Tennis | Australian Open Novak Djokovic - die Nähe zum Nationalismus und zur Esoterik

Stand: 10.01.2022 22:12 Uhr

Novak Djokovic darf nicht an den Australian Open in Melbourne teilnehmen. Der Rechtsstreit um sein Visum zeigt auch seine Nähe zu serbischen Nationalisten und zur Esoterik.

Novak Djokovic stand der Impfung gegen das Coronavirus von Beginn an skeptisch gegenüber. Seinen Impfstatus machte er lange nicht öffentlich, sondern sagte lediglich, dass er "persönlich gegen Impfungen" sei. In der Gerichtsverhandlung über sein Visum wurde er konkret gefragt, ob er gegen Covid-19 geimpft sei. "Ich bin nicht geimpft", antwortete Djokovic dem von den Behörden veröffentlichen Gesprächsverlauf zufolge auf zweimalige Nachfrage. Diesen Sachverhalt äußerte er damit erstmals klar.

"Er kann durch den Vorgang zu einer Galionsfigur der Impfskeptiker und Coronaleugner werden", sagt Srdjan Govedarica, Korrespondent im ARD-Studio Wien.

Skurrile Annahmen: Positive Energie aus Pyramiden, Wasser reagiert auf Gesagtes

"Djokovic ist auch bekannt für seinen gewissen Hang zu Esoterik", sagt Govedarica. So sei Djokovic regelmäßig Besucher von Bergen in Bosnien, die unter Esoterikern als "Bosnische Pyramiden" bezeichnet werden, um sich mit "positiver Energie" aufzuladen. Djokovic äußerte teilweise weitere skurrile Annahmen.

So behauptete er beispielsweise, dass "Wissenschaftler in einem Experiment bewiesen haben, dass Moleküle im Wasser auf unsere Emotionen und auf das Gesagte reagieren". Manche Leute hätten es zudem durch "die Kraft von Gebeten und Dankbarkeit geschafft, das schmutzigste Wasser in heilsames Wasser zu verwandeln".

Das Virus nahm Djokovic zu Beginn der Pandemie ebenfalls nicht sonderlich ernst. Er veranstaltete die "Adria Tour", ein Turnierserie mit internationalen Reisebewegungen und anwesenden Fans. Während das Turnier in Wimbledon abgesagt war und dem Fußball mit detaillierten Hygienekonzepten gerade erst eine Wiederaufnahme des Spielbetrieb vor leeren Rängen gelungen war, sollte Djokovics Turnier ablaufen wie in der Zeit vor der Pandemie, auch mit zahlreichen Fans. Nach wenigen Matches und mehreren Infektionen unter den Spielern, darunter auch Djokovic, wurde das Turnier abgebrochen.

Nationalistische Figuren als Begleiter

Djokovic ist in Serbien ein Volksheld, er traf sich mehrfach mit nationalistischen Kräften. "Djokovic hat auch 'Kosovo ist Serbien' gesagt, als aktiver Propangandist ist er aber nicht aufgefallen", sagt Govedarica. Djokovic sorgte allerdings auch nie für Distanz zwischen sich und zweifelhaften Figuren - im Gegenteil. Er posierte mit dem Kommandeur der Einheit "Drina Wolves", die am Völkermord von Srebrenica im Jahr 1995 beteiligt war. Rund 8.000 Menschen wurden damals wegens ihres muslimischen Glaubens getötet.

Auf einem weiteren Foto ist er mit einer Schnapsflasche zu sehen, die ein Portrait von Draža Mihailović trägt. Mihailović war im Zweiten Weltkrieg Anführer der serbischen Nazikollaborateure Tschetniks und wurde dafür nach Ende des Krieges zum Tode verurteilt.

Bei einer Hochzeitsfeier zeigte er sich mit dem bosnisch-serbischen Nationalistenführer Milorad Dodik. Dieser Mann ist der bestimmende Politiker im serbischen Landesteil von Bosnien, der Republika Srpska - er befürwortet eine Abspaltung von Bosnien und Herzegowina.

Familie spricht von "Gefangenschaft", Serbiens Präsident von "Schikane"

Die nationalistische Note kommt beim Streit um Djokovics Visum unweigerlich hervor. Dass auch der serbische Staatspräsident Aleksandar Vucic den Fall zur Staatsaffäre machen will, ist wohl nur bedingt Zufall - in Serbien wird bald gewählt. "Ich habe ein Telefongespräch mit ihm geführt und ihm gesagt, dass ganz Serbien bei ihm ist", sagte Vucic und bezeichnete das Vorgehen der australischen Behörden als "Schikane".

Auch in der Familie verteidigt man Djokovic mit nationalem Pathos. Sein Vater Srdan Djokovic sagte bei einer Pressekonferenz in Belgrad, dass sein Sohn "in Gefangenschaft gehalten wird. Novak ist Serbien und Serbien ist Novak. Wenn sie auf Novak herumtrampeln, dann trampeln sie auf Serbien und dem serbischen Volk herum."

Einreise vorerst erlaubt, aber Teilnahme am Turnier unklar

Der Unterstützung seiner Anhänger durfte er sich stets sicher sein. Als er vor seiner endgültigen Ausweisung einen Teilerfolg vor Gericht erreichte, feierten vergangenen Woche zahlreiche Fans vor dem Bürogebäude seiner Anwälte in Melbourne, die Menschenmenge wurde von der Polizei aufgelöst.

Daran ändern auch die Umstände seiner angeblichen Infektion nichts. Am 16. Dezember soll Djokovic von seiner zweiten Coronaerkrankung erfahren haben. Doch der zeitliche Ablauf wirft Fragen auf, denn er nahm anschließend an mehreren Terminen ohne Maske teil.