlte in seinem ersten Viertelfinale bei einem Grand Slam letztendlich auch der nötige Mut - Chancen hatte er durchaus. Nach 2:16 Stunden beendete Djokovic, der bislang nur in der ersten Runde gegen den Briten Jack Draper einen Satz abgeben musste, das Match.