Nick Kyrgios reagiert emotional in Wimbledon

Männer-Finale in Wimbledon Djokovic gegen Kyrgios - "Emotionales Feuerwerk"

Stand: 09.07.2022 19:15 Uhr

Bromance? Die Antwort darauf fällt bei Novak Djokovic und Nick Kyrgios definitiv unterschiedlich aus. Auch sonst wird das Wimbledon-Finale 2022 zum Duell der Gegensätze.

"Bromance" ist laut Definition ein moderner Begriff für eine enge und emotionale Männerfreundschaft. Und eben so eine hatte Tennis-Profi Nick Kyrgios vor dem Männer-Finale in Wimbledon ausgemacht und kundgetan. "Zwischen uns ist es so eine Art Bromance", erklärte Kyrgios mit Blick auf seinen Gegner Novak Djokovic.

Sie würden sich immer direkt Nachrichten bei Instagram schreiben, berichtete Kyrgios. Djokovic kommentierte Kyrgios' Aussage ein wenig nüchterner. "Ich weiß nicht so recht, ob wir es schon Männerfreundschaft nennen können, aber unsere Beziehung hat sich sehr verbessert", sagte der Serbe.

Einst Spott - doch jetzt ist alles anders

Der Australier hatte Djokovic einst verspottet für dessen "Besessenheit, gemocht zu werden". Diese Jubelgesten auf dem Platz, das Ranschmeißen ans Publikum: "Er will wie Roger (Federer, d.Red.) sein. Das ist einfach nur beschämend."

Doch seit Januar ist alles anders. Seit Djokovic versuchte, ohne Impfung in Kyrgios' Heimatland Australien einzureisen, scheiterte und im Kreuzfeuer der Kritik stand. Damals sprang ihm Kyrgios öffentlich zur Seite, nachdem er ihn zunächst für dessen Verhalten während der Corona-Pandemie deutlich kritisiert hatte.

"Als es für mich wirklich schwer war in Australien, war er einer der wenigen Spieler, die sich öffentlich geäußert und mich unterstützt haben und mir beigestanden sind", sagte Djokovic. "Das ist etwas, was ich wirklich schätze. Ich respektiere ihn sehr dafür."

Respekt hin, Bromance her - im Finale am Sonntag (ab 15 Uhr im Live-Ticker bei sportschau.de) werden andere Emotionen eine Rolle spielen. Denn für beide steht viel auf dem Spiel. Kyrgios hatte selbst nicht mehr damit gerechnet, jemals das Finale eines Grand Slams zu erreichen.

Djokovic sagte nach seinem Halbfinalsieg über den Briten Cameron Norrie: "Ich weiß nicht, wie viele Gelegenheiten ich noch bekomme." Da Djokovic weiter nicht geimpft ist, kann er nach jetzigem Stand nicht in die USA zu den US Open reisen. Ob der Serbe bereits kommendes Jahr wieder nach Australien einreisen darf, ist offen. So muss der 20-malige Grand-Slam-Turniersieger jede Gelegenheit nutzen, um den Herren-Rekord des verletzten Rafael Nadal von 22 anzugreifen.

"Emotionales Feuerwerk"

Die 15.000 Zuschauer dürfen sich auf "ein emotionales Feuerwerk" freuen, sagte Djokovic, der beide bisherigen Duelle 2017 verloren hat - und dennoch der große Favorit ist. Auf dem "Heiligen Rasen" ist Djokovic seit Jahren der unangefochtene Herrscher. Am Sonntag winkt ihm der vierte Titel in Folge, der siebte insgesamt, mit dem er zu seinem Jugendidol Pete Sampras aufschließen und nur noch einen Triumph hinter Rekordchampion Federer liegen würde.

Ungeteilte Liebe wie bei Federer oder Nadal schlägt beiden nicht entgegen, da ähneln sich Djokovic und Kyrgios. Beide polarisieren, haben große Fanscharen und erbitterte Gegner. Und doch werden Gegensätze aufeinanderprallen. Der kühle Djokovic steht zum 32. Mal in einem Grand-Slam-Finale: Rekord. Der unberechenbare Kyrgios spielt zum ersten Mal um einen großen Titel, doch alle Spieler wüssten, "dass er gefährlich ist, vor allem auf Rasen", sagte Djokovic: "Er ist auf diesem Platz sehr selbstbewusst und scheint mental in einer viel besseren Verfassung zu sein als noch vor ein paar Jahren."

Kyrgios kann auch kleinlaut

Mit Ausnahmen: Vor einer Woche hatte Kyrgios den Schiedsrichter beleidigt und seinen Gegner Stefanos Tsitsipas zur Weißglut getrieben. Doch er kann auch respektvoll. Beim Gedanken an die Leistungen der "Big 3" Nadal, Federer und Djokovic wurde "King" Kyrgios ganz kleinlaut. "Wir werden nie wieder einen Kämpfer wie Rafa sehen, nie wieder jemanden, der seinen Schläger so mühelos schwingt wie Roger. Und wahrscheinlich nie wieder jemanden, der einfach immer gewinnt und das Spiel so gut beherrscht wie Djokovic", sagte er. Für die Chance auf den Wimbledonsieg, muss er den Respekt ablegen und die Männerfreundschaft ruhen lassen.