Tennis | Australian Open Australian Open - Rafael Nadal gelingt ein (Tennis-)Wunder

Stand: 31.01.2022 12:22 Uhr

Der Triumph von Rafael Nadal bei den Australian Open war außergewöhnlich und spektakulär. Der Spanier zeigte einmal mehr sein außergewöhnliches Kämpferherz, mit dem er sich dieses Mal wohl sogar selbst überrascht hat.

Damals, bei Blau-Weiss Neuss, da hatten sie schon den richtigen Riecher. Eine kleine Delegation des damaligen Tennis-Bundesligisten war im Jahr 2002 nach Manacor auf Mallorca geflogen, um Rafael Nadal einen dienstlichen Besuch in seinem Heimatort abzustatten. Ein Bekannter hatte dem früheren Blau-Weiss-Vorsitzenden Matthias Stechmann informiert, dass sich dort ein Ausnahmetalent befindet. Der damals 17-jährige Nadal unterschrieb für zwei Spiele – und wenn man so will, startete ab diesem Zeitpunkt eine Karriere, die in dieser Form wohl niemand für möglich gehalten hätte.

In den frühen Morgenstunden am Montag (31.01.2022/Ortszeit) kniete der mittlerweile 35-Jährige auf dem harten Boden der Rod-Laver-Arena in Melbourne, streckte beide Arme in die Höhe und wirkte dabei ungläubig, überrascht, überwältigt, überglücklich und vielleicht auch ein wenig überfordert von sich selbst. "Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Das ist einfach unglaublich und fantastisch", sagte Nadal, als er bei der Siegerehrung am Mikrofon stand.

Verborgene Kraftreserven

Da war natürlich die riesige Freude über den 21. Grand-Slam-Titel – schließlich hatte das noch nie ein Spieler vor ihm erreicht. Aber es blickte auch so etwas wie Verwunderung über den eigenen Körper, über die eigene Leistung durch, die er sich in dieser Form wohl selber nicht mehr hatte vorstellen können.

Fast fünfeinhalb Stunden kämpfte Nadal gegen den 25 Jahre jungen Daniil Medwedew, war zwei Sätze im Rückstand und gewann am Ende doch noch. Solch ein Match-Comeback war ihm zuletzt im Jahr 2007 in der vierten Runde von Wimbledon gelungen. In einem Grand-Slam-Finale hatte es eine derartige Rückkehr aber noch nicht gegeben. Es brauchte an diesem Tag ein kleines Wunder – Nadal hat es vollbracht.

"Ich bin zerstört"

Und das, obwohl Nadal bis kurz vor dem Turnier überhaupt nicht wusste, ob er seine Karriere aufgrund einer chronischen Fußverletzung überhaupt fortsetzen konnte. Rund vier Monate hatte er kein Turnier bestreiten können und dann bremste ihn vor der Reise nach Down Under auch noch eine Corona-Infektion aus. "Ich begreife immer noch nicht, wie ich das durchgehalten habe. Ich bin zerstört", sagte Nadal, als der frühe Morgen schon weiter fortgeschritten war.

Neben den vielen Glückwünschen bekam Nadal auch ganz besondere Grüße via sozialer Medien von einem alten Kontrahenten und auch Freund. "Unterschätze niemals einen großen Champion. Deine Einstellung und dein Kampfgeist sind eine Inspiration für mich und unzählige andere auf dieser Welt", teilte Roger Federer dem Spanier und der ganzen Welt mit. Die Hochachtung über diesen Triumph war aus jedem Wort Federers herauszulesen.

Wie häufig er solche Anstrengungen noch bewältigen kann, diese Frage wird der Spanier sich selbst in den nächsten Wochen und Monaten stellen. Denn die Grand-Slam-Turniere verlangen den Profis mit dem Best-of-five-Modus in jeweils zwei intensiven Wochen körperlich und mental alles ab. Federer glaubt jedenfalls, dass Nadal "noch mehr erreichen kann".

Optimismus überwiegt

Bei Nadal selbst scheinen erste Zweifel in den vergangenen Wochen gereift zu sein. Vor dem Turnier hätte er gesagt, das seien definitiv seine letzten Australian Open. Nun aber, nach diesem fantastischen und unerwarteten Triumph überwog der Optimismus. "Ich werde mein Bestes geben, um im nächsten Jahr wiederzukommen", sagte Nadal.

So oder so. Das große Talent aus dem kleinen Manacor ist in seiner Karriere zu einem Weltstar geworden, wie es nicht viele gibt. Der spektakuläre Sieg bei den Australian Open war dafür nur der letzte Beweis, dass es sich bei Nadal um einen echten Ausnahme-Athleten handelt.

Und seine beiden Bundesliga-Matches für Blau-Weiss Neuss hat er übrigens auch gewonnen.