Tennis | French Open Tennis-Profi Mies vor French Open: "Paris ist ein magischer Ort"

Stand: 20.05.2022 08:17 Uhr

Als einer der Titelfavoriten tritt das deutsche Spitzendoppel Andreas Mies und Kevin Krawietz bei den French Open an. Der Kölner Mies erklärt im Interview, was den Reiz des Doppels ausmacht und wie die beiden zueinandergefunden haben.

Sportschau: Herr Mies, die French Open starten wieder. Was bedeutet Ihnen das Turnier in Paris ganz persönlich?

Andreas Mies: Sehr viel. Wir haben das Turnier zwei Mal in der Vergangenheit gewonnen, das ist bisher unser größtes Highlight in der Karriere. 2019 haben wir überraschend gewonnen, damit hatte wirklich niemand gerechnet, auch wir selbst nicht. Wir sind gerade so im Hauptfeld gelandet. Dann haben wir den Titel sogar verteidigen können. Ich freue mich sehr, an diesen magischen Ort zurückzukehren.

Sportschau: Im vergangenen Jahr sind sie rund sieben Monate wegen einer Knieverletzung ausgefallen. Ihr Partner Kevin Krawietz musste sich Ersatz suchen. Gab es bei Ihnen vielleicht so etwas wie Eifersucht, wenn man das aus der Ferne beobachten muss?

Mies: Eifersüchtig sind wir, glaube ich, beide nicht. Wir haben vorher auch abgesprochen, wer für Kevin eine Alternative sein könnte, solange ich nicht spielen kann. Und er hat mit Horia Tecau einen sehr guten Partner gefunden. Beide haben eine tolle Saison gespielt und haben sich für die WM qualifiziert. Am Ende des Jahres, als ich wieder gesund war, haben wir sogar noch gegeneinander gespielt, was echt merkwürdig war.

Sportschau: Gab es bei Ihnen innere Unruhe oder sogar Angst, dass sich Kevin Krawietz für jemand anderen entscheiden könnte, obwohl sie wieder gesund waren?

Mies: Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, ich habe da überhaupt nicht dran gedacht. Was hätte Kevin gemacht, wenn er mit Horia die French Open und vielleicht auch noch Wimbledon gewonnen hätte? Wäre er dann bei seiner Entscheidung geblieben, mit mir weiterzuspielen? Hätte er ihn vielleicht doch bevorzugt? Aber wir haben das vorher so ausgemacht, und ich bin immer davon ausgegangen. Ich schätze Kevin als Typ aber so ein, dass er sein Wort hält und mit mir weiterspielt. Und so war es dann auch.

Sportschau: Können Sie beschreiben, was ihre Zusammenarbeit erfolgreich macht?

Mies: Es sind ja schon ein paar Jahre, die wir gemeinsam spielen. Erstmals beim Challenger-Turnier 2017 in Meerbusch, da hat es gleich super funktioniert. Wir haben gewonnen und es hat auch menschlich sehr gut gepasst. Wir ergänzen uns einfach extrem gut. Wir beschreiben uns immer wie Feuer und Eis. Er ist das Eis, ich das Feuer. Ich versuche ihn zu pushen, er beruhigt mich mit seiner entspannten Art. Er ist mittlerweile auch ein sehr guter Freund geworden.

Sportschau: Ist dieses Doppel also mehr als eine Arbeitsbeziehung?

Mies: Es gibt schon so Doppel, die so eine Business-Beziehung haben. Die sich nur zum Training oder zum Match treffen und mehr nicht miteinander zu tun haben. Das ist bei uns anders, und ich glaube, es ist auch wichtig für ein sehr erfolgreiches Doppel, dass man sich versteht und befreundet ist. Man muss nicht beste Freunde sein und alles miteinander machen. Es hilft aber, gerade weil man sich in schwierigen Situationen helfen und vielleicht auch mal über andere Sachen sprechen kann.

Sportschau: Wie findet man eigentlich einen Doppelpartner, der zu einem passt?

Mies: Zu dieser Zeit, 2017, haben wir viele verschiedene Partner ausprobiert. Wir beide kannten uns von den Turnieren, hatten auch schon gegeneinander im Einzel und Doppel gespielt. Und dann haben wir gesagt: Lass es uns doch auch mal eine Woche ausprobieren. Aber man schaut natürlich auch im Ranking, mit wem kommt man in die Turniere rein. Und so haben wir uns von den Challenger-Turnieren auf die höchste ATP-Ebene und die Grand Slams hochgearbeitet.

Sportschau: Worin liegt der Reiz des Doppels?

Mies: Es ist sehr spektakulär, Doppel zu spielen. Ich mag diesen Teamspirit sehr gerne. Und dass man nicht auf sich allein gestellt ist. Man kann Titel gemeinsam feiern und Niederlagen vielleicht einfacher verdauen. Geteiltes Leid ist bekanntlich halbes Leid. Man hat immer jemanden, mit dem man trainieren, zusammen reisen kann. Denn es kann manchmal auch ein bisschen einsam werden auf der Tour, wenn man wochenlang alleine unterwegs ist.

Sportschau: In den Doppelwettbewerben kann man den Eindruck gewinnen, dass es zwei Arten von Teilnehmern gibt: Diejenigen, die sich darauf spezialisiert haben. Und diejenigen, die sich scheinbar nach Lust und Laune verabreden. Warum können diese Zufallsgemeinschaften trotzdem erfolgreich sein?

Mies: Das passiert immer wieder. Aber das eingespielte Team setzt sich auf längere Sicht schon durch. Aber das hängt auch am Scoringsystem mit dem ,No ad' - also entscheidender Punkt bei 40 beide ohne Vorteilsregelung - zusammen. Sowie mit dem Champions Tiebreak (jeder Punkt bis zehn zählt; Anmerk. d. Red.) im dritten Satz. Da können dann auch zusammengewürfelte Teams mal gewinnen, weil es so schnell geht.

Sportschau: Machen gute Einzelspieler den Unterschied aus?

Mies: Es ist alles sehr eng, es entscheiden oft nur ein, zwei Punkte. Dadurch dass man eingespielt ist, versucht man sich einen Vorteil zu verschaffen. Die guten Einzelspieler haben aber auch so eine große Qualität, dass sie mit ihren Schlägen manche Doppelteams dominieren können.

Sportschau: Sind Einzelspieler qualitativ so viel besser als Doppelspezialisten wie Sie?

Mies: Das würde ich so nicht sagen. Doppel ist fast schon eine andere Sportart. Die Einzelspieler bringen ihre Stärken in der Spieleröffnung was Aufschlag und Return angeht mit ein. Sie sind vielleicht nicht ganz so gut am Netz, weil sie nicht so viel üben und das nicht so oft brauchen wie die Doppelspieler. Auch im Doppel ist die Spieleröffnung so ziemlich das Wichtigste. Es geht ja sehr schnell, kurze Ballwechsel. Aufschlag, Return, erster Volley, ein Reaktions-Volley. Das macht oft den Unterschied aus.

Sportschau: Was haben Sie sich vorgenommen für das Turnier in Paris?

Mies: Rafael Nadal hat es ja im Einzel vorgemacht, dass mehr als zwei Titel möglich sind. Wir haben im Moment eine gute Form und gute Chancen, wieder weit zu kommen.

Das Interview führte Jörg Strohschein.